TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 56
Marien-Bild/ ungefehr einer Ellen groß/ nur mit vier Bildlein in einer Landschaft/ vom Titian gemahlt/ 3000 bezahlet. Es hat auch der löbliche Magistrat von Amsterdam/ zu Erweisung ihrer großen Begierde/ mit jetzigem König in Engelland in Einigkeit zu leben/ unter andern vielen köstlichen und schätzbaren Dingen/ ihme fünf Mahlerey-Stücke/ verehret: nämlich ein Marien-Bild/ in der Größe nur eines Papir-Bogens/ von Raphaël gemahlt/ ein ander Marien-Bild/ und die Vermählung Christi mit S. Catharina von Verone, samt noch einem Stuck/ vom Titian, endlich das Contrafät eines Kunst-Liebhabers in seinem studio, von Antonio da Corregio verfärtigt/ welche sie aus des Herrn Renst Kunst-Cabinet alda erhoben/ und mit 25000 fl. baar bezahlet. Sandrart spielt hier auf auf das Geschenk Hollands und Westfrieslands an den englischen König Karl II. an, das in der Forschungsliteratur mit dem Begriff »Dutch Gift« bezeichnet wird. Dieses Geschenk beinhaltete 28 Gemälde, 12 Skulpturen, eine Yacht sowie Möbel, und sollte die Position König Karls II. bei seiner Rückkehr aus dem niederländischen Exil stärken. Die meisten Kunstwerke dafür stammen aus der Sammlung Reynst und wurden von dem Bildhauer Artus Quellinus und dem Kunsthändler Gerrit Uylenburgh (ca. 1626–1690) ausgewählt, vgl. Logan 1979, S. 75–86. Weder hat sich eine Liste derjenigen Werke erhalten, die aus der Sammlung Reynst erworben wurden, noch existiert ein Verzeichnis der einzelnen Geschenke, die im sogenannten »Dutch Gift« enthalten waren. Folglich kann nicht nachgewiesen werden, dass alle der 24 Gemälde sowie der zwölf antiken Skulpturen, die von der Witwe Gerard Reynsts zu 80.000 Gulden erworben wurden, auch Teil des sogen. »Dutch Gift« waren. Lediglich zwanzig Gemälde werden in den 1666–1667 erstellten Inventaren von Karls Gemälden in Whitehall und Hampton Court als »Dutch present« bezeichnet, obwohl bekannt ist, dass dieses insgesamt 28 Gemälde enthielt. Die in den Inventaren als »Dutch present« gekennzeichneten 17 Gemälde italienischer Künstler stammen alle aus der Sammlung Reynst, s. Logan 1979, S. 82. Des Weiteren können fünf Gemälde aus der Sammlung Reynst in den Sammlungen des Englischen Königshauses nachgewiesen werden, für die die Bezeichnung »Dutch Present« in den Inventaren allerdings fehlt (vgl. Logan 1979, S. 83). Folglich können sie nur unter Vorbehalt zu den 24 Gemälden gezählt werde, die 1660 von der Witwe Reynst erworben wurden. Somit bleibt von dem Ankauf aus der Sammlung Reynst eine Gruppe von sieben bzw. zwei Gemälden übrig, die nicht identifiziert werden können. Es sind auch mir/ für 2 Bücher mit Handrißen oder Zeichnungen vom Raphaël, Julio Romano, Polidor und Titian Verones, und andern/ 3500 Gulden von dem hochberümten Herrn Residenten Spiring ins Gravenhaag bar bezahlt worden: gleichwie nicht minder/ von andern dergleichen Handrißen/ Kupferstucken/ und meinen übrigen Gemählen/ in fünf Tagen/ durch offentlichen Ausruff/ mir für 19121 Gulden reissend abgegangen.
Wer das Glück und die Gelegenheit hat/ [Marginalspalte: Käyser Ferdinand III und Erz-Herzog Leopold Wilhelm/ hohe Mahlerey-Liebhabere.] der jetzt-regierenden Röm. Käys. Majestät Herrn Vatters/ Käyser Ferdinand des Dritten Glorwürdigsten Andenkens/ als grösten Liebhabers der Gemälde/ Schatz-und Kunst-Kammern in dero Käyser- und Königlichen Residenzen zu Wien und Prag/ ingleichen Erz-Herzog Leopold Wilhelms höchst-seeligen Andenkens Erz-Fürstliche Wohnung daselbst/ die neue Burg genant/ wie nicht minder [Marginalspalte: Deren Schatz von Gemälden/ zu Wien und Prag.] in den fürnehmsten Kirchen beyder Orten die Altar-Blätter (da auch einige von meiner Hand befindlich) zu besehen/ und den Kosten aller dahin-versamleten Kunst-Werke überschlagen solte/ würde ein solche Summa heraus bringen/ daß er/ für Verwunderung/ unsere Edle Mahlerey-Kunst für eine
une figure de Marie peinte par Titien, de la grandeur d’une aune environ, avec seulement quatre petites figures dans un paysage. Pour prouver son grand désir de vivre en accord avec l’actuel roi d’Angleterre, le louable Magistrat d’Amsterdam, lui a fait cadeau, entre autres nombreuses choses précieuses et estimables, de cinq peintures : à savoir une figure de la Vierge de la grandeur d’une feuille de papier, peinte par Raphaël ; une autre figure de la Vierge et le mariage [mystique] du Christ et de Sainte Catherine de Véronèse ; et encore un tableau de Titien ; enfin le portrait d’un amateur d’art dans son studio exécuté par le Corrège, [œuvres] qu’ils ont prises là, dans le cabinet d’art du Sieur Renst Jan et Gerard Reynst ont une collection de peintures italiennes très importantes, qu’ils ont rapportée de Venise. Montias 1996, p. 137. Voir aussi Robert W. Scheller, « Der Zugang zum Kunstwerk : Schatzkammer, Salon, Austellung, Museum », XXV. Internationaler Kongress für Kunstgeschichte, Vienne, 1983; Roelof van Gelder, « Liefhebbers en geleerde luiden ; Nederlandse kabinetten en hum bezoekers », De wereld binnen handbereik ; Nederlands kunst-en-rariteitenverzamlingen 1585–1735, Zwolle, Amsterdams Historisch Museum, 1992., et payées 25.000 florins d’argent comptant. 3.500 florins m’ont aussi été payés comptant, par le très célèbre Sieur Résident Général Spiring à La Haye, pour deux recueils contenant des esquisses et des dessins de Raphaël, Giulio Romano, Polidoro da Caravagio et Titien, Véronèse et d’autres : de même des esquisses d’autres [artistes], des gravures, et mes peintures restantes, m’ont été arrachées en cinq jours, en vente publique, pour 19.121 florins.
Celui qui a le bonheur et l’opportunité [Marginalspalte: L’empereur Ferdinand III et l’archiduc Leopold Guillaume, grands amateurs de peinture.] de visiter les cabinets d’art et de curiosités du père de Sa Majesté l’Empereur romain régnant actuellement, en très glorieuse mémoire de l’empereur Ferdinand III, grand amateur de tableaux, dans les résidences royales et impériales de Vienne et de Prague, ainsi qu’en ce lieu, dans l’habitation princière appelée la Neue Burg, [Marginalspalte: Le trésor de peintures à Vienne et à Prague.] de l’archiduc Leopold Guillaume, en sa bienheureuse mémoire, et de considérer aussi les tableaux d’autel dans les églises les plus remarquables de ces deux villes (il y en a là aussi quelques-uns de ma main), et qui voudrait évaluer le prix de ces œuvres d’art qui y sont rassemblées, sortirait une telle somme d’argent qu’il devrait, avec étonnement célébrer notre noble art de la peinture
solche preisen müste/ die keiner andern freyen Kunst zu weichen habe. Dieser Abschnitt ist eine leichte Variation nach van Mander. Während Mander in einer ähnlich lautenden Textkonstruktion seine Bemerkungen zu Rudolf II. als »der machtige lief-hebber« (Mander, Schilderboek, Voor-reden, op den grondt der edel vry Schilder-const, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 4v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630xbkyqh]) ausführt, variiert Sandrart diesen Passus und berichtet von Ferdinand III. und als »grösten Liebhabers der Gemälde«; vgl. Klemm, Notizen zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 56
Ich nun/ als ein Mit-ausüber und Nachfolger dieser löblichen Kunst/ welche mich hoffentlich dessen nicht unwürdig achten wird/ habe mich unterfangen/ dero Grund/ Art/ Eigenschaft und Wesen Cette notion est reprise de Lomazzo, Idea del tempio della pittura, Milan, 1590, chap. 6, n°5./ der vernünftigen Kunstliebenden Jugend/ soviel mir bewust/ vorzutragen/ weil hievon noch niemals etwas gründliches/ in Teutscher Sprache/ ans Liecht gekommen Bei van Mander heißt es »dat ick niemant in onsen tijd sagh, noch en vernam […]« statt »in Teutscher Sprach ans Liecht gekommen« (Mander, Het Schilderboek, Voor-reden, op den grondt der edel vry Schilder-const, hier zitiert nach der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 4v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630xbkyqh]); vgl. Klemm, Notizen zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 56./ ich auch viel Jahre her/ von [Marginalspalte: Antrieb des Autoris zu diesem Werk.] unterschiedlichen hohen Potentaten und Fürsten/ fürnehmen Geist- und weltlichen Herren/ und besonderlich jetzt-florirenden vortrefflichen Gelehrten und Kunstliebenden unendlich hierum bin ersuchet und angesprochen worden. Daher ich endlich eine Begierde gefasset/ dem Apelles, Antigonus und Xenocrates nachzufolgen Plin. nat. 35, 79./ welche bey ihrer Nation diese Kunst in Bücher verfasset/ und damit/ nach ihrer Zeit/ Art und Wissenschaft/ alle Verborgenheit der Kunst ihren Kunst-Lehrlingen vor Augen gestellet und geoffenbaret.
Ein Sprach-geübter/ hätte zwar dieses viel zierlicher können zuwegen bringen: es wäre aber zu besorgen/ maßen ich mit der [Marginalspalte: Niemand/ als ein perfecter Mahler/ kan von der Mahlerey schreiben.] Prob erfahren/ wann er nicht ein perfecter Mahler zugleich mit wäre/ daß er hierinn sich vielmals verlauffen/ und es ihme/ wie dem Phormio Plin. nat. 34, 83–84 ; Cicéron, De orat., 2, 18, 75. Phormion est un philosophe d’Ephèse qui faisait de beaux discours sur les vertus et connaissances nécessaires à un homme de qualité, mais dont Hannibal se moquait à cause de la suffisance et de l’incompréhension qu’il manifestait. Phormion devient l’exemple de l’homme qui parle de ce qu’il ne comprend pas et qu’il ne met pas en pratique. Cet exemple et repris déjà par Vasari. Sandrart cite Phormion dans la 1ère Introduction aux deux premiers livres., (dessen in meiner obigen Eingangs-Rede erwehnet worden/) ergehen möchte. Weil niemand mit Eifer daran gewolt/ und ich lang vergebens auf andere gewartet/ als habe ich/ nachdem ich von vielen Jahren her den Stoff hierzu gesamlet/ zu passirung der Weile mir vorgenommen/ der Mahlerey-Kunst Grund und Eigenschaft in Teutscher Sprach/ als in dero Nation ich gebohren bin/ wiewol solche anjezt mir mehr fremd als andere ist/ so gut sie mir bekant/ zu verfassen/ und habe mich davon nichts abhalten/ sondern die Verbässerung dieser meiner Arbeit den verständigern hiermit überlassen wollen.
comme celui qui n’a à céder la place à aucun des autres arts libéraux.
Quant à moi maintenant, en tant qu’artiste m’exerçant à la pratique et en tant que successeur de cet art louable, qui, je l’espère, ne m’en estimera pas indigne, j’ai entrepris d’exposer aux jeunes gens raisonnables, amateurs d’art, tout ce que je sais de son fondement, de sa manière, de sa qualité et de sa nature Cette notion est reprise de Lomazzo, Idea del tempio della pittura, Milan, 1590, chap. 6, n°5., parce que jamais rien d’important en langue allemande n’est parvenu à la lumière du jour ; j’ai aussi été infiniment prié et sollicité pour cela depuis beaucoup d’années, [Marginalspalte: Motivation de l’auteur pour cette œuvre.] par divers hauts potentats et princes, par divers esprits distingués et bourgeois de ce monde, et en particulier par les excellents érudits et amateurs d’art qui prospèrent aujourd’hui. C’est pourquoi j’ai finalement conçu un désir d’imiter l’exemple d’Apelle, d’Antigone et de Xénocrate, qui ont, pour leur nation Plin. nat. 35, 79., écrit des livres sur cet art, et ont par là, après leur époque, mis devant les yeux et révélé à leurs élèves, art et science, tous les secrets de l’art.
Quelqu’un ayant l’habitude de pratiquer la langue aurait certes pu mener cela à bien avec plus d’élégance : mais, je l’ai appris en quelque sorte [Marginalspalte: Personne si ce n’est un peintre parfait ne peut parler de la peinture.] dans la pratique, il aurait fallu craindre que s’il n’était pas en même temps un peintre parfait, il se fourvoierait à maintes reprises, et il pourrait en être de lui comme de Phormion (dont il a été question dans mon introduction précédente) Plin. nat. 34, 83–84 ; Cicéron, De orat., 2, 18, 75. Phormion est un philosophe d’Ephèse qui faisait de beaux discours sur les vertus et connaissances nécessaires à un homme de qualité, mais dont Hannibal se moquait à cause de la suffisance et de l’incompréhension qu’il manifestait. Phormion devient l’exemple de l’homme qui parle de ce qu’il ne comprend pas et qu’il ne met pas en pratique. Cet exemple et repris déjà par Vasari. Sandrart cite Phormion dans la 1ère Introduction aux deux premiers livres.. Parce que personne n’a voulu s’y mettre avec zèle, et que j’ ai vainement attendu quelqu’un d’autre, ainsi après avoir, avec le temps, rassemblé la matière pour cela depuis de nombreuses années, j’ai entrepris d’écrire en langue allemande tout ce que je sais sur le fondement et la qualité de l’art de la peinture, parce que je suis né dans cette nation, quoique celle-ci me soit maintenant plus étrangère que d’autres ; et je ne me suis en rien détourné, mais j’ai voulu avec cela laisser le perfectionnement de mon travail à ceux qui savent.
Originaltext
Übersetzung von Michèle-Caroline Heck