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TA 1679, II (Skulptur), S. 7

Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:
Die Ausführungen zu den antiken Skulpturen, die in den beigefügten Kupferstichtafeln A–Qq zur Darstellung kommen, wurden von Sandrart verfasst. Oftmals enthalten sie Angaben über Sandrarts persönliche Kenntnis der Stücke sowie Erklärungen für die Aufnahme in das Stichwerk. Für die Deutung der dargestellten Personen und weiterführende Informationen zu diesen griff Sandrart zweifellos auch auf andere Autoren zurück (vgl. Sponsel 1896, S. 33).Carolin Ott, 07/10/2012The beginning of this part of the text is on page 882
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welche von einer guten und kunstreichen Hand verfertiget/ einen schönen Jüngling vorstellet.

F. Galathea.

11. GAlathea eine Nymphe. GAlathea war eine der vornehmsten Wasser-Nymphen/ des Nerei und der Doris Tochter/ welche hier auf einem Meer-Wunder sitzend vorgebildet wird. Den Namen hat selbige bekommen entweder von dem silberweisen Meerschaum/ oder von dem Wort Gala, welches eine Milch bedeutet: Weswegen Hesiodus ihre Haare weis/ und das Angesicht wie Milch/ beschreibet; Auch der Einäugige Polyphemus beym Ovidio, diese Nymphe vor die aller weisseste heraus streichet. Diese Bildnus aber ist entnommen aus einer vortrefflichen Statua in Lebens-grösse/ an welcher unter andern die Vollkommenheit des Leibs und Angesichts einer schönen Frauens-Person mag betrachtet werden.

G. Der Bettlende Belisarius.

12. Der Bettlende Belisarius. DEs bettlenden Belisarii Bildnus in Plat. G. gibet klar zu erkennen/ daß derjenigen Meinung ohnrecht sey/ welche dafür halten/ daß diesem Helden/ nachdem er bey dem Justiniano wegen Verrähterey/ wie wol unschuldig/ angeklagt worden/ von diesen Käyser/ ungeachtet er das occidentalische Käyserthum den Gothen zweymal abgenommen und in Justiniani Hände gelieffert/ beyde Augen ausstechen lassen. Dann/ wan solches nicht geschehen wäre/ würde diese vortreffliche alte Statua, die noch heutiges Tages bey dem Printzen Justiniano offentlich in Rom gesehen und in hohen Ehren gehalten wird/ damals nicht gemacht worden seyn. Daher ich auch Ursach nehme/ erwehnte Geschicht zu behaupten: Weil ich bey ein-und anderm Authore aufgezeichnet finde/ daß dieser Belisarius, nach dem er die Augen verloren sich auf das Betteln begeben/ und diese Wort gebrauchet: Date obolum Bellisario, quem virtus extulit, invidia occaecavit. Das ist: Gebet dem armen Bellisario einen Heller/ welchen die Tugend erhaben/ und die Misgunst geblendet. Und weil/ bey Beschreibung der Medaglionen/ von seinem Leben und Thaten etwas weitläuftiger Meldung geschehen/ lassen wir es bey diesen bewenden.

H. Sibylla.

13. Eine Sibyllae. DIe Sibyllen waren Warsagerinnen/ deren in gemein 10. gezehlet werden. Weil ich bey Abzeichnung dieser Statua, welche im Pallazzo de Medices neben andern alla loggia stehet vielmehr auf die Kunst/ als auf den Namen achtung gegeben/ als lasse ich solche ohne Namen/ und betrachte absonderlich dieser grossen und schönen Statua Herrlichkeit/ vortreffliche und künstliche Arbeit am Gewand/ auch daran befindliche zierliche falten/ deren sie eine vollkommene Lehr-Schul billig mag genennet werden.

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I. Die Poesy.

14. Bildung der Poesy. DIe Poesis oder Dichtkunst wird hier vorgestellt/ in der rechten Hand ein Papier haltend/ auf dem Haupt mit einem geflochtenen Lorber-Krantz/ und unten einen fliegenden Schwan vorzeigend. Daß sie aber in eines Hermaphroditen/ oder Manns-und Weibs-Gestalt/ zusehen ist/ giebt so viel zu erkennen/ daß der Dicht-Geist/ mit der Arbeitsamkeit vermischet/ einen Poeten/ mache/ und beyderley Geschlechte dessen fähig seyn. Die Statua, wovon dieses Bild entnommen/ ist gleichfalls im Palatio deren von Medices in Rom zu sehen.

K. Ein Faunus mit dem Knaben.

15. Ein Faunus, einen Knaben umfangend DEr Faunus, der einen Knaben umfänget/ ist eine sehr berühmte/ etwas mehr als Lebensgrösse/ aus Ertz gegossene Statua, welche von einem guten alten Meister verfertigt/ im Palatio de Medices anzutreffen. Sie ist/ wegen wolgewachsenen gerechten Alters von einem Manne/ neben eines Knaben geschicklicher Proportion und vortrefflicher Abbildung/ wol zu betrachten. Durch den Faunum oder Wald-Gott/ wird/ wie nachgehends mit mehrern zu vernehmen/ die Welt/ durch das Knäblein aber/ mit seinem stetsgrünenden Epheu-Krantz/ der Wachsthum/ verstanden welche beede zu Ernehr- und Erhaltung aller natürlichen Dinge/ sich embrassiren sollen.

L. Apollo.

16. Apollo Künste. Gott. Apollo ein Sohn Jovis und Latonae, wird für einem Gott der Weisheit/ des Warsagens und der Poesy/ auch für der Musen Oberhaupt gehalten/ und deswegen auf unterschiedliche Art vorgestellet. In gegenwärtiger Figur sehen wir ihn in der rechten Hand ein Messer/ in der Lincken das Haupt und die abgeschiedene Haut Marsyae in die Höhe haltend: Und ist darum vor andern die zierliche Leibs-Proportion des Apollo, welche auf Mann-und Weibliche Geschlecht-Art vermischt vorscheinet/ ingleichen das vermessene Angesicht des Marsyas, sehr künstlich gearbeitet zu beobachten.

M. Marsyas.

17. Marsyas ein Pfeiffer. MArsyas war ein vortrefflicher Pfeiffer/ und der Geburt nach aus Phrygien. Diesen zehlet Ovidius unter die Satyren/ und erzehlet/ wie er so vermessen gewesen/ daß er den Musen Gott Apollinem heraus gefodert gefordert/ auf einer aus Rohren geschnittener Pfeiffe/ oder Schalmeyen mit ihm in die wette zuspielen: Nachdem aber dieser Wird geschunden. jenen überwunden/ habe er selbigen/ wegen solcher Vermessenheit/ lebendig geschunden. Eines Poeten Worte lauten hiervon also:

Provocat & Phaebum: Phaebo superan- te pependit;
caesa recesserunt â cute membra viri.SandrartInformat. on source text markers
Die Ausführungen zu den antiken Skulpturen, die in den beigefügten Kupferstichtafeln A–Qq zur Darstellung kommen, wurden von Sandrart verfasst. Oftmals enthalten sie Angaben über Sandrarts persönliche Kenntnis der Stücke sowie Erklärungen für die Aufnahme in das Stichwerk. Für die Deutung der dargestellten Personen und weiterführende Informationen zu diesen griff Sandrart zweifellos auch auf andere Autoren zurück (vgl. Sponsel 1896, S. 33).Carolin Ott, 07/10/2012The beginning of this part of the text is on page 882