TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 336
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).The beginning of this part of the text is on page 563
Werke zeugen kan: Indem aber seine Kunst noch täglich durch die langwürige Erfahrung steiget/ und er in der bästen Zeit seines Lebens auch begierig ist/ sich je länger je mehr berühmt zu machen/ als hat man noch viel von dieser edlen Hand zu erwarten.SandrartInformat. on source text markers
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).The beginning of this part of the text is on page 563
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Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).The end of this part of the text is on page 565CCLXIX. Jacob Jordaens/ von Antorf.WAnn die Natur und Begierde zur Kunst bey der lieben Jugend sich befindet/ so durchgründet man bald die Geheimnußen einer Wißenschaft/ und wird durch solches Mittel die höchste Gabe eines fürtreflichen Verstands erreicht; dieses hat sich bald augenscheinlich befunden an unseren Jacob Jordans/ als welcher bey den berühmten von und zu Antorf seinen Anfang gemacht/ und sehr bald mit seinem großen meisterhaften Pensel geistliche und weltliche Historien/ Poësien und allerley tägliche Begebenheiten
Zu Sandrarts Begriffsverwendung der »(allerley) täglichen Begebenheiten« siehe auch: Christiane Morsbach: Deutsche Genremalerei im 17. Jahrhundert. Weimar 2010, v.a. S. 171 f./ Lebens-groß/ meistens nach dem Leben/ gemahlt/ mit einem sehr stark erhobnen natürlichen Colorit/ und solcher guten Manier/ daß er keinem der allerberühmtesten zu weichen gehabt/ deßwegen er seines Lehrmeisters von Ort Tochter zur Ehe erhalten/ und also zu Antorf verblieben ist/ das ihme zwar zum Nachtheil gedeutet wird/ und dasjenige ist/ was man an seinen Werken getadelt/ Bleibet in Antorf ungereißt. daß er nämlich die Antichen mit den fürtrefflichsten Meistern und dern Werken in Italien nicht gesehen/ welches er auch selbsten erkennt und um so viel mehr sich befleist/ wo etwas von den bästen Meistern/ Titian, Verones, Caravaggio, Bassan, und andern anzutreffen/ daß er sich deßen zu seinem Studio bediene/ wie er sich dann auch solche merklich zu Nutzen gemacht hat. Dabey ist er ganz herzhaft und geschwinder Manier im mahlen/ ein rechter Meister der Farben und Pensel/ und gehet ihm alles nach eignem Sinn geschwind und hurtig von der Hand/ dannenhero er fast ganz Niderland mit seinen Kunststucken erfüllt/ die wol ein ganzes Buch bedörften/ so man jedes wolte gedenken/ deßwegen Seine Werke wir nur die fürnehmsten erwehnen werden.
Eines der ersten ware aus den Fablen Aesopi, wie ein Satyr im Wald mit einem Bauren Kundschaft macht/ und mit in seine Wohnung kommt/ aber wieder von selbigem weichet/ weil er ihn warm und kalt aus einem Mund blasen gesehen/ so ein fürtrefliches Werk/ und nachmals durch Lucas Vorstermann in Kupfer gestochen worden ist. Der berümt Brey-Eßer. Ferner mahlte er Christum im Oelgarten/ wie er durch Judas Kuß verrahten/ und darauf von der Juden Schaar wütig angefallen/ gebunden und herunter gezogen wird/ da entzwischen Petrus den Laternenträger Malchum darnider geworffen/ und in der Furie auf ihn hauet/ alles verwunderlich meisterhaft in die Nacht gebildet; diese und andere fürtreffliche Werke verursachten dem hoch-florirenden Streitet mit Rubens um den Vorzug. Ruben eifersichtige Gedanken/ daß ihm dieser Künstler so nahe in die Eisen kommen/ auch in etlichen Theilen der Natürlichkeit und Warheit vorgeschlagen/ wie dann beyder Arbeit von den Liebhabern oft gegeneinder gehalten und betrachtet/ auch dabey des Rubens Werken mehr Geist und reichere Invention, des Jordans aber mehr Ausführlichkeit und Warheit zugesprochen worden: Worüber sie beyde doch/ als hochvernünftige Männer/ in gutem Verstand verblieben/ und jeder sich
beflißen/ höhere Wißenschaft zu überkommen. Es will jedoch gesagt werden/ daß Rubens um den Jordans von solcher natürlichen guten Manier der Oelfarben/ als welche ihm sehr in die Augen gestochen/ abzuwenden/ dieses Mittel erdacht habe/ daß/ da ihm von dem König in Spanien große Teppiche zu denen Königlichen Zimmern zu Madrit angedinget worden/ er derselben große Cartonen Ein Oelmahler verderbet sich mit Waßerfarben. oder Modeln dem Jordans von Wasserfarben auf Papier zu zeichnen gegeben/ wornach die Teppichwirker arbeiten solten/ er aber habe selbst die Invention mit Oelfarben Modellen-weiß klein gemahlt. Da dann Jordans zwar diese Cartonen verwunderlich wol mit Waßerfarben vollzogen/ aber beynebens durch deren langen Gebrauch die hochgelobte wahre Natürlichkeit in Oelfarben/ worinnen er vorher floriret/ merklich geschwächet/ wie dann insgemein alle/ die viel in fresco oder naßen Kalch/ miniatur und aguazo oder mit Waßerfarben mahlen/ in Oelfarben diese Schwachheit unterlauffen laßen/ daß sie zu einer kalten grellen Waßerfarben Manier verführet werden/ wordurch dann Jordans hernach sehr verhindert worden. Jordaens, der bereits bei seiner Aufnahme in die Lucasgilde 1615 als »Waterscilder« bezeichnet wurde, ergänzte die Teppichserien mit Achilles- und Jagdszenen, die Rubens im Auftrag Isabella Clara Eugenias (der spanischen Infantin und Statthalterin der spanischen Niederlande) entwarf. Ab ca. 1630 werden Teppichentwürfe sogar zu einem zentralen Produktionsfaktor im Schaffen Jordaens’. Sandrarts Schilderung über Rubens’ Strategie, seinen Konkurrenten Jordaens durch das Anfertigen von Teppich-Kartons in seiner »natürlichen guten Manier der Oelfarben« zu schwächen, dürfte zwar nicht der Wahrheit entsprechen. Als mündlich kolportierte Geschichte dürfte sie jedoch nicht völlig frei von Sandrart erfunden worden sein, wie schon Sponsel vermutet (vgl. Sponsel 1896, S. 122–124). Möglicherweise dient ihm die Paragone-Episode, um Jordaens spätere Manier zu erklären, die er aufgrund der Abnahme der Leuchtkraft als deutlich schwächer beurteilt; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 866 f., Anm. 530,21. Mit seinen Studien setzte unser Künstler zwar immer fleißig fort/ doch gab er ihm selbsten auch Recreations-Zeit/ des Abends in guter Gesellschaft unter zierlichen Discursen/ bey einem Gläßlein Weins/ ohne Versaumnis seines täglichen Berufs/ sich frölich zu machen.
Er mahlte einsmal ins sechs Tagen Lebensgroß Noch etliche seiner Werke die Historie/ wie Siringa vor dem Pan in einem Busch fliehet/ so sehr Geist-reich und meisterhaft gebildet. In Lebens-Größe mahlte er auch/ wie die Satyren die Cornucopien aufhalten und tragen/ indem die drey Gratien selbige mit allerley schönen Früchten/ Obst/Trauben/ und andern/ erfüllen/ dern holdselige nakende wolverstandene Bilder/ in Zeichnung/ Colorit und geistreicher Manier der Farben mehr verwunderlich als gemein zu sehen/ so hat er auch in eines langen Saals Länge/ das große Uberfahrt-Schiff zu Antorf ausgebildet/ darinnen allerley Thiere und Leute/ dern jeder nach seinem Beruf arbeitet/ unvergleichlich wol vorstellet. Ferner mahlte er viele Historien in halbe Bilder Lebens-groß/ wie in einer Conversation alte Leute singen/ und die jungen ihnen solches artlich mit Pfeiffen nachahmen/ nach dem gemeinen Sprichwort: Wie die alten sungen/ also pfiffen die Jungen. Bei dem hier beschriebenen Thema bezog Sandrart sich auf kein bestimmtes Bild, sondern erwähnt es allgemein und weiß schon damals von mehreren Fassungen zu berichten. Ein typisches Beispiel bietet die signierte Fassung in Amsterdam. Vielmals mahlte er auf besondere Weiß der Niderländer drey Könige Abend-Fest/ da der erwehlte Abend-König mit papierener Cron gezieret ein Pocal austrinket/ worunter die übrige Gesellschaft hell schreyet/ singet/ ruffet/ und auf den Kanten kleppert Auch bei dieser Themengruppe (»Der König trinkt«) bezieht sich Sandrart auf kein spezifisches Gemälde. Die Fassung im Louvre gilt als das früheste dieses Themas von seiner Hand./ und dergleichen viel andere kommen noch täglich von seiner Hand herfür. So hat er auch eine große Galleria für Ihre Majest. Königen in Dennemark/ auch einen weiten Saal für Ihro Königliche Majestät in Schweden gemacht Während die Bilder für das königliche Schloss in Uppsala zwar nicht erhalten, aber doch zumindest nachgewiesen sind, lässt sich der Auftrag für die dänische Königin nicht identifizieren./ und sich durch diese hochberühmte Stuck zu hohen Ehren gebracht/ gleichwie er aber allezeit frölich/ freundlich und liebreich gewesen; also lebt er noch in gutem Wolstand zu Antorf/ im 78. Jahr seines Alters/ ganz ruhig/ und samlet benebens großen Reichtum und Ehre; deme ich ja von Herzen so
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).The end of this part of the text is on page 565