TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 199
aufzutragen wuste/ worinnen er auch jederzeit hochberühmt und darfür reichlich ausgezahlt worden/ nicht so wol vergnüget.
Unter solchen war nun auch ein gecreutzigter Christus in Lebens-Grösse mit seiner Mutter Maria und S. Johannes: da sonderlich des Seeligmachers Christi Bild verwunderlich kunstreich gemahlt und billich für sein berühmtestes Werk zu achten ist. Auch hat er sonsten ein sehr grosses Blat zu Rom in S. Peters Kirchen mit Oelfarben verfärtiget/ so eine verschiedene heilige Jungfrau/ die in das Grab hinab gelassen wird/ neben andern umstehenden Figuren in sich begreift/ alles fürtreflich stark und mehr dann in Lebens-Grösse erhoben/ so wol würdig und mit Ruhm zu sehen; seine Person belangend/ so war er sehr sitsam von guten Geberden/ und schielte an einem Aug/ deswegen er dann fast auch insgemein Guerzin genennet worden. In dem Zeichnen gebraucht er sich einer sehr angenehmen Manier mit rohter Kreiden/ und schraffirte mit der Feder gar zierlich und ganz nach dem Leben ähnlich/ wie fast aller Orten vernünftige Werk auf Papier von ihm zu finden und auch von denen Liebhabern allenthalben in Ehren gehalten werden. Sein Contrafe hat er wegen alter Vertreulichkeit selbst mit rohter Kreiden nach sich gezeichnet/ und mir zur Gedächtnus übersandt/ wie dann solches neben denen andern in der Kupferblatte S. zu sehen. Sandrart korrigiert diese Angabe auf TA 1675, Bericht an den Buchbinder, nach S. 376 in die Platte T..
[Marginalspalte: CVIII. FRANCISCO BERNIN, Bildhauer von Neapel.]Diese Edle Stadt Neapel hat zwar den Edlen Bildhauer FRANCESCO BERNIN erzogen/ aber nicht behalten/ weil seine Kunst ihn andrer Orten auch bekandt gemacht/ und nacher Rom gezogen/ allda er mit seinen zween Söhnen viel berühmte Gedächtnussen in Marmelstein/ Statuen auch Gebäuen hinterlassen/ deren fürehmstes annoch in dem Palazzo della Vignia Borghese zu sehen/ als woselbst ein grosser Saal und darinn viele Bilder über Lebens-Grösse von Marmelstein anzutreffen/ und sonderlich darinnen wahrzunehmen/ wie Aeneas seinen Vatter Anchisen aus dem Brand träget mit Cassandro , von einem Stuck Marmor sehr vernünftig vorgestellet/ und noch andere Sachen mehr/ die er allda zur Gegächtnus Gedächtnus hinterlassen.
[Marginalspalte: CIX. LORENZO BERNIN, Bildhauer und Architect.]Lorenzo Bernin war von obgedachten beyden Söhnen der ältiste/ und seines Vatters/ als zu welchem fast ganz Rom in die Schul gangen/Lehrjung/ und nachdem die Natur ihn mit grossem Geist/ und beständigen Fleiß glüklich begabt/so/ daß er noch in seiner Jugend die Staffel aller Wolfahrt beschritten/ und sonderlich auch von Papst Urbano VIII. sehr gebraucht und erhoben worden. Sintemalen derselbe ihm zu allem dem/ was in seiner langen Regierungs-Zeit in Rom wichtiges von Bildhauen und fürnehmen Gebäuen/ (deren in dem 22. Jahr seiner Regierung sehr viel und unvergleichliche grosse wichtige Werk angefangen worden) alle völlige direction übergeben/ als hat mit solchem Glück auch sich sein Vernunft/ Wissenschaft und Ehre je mehr und mehr vermehrt/ weiln er sich dergestalt mit seiner Leutseligkeit impatronirn können/ daß er bey allen nachfolgenden Päpsten beständig in respect gehalten/ alles auf sich gehabt/
motivo per cui egli fu anche sempre molto famoso e riccamente pagato.
Tra queste [opere] era anche un Cristo crocifisso a grandezza naturale con Maria sua madre e San Giovanni: specialmente la figura di Cristo Redentore è dipinta con mirabile arte, ed è giustamente da considerare la sua opera più famosa. Peltzer 1925 identificava il dipinto citato da Sandrart con la Crocifissione con la Madonna e i Santi Maddalena, Giovanni Evangelista e Prospero, 1624–1625, olio su tela, Reggio Emilia, Madonna della Ghiara; Klemm 1995 indica invece la Crocifissione con la Madonna, la Maddalena e San Giovanni, 1642–1645, olio su tela, Cento, Chiesa del Rosario, cappella Barbieri. Sebbene la descrizione di Sandrart risulti in entrambi i casi incompleta, pare verosimilmente da riferire alla più asciutta composizione del Guercino per la cappella di famiglia a Cento. Sandrart poteva averne notizia diretta dall’autore, che gli aveva inviato un autoritratto tuttora conservato nel Codex Iconographicus 366 della Bayerische Staatsbibliothek di Monaco e ricordato più avanti nella biografia. Per le due Crocifissioni si veda il riassuntivo catalogo di Stone 1991, cat. 99 p. 122, cat. 201, p. 215.Inoltre egli ha anche eseguito ad olio una pala molto grande nella chiesa di San Pietro a Roma, con una santa vergine defunta che viene calata nella tomba, con altre figure in piedi intorno, il tutto rialzato con straordinaria forza a grandezza naturale, ben degno di fama. Martirio di Santa Petronilla, per l’omonimo altare in San Pietro, ora Roma, Pinacoteca Capitolina. Sul dipinto e il suo restauro, oltre alla bibliografia guercinesca anche: Masini/Salini/Paoletti 2000. Per quanto riguarda la sua persona, egli era molto costumato, di buoni modi, ed era strabico da un occhio, perciò egli poi fu comunemente chiamato Guercino. Nel disegno usava una maniera molto piacevole con la matita rossa, Si sceglie di tradurre “matita rossa” perché più coerente con l’uso della trattatistica contemporanea; il termine “sanguigna” adottato di qui a poche righe vuole invece evitare la ripetizione. e tratteggiava con la penna con molta grazia e seguendo il naturale; quasi ovunque si trovano sue opere su carta ricche di giudizio, e ovunque sono tenute in onore dagli intendenti. Il suo ritratto l’ha disegnato lui stesso a sanguigna, per la [nostra] antica amicizia, e me lo ha spedito per ricordo; Monaco, Bayerische Staatsbibliothek, Codex Iconographicus 366, f. 42. C. Mazzetti di Pietralata, Joachim von Sandrart (1606–1688). I disegni, Cinisello Balsamo 2011, cat. B31. si può vedere insieme ad altri nella tavola T.
[Marginalspalte: CVIII. FRANCISCO BERNIN, Bildhauer von Neapel.]Diese Edle Stadt Neapel hat zwar den Edlen Bildhauer FRANCESCO BERNIN erzogen/ aber nicht behalten/ weil seine Kunst ihn andrer Orten auch bekandt gemacht/ und nacher Rom gezogen/ allda er mit seinen zween Söhnen viel berühmte Gedächtnussen in Marmelstein/ Statuen auch Gebäuen hinterlassen/ deren fürehmstes annoch in dem Palazzo della Vignia Borghese zu sehen/ als woselbst ein grosser Saal und darinn viele Bilder über Lebens-Grösse von Marmelstein anzutreffen/ und sonderlich darinnen wahrzunehmen/ wie Aeneas seinen Vatter Anchisen aus dem Brand träget mit Cassandro , von einem Stuck Marmor sehr vernünftig vorgestellet/ und noch andere Sachen mehr/ die er allda zur Gegächtnus Gedächtnus hinterlassen.
[Marginalspalte: CIX. LORENZO BERNIN, Bildhauer und Architect.]Lorenzo Bernin war von obgedachten beyden Söhnen der ältiste/ und seines Vatters/ als zu welchem fast ganz Rom in die Schul gangen/Lehrjung/ und nachdem die Natur ihn mit grossem Geist/ und beständigen Fleiß glüklich begabt/so/ daß er noch in seiner Jugend die Staffel aller Wolfahrt beschritten/ und sonderlich auch von Papst Urbano VIII. sehr gebraucht und erhoben worden. Sintemalen derselbe ihm zu allem dem/ was in seiner langen Regierungs-Zeit in Rom wichtiges von Bildhauen und fürnehmen Gebäuen/ (deren in dem 22. Jahr seiner Regierung sehr viel und unvergleichliche grosse wichtige Werk angefangen worden) alle völlige direction übergeben/ als hat mit solchem Glück auch sich sein Vernunft/ Wissenschaft und Ehre je mehr und mehr vermehrt/ weiln er sich dergestalt mit seiner Leutseligkeit impatronirn können/ daß er bey allen nachfolgenden Päpsten beständig in respect gehalten/ alles auf sich gehabt/
und noch so viel Jahr lang einig und allein die Verwaltung der grossen und unvergleichlichen Machinen/ wie in der Stadt Rom an herrlichen Kirchen und andern Gebäuen von Marmelstein und Metall/ so alles zu erzehlen allzulang fallen würde/ auf sich getragen. Dass Sandrart in der Vita Berninis dessen malerisches Œuvre nicht erwähnt, mag auf die Annahme einer Ausschließlichkeit bildhauerischer Talente hindeuten, auf die er in der Vorrede des ersten Teils mit Blick auf Bernini hinweist: »So ist auch der noch-lebende Cavallier, auch Lorenzo Bernini. Lorenzo Bernin, zugleich ein trefflicher Bildhauer/ Architetto und Mahler: Jedoch/ wiewol er in den beyden ersten den höchsten Grad erreichet/ so hat sein schöner Geist ihm die qualität des letzten versaget/ daß er nichts sonders fürtrefliches darinn ausrichten können.« (TA 1675, I, Vorrede, S. 5); vgl. Teutsche Academie 1675/Viten (Ed. Peltzer 1925), S. 415, Anm. 1262.
[Marginalspalte: Seine Werke.] Sein erst berühmtes Werk war ein Grupo von weissem Marmor/ da zwey Bacchantische Kindlein von einer nidergesessenen Geiß die Milch geniessen. Das andere aber stellte einen David in Lebens-Grösse vor/ welcher den gefasten Stein in seiner Schleuder werfen will mit einem treflichen affect, und auch von weissen Marmel mit obig und folgender in gemelter Vignia Borghese, aufs allerzierlichst/ edelst und schönste ausgebild/ wormit er dann sich sehr berühmt gemacht. Wieder findet man von ihm in einem schönen weissen Marmor die holdselig- keusch- und nackende Nymf Daphne, wie sie mit fliegenden und aufgebundenen Haaren dem nacheilenden Apollo, als der ganz begierig/ zierlich und schön nackend diese genannte Nymf zu fangen/ und nach ihr zu greiffen vermeint/entlauft; und aber zu Erhaltung ihrer Reinigkeit von denen Göttern in einen Lorbeer-Baum transformiret wird/ deren ausgebreitete Händ und Finger zu schwachen Aesten werden/ und mit Mänge Lorbeer-Blätter/ so alles von dünnen Marmelstein/ sehr zart/ wie es das Leben selbsten gibet/ ausgearbeitet sind/ daß niemal einige solche Arbeit weder von denen Antichen noch modernen gesehen worden/ sintemalen der Marmelstein so zart und sauber ja besser als das Wachs gemeistert worden/ folgends nach vielen solchen Statuen hatte er auch des Cardinals Scipio Borghese Contrafe/ wie auch des Marches Vincentii, Justinians und anderer in Lebens-Grösse verfertiget. Mehr machte er des Königs in Engelland Carolo Stuart Contrafe nach Antonio von Dick von Londen übersandten z. unterschiedlichen/ als einem von vornen/ den andern aber von beyden Seiten gebildeten und gemahlten Contrafäen/ sehr ruhmwürdig in Marmel/ wörfür ihme 3000. Gulden verehret worden/ er bildete auch weiters den König in Frankreich/ und vollführte etliche fürnehme Modellen in dem Königlichen Palast zu Pariß/ darfür er reichlich mit einer jährlichen grossen pension belohnet worden. Über Berninis Aufenthalt in Paris und das gescheiterte Projekt der Louvre-Fassaden berichtet auch sein Begleiter Paul Fréart de Chantelou in seinem berühmten Tagebuch, vgl. dazu: Bernini in Paris. Das Tagebuch des Paul Fréart de Chantelou über den Aufenthalt Gianlorenzo Berninis am Hof Ludwigs XIV., hrsg. von Pablo Schneider und Philipp Zitzlsperger, Berlin 2006.
[Marginalspalte: Seine Werke in S. Peters Kirche zu Rom.] Zu Rom brachte er in die grosse Kirchen S. Peters/ was an dem berühmten Bau noch zu machen nöhtig gewesen/ zu End/ samt der grossen Galerien auf dem Platz vor der Kirchen herum/ zum Gebrauch nämlichen der procession, daß sie unter dem Gang hinaus ohne von der Sonnen bescheint/ gehen mag/ da dann auch die Andacht im Schatten gehalten werden kan/ und hievon wäre nun noch viel zu sagen/ wir wollen aber geliebter Kürze halber den Liebhaber zu denen häuffig darvon heraus gangenen Büchern gewiesen/ dieses aber auch nicht aus der Acht gelassen haben/ daß eines seiner fürtreflichsten Werken die Sepultura Papsts Urbani des VIII. seye/ als worauf seine Bildnus im Pontificial zweymal in Lebens-Grösse/ in Action der Benediction sitzet/ da dann alle Bilder/ als wormit solche Begräbnus reichlich versehen/ von
und noch so viel Jahr lang einig und allein die Verwaltung der grossen und unvergleichlichen Machinen/ wie in der Stadt Rom an herrlichen Kirchen und andern Gebäuen von Marmelstein und Metall/ so alles zu erzehlen allzulang fallen würde/ auf sich getragen. Dass Sandrart in der Vita Berninis dessen malerisches Œuvre nicht erwähnt, mag auf die Annahme einer Ausschließlichkeit bildhauerischer Talente hindeuten, auf die er in der Vorrede des ersten Teils mit Blick auf Bernini hinweist: »So ist auch der noch-lebende Cavallier, auch Lorenzo Bernini. Lorenzo Bernin, zugleich ein trefflicher Bildhauer/ Architetto und Mahler: Jedoch/ wiewol er in den beyden ersten den höchsten Grad erreichet/ so hat sein schöner Geist ihm die qualität des letzten versaget/ daß er nichts sonders fürtrefliches darinn ausrichten können.« (TA 1675, I, Vorrede, S. 5); vgl. Teutsche Academie 1675/Viten (Ed. Peltzer 1925), S. 415, Anm. 1262.
[Marginalspalte: Seine Werke.] Sein erst berühmtes Werk war ein Grupo von weissem Marmor/ da zwey Bacchantische Kindlein von einer nidergesessenen Geiß die Milch geniessen. Das andere aber stellte einen David in Lebens-Grösse vor/ welcher den gefasten Stein in seiner Schleuder werfen will mit einem treflichen affect, und auch von weissen Marmel mit obig und folgender in gemelter Vignia Borghese, aufs allerzierlichst/ edelst und schönste ausgebild/ wormit er dann sich sehr berühmt gemacht. Wieder findet man von ihm in einem schönen weissen Marmor die holdselig- keusch- und nackende Nymf Daphne, wie sie mit fliegenden und aufgebundenen Haaren dem nacheilenden Apollo, als der ganz begierig/ zierlich und schön nackend diese genannte Nymf zu fangen/ und nach ihr zu greiffen vermeint/entlauft; und aber zu Erhaltung ihrer Reinigkeit von denen Göttern in einen Lorbeer-Baum transformiret wird/ deren ausgebreitete Händ und Finger zu schwachen Aesten werden/ und mit Mänge Lorbeer-Blätter/ so alles von dünnen Marmelstein/ sehr zart/ wie es das Leben selbsten gibet/ ausgearbeitet sind/ daß niemal einige solche Arbeit weder von denen Antichen noch modernen gesehen worden/ sintemalen der Marmelstein so zart und sauber ja besser als das Wachs gemeistert worden/ folgends nach vielen solchen Statuen hatte er auch des Cardinals Scipio Borghese Contrafe/ wie auch des Marches Vincentii, Justinians und anderer in Lebens-Grösse verfertiget. Mehr machte er des Königs in Engelland Carolo Stuart Contrafe nach Antonio von Dick von Londen übersandten z. unterschiedlichen/ als einem von vornen/ den andern aber von beyden Seiten gebildeten und gemahlten Contrafäen/ sehr ruhmwürdig in Marmel/ wörfür ihme 3000. Gulden verehret worden/ er bildete auch weiters den König in Frankreich/ und vollführte etliche fürnehme Modellen in dem Königlichen Palast zu Pariß/ darfür er reichlich mit einer jährlichen grossen pension belohnet worden. Über Berninis Aufenthalt in Paris und das gescheiterte Projekt der Louvre-Fassaden berichtet auch sein Begleiter Paul Fréart de Chantelou in seinem berühmten Tagebuch, vgl. dazu: Bernini in Paris. Das Tagebuch des Paul Fréart de Chantelou über den Aufenthalt Gianlorenzo Berninis am Hof Ludwigs XIV., hrsg. von Pablo Schneider und Philipp Zitzlsperger, Berlin 2006.
[Marginalspalte: Seine Werke in S. Peters Kirche zu Rom.] Zu Rom brachte er in die grosse Kirchen S. Peters/ was an dem berühmten Bau noch zu machen nöhtig gewesen/ zu End/ samt der grossen Galerien auf dem Platz vor der Kirchen herum/ zum Gebrauch nämlichen der procession, daß sie unter dem Gang hinaus ohne von der Sonnen bescheint/ gehen mag/ da dann auch die Andacht im Schatten gehalten werden kan/ und hievon wäre nun noch viel zu sagen/ wir wollen aber geliebter Kürze halber den Liebhaber zu denen häuffig darvon heraus gangenen Büchern gewiesen/ dieses aber auch nicht aus der Acht gelassen haben/ daß eines seiner fürtreflichsten Werken die Sepultura Papsts Urbani des VIII. seye/ als worauf seine Bildnus im Pontificial zweymal in Lebens-Grösse/ in Action der Benediction sitzet/ da dann alle Bilder/ als wormit solche Begräbnus reichlich versehen/ von
Originaltext
Übersetzung von Cecilia Mazzetti di Pietralata