TA 1679, II (Skulptur), S. 41
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Die Claudius-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Claudius, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 924
Tochter/ und von ihren Liebkosungen überwunden/ brachte er heimlich zu wegen/ daß der Senat ihn nötigte/ wieder zu heuraten/ auch einen Rahtsverlaß herausgabe/ daß forthin einem jeden erlaubt seyn solte/ also nahe in das Geblüt zu heuraten. Es ist aber/ dieses Senatusconsultum, hernach durch den Kaiser Nerva wieder abgethan worden. Diese hat viel böses gestiftet/ seinen Sohn Britannicum hingerichtet/ und dargegen ihren Sohn Neronem zum ThronErben eingeschoben/ auch endlich ihren Gemahl/ den Kaiser selber/ zum Tod gefördert.
Seine Kinder. Er zeugte auch viel Kinder: und zwar/ mit der Herculanilla, den Drusum und Claudiam, deren jener zu Pompeji, als ihm schon des Sejani Tochter versprochen gewesen/ an einem Apfel/ den er in die Höhe geworfen und mit dem Mund wieder aufgefangen/ ersticket. Die Tochter Claudiam aber/ die er nach Verstossung der Mutter schon fünf Monat hatte erziehen lassen/ ließe er/ weil sie mit dem Boter erzeugt worden/ nacket der Mutter vor die Thür legen. Die Aelia Petina gebahre ihm Antoniam: die er Cn. Pompejo, und hernach Fausto Syllae verheuratet/ aber auf der Agrippina anstifften beyde hinrichten lassen. Mit der Messalina, erzielte er Britannicum, und Octaviam unter denen jener mit Gift hingerichtet/ diese aber an seinen Wahl- und StiefSohn Neronem, der Agrippina mit Domitio Nerone erzeugten Sohn/ vermählet worden: Nachdem er sie von einem andern adoptiren lassen/ damit nicht zwey Geschwistern zusammen heurateten:
Sein Regirungs-Antritt. Er kam zum Regiment wieder sein Verhoffen/ A.C. 43/ seines Alters in 50 Jahr. Dann als Kaiser Caligula hingerichtet/ waren die Römer gesonnen/ wieder eine freye Republik anzurichten/ und kame deswegen der Raht auf dem Capitolio zusammen: worüber sie aber nicht einig werden konten/ daher die Ratschlagung sich über Nacht verzogen. Claudius hatte unterdessen in einen Winckel des Kaiserlichen Palastes sich verstecket/ aus Furcht/ weil er mit Kaiser Caligula gewesen/ auch erwürget zu werden. Daselbst nun fanden ihn etliche Soldaten/ die eine Beute gesuchet/ und zogen ihn hervor ans Tagliecht/ da er Kniehfällig um sein Leben bate. Aber diese/ als sie ihn erkennet/ ruffeten ihn zum Kaiser aus/ und brachten ihn ins Lager der Leibwacht: da nicht allein er/ sondern auch die ihm begegnet/ vermeinten/ er würde zum Tod geführet. Er ward aber daselbst/ weil ihm niemand feind/ und weil er vom Geschlecht der Cäsaren war/ vom ganzen Heer zum Kaiser erwehlet/ dafür er ihnen ein Donativ versprochen/ und also der erste gewesen/ der dem Kriegsheer die Kaiserwürde abgekaufet. Also hatte der Raht zulang getagleistet/ und musten sie diesen Kaiser wider wissen und willen annehmen.
Seine wol-Regirung. Er hat anfangs ganz wol regiret/ und wie zuvor eines frommen Römers/ also ietzt eines solchen Kaisers Person gespielet. Die Mörder Kais. Caligulae liesse er hinrichten/ und sagte: Es sey eine Sache von bösem Exempel/ seinen Fürsten hinrichten.
Jedoch stellte er alles ab/ was dieser sein Vorfahrer böses aufgebracht/ ordnete hingegen gute Gesetze/ berieffe die Vertriebene wieder nach Rom/ liesse die unschuldig-Gefangene ledig/ und Seine Gelindheit. straffte die Schuldigen. Im Gericht-sitzen/ mässigte er das scharffe Recht mit der Billgkeit/ und übte gar keine Rache/ an denen/ die ihn vordessen verachtet hatten. Den Schimpf/ da ihn das Volck wegen langwieriger Theurung/ auf dem Markt antastete und mit Brodgrumpen warffe/ also daß er kaum entkommen können/ liesse er auch ungerochen/ und beflisse sich hingegen/ von dem Tage an/ solche Anordnung zu thun/ daß von allen Orten Proviant Seine nützliche Gebäude. zugeführet wurde. Und zu Behuf dessen/ bauete er/ mit grossem Kosten/ den herrlichen Seehafen zu Ostia: gleichwie er auch sonst die stattliche Aquaeductus oder Wasserleitungen/ wodurch fast jedem Hauß in Rom das Wasser zugeführt worden/ verfertigen lassen/ welches Werck fast 14 Seine Klugheit im Recht-sprechen. Tonnen Goldes soll gekostet haben. Im Rechtsprechen ware er zuweilen so klug/ als der Jüdische König Salomo: massen er einer Frauen/ die ihren Sohn nicht kennen oder annehmen wollen/ die Bekentnis damit abgelistet/ indem er ihr befohlen/ daß sie ihn heuraten solte. Es ware auch seine Freude/ selber zu Gericht zu sitzen. Als viel Herren ihre krancke Knechte auf die Insel Aesculapii legen liessen/ benahme er ihnen solchen Frevel/ indem er die Knechte freysprache/ daß sie/ wann sie wieder aufkämen/ nicht in ihren Dienst wiederkehren dorften. Hingegen nötigte er die Freygelassenen/ die gegen ihren Herren undanckbar worden/ daß sie ihnen von neuem dienen musten.
Seine Untugenden. Aber diese seine Tugenden verdunckelte er nachmals/ durch den Ruß und Schmutz vieler Untugenden. Zornsucht. Er wurde so jagzornig/ daß er einen Juden/ der vor ihme einem Gallo etwas häftig patrocinirte/ stracks in die Tyber/ die unferne vor dem Ort vorbey flosse/ werffen liesse/ daher Domitius, als er dessen Stelle zu bekleiden/ von dem Clienten angesprochen worden/ ihm scherzweis also geantwortet: wer hat dir gesagt/ daß ich besser schwimmen könne/ als dieser Beschnittener? Tummheit. Er ward auch so blödsinnig/ daß er einsmals diesen Ausspruch gabe: Er falle denen bey/ die die Warheit geredet. Er machte sich hiemit so verächtlich/ daß die Zungendrescher ihn gemeinlich/ wann er abgehen wolte/ verbleiben hiessen/ und bey dem Mantel hielten/ auch einer einsmals sagen dorfte: Ihr seit ein Alter/ und ein Narr; wie er dann oft/ unter ihrem Gedrösche eingeschlaffen/ da er sonst gewönlich vor Mitternacht wieder erwachte/ und wenig schlieffe. Also pflage er auch/ vor dem Kaisertum/ in den Gastmalen zu entschlaffen/ da ihn die Mit-Gäste mit Obstkernen geworffen/ oder mit einem Rutenstreich aufgewecket/ und zugleich ihm härine Socken an die Hände gestecket: da er/ wann er gählings erwachet/ über das Gesicht fahrend/ sich gekratzet. Lächerlich ware auch/ daß er Titum Junium, der ihme einen Güldnen Becher an der Tafel entwendet/ damit gestraffet/ indem er ihme folgenden Tags/ da er wieder zur Malzeit kame/ nur irdine Geschirre vorsetzen lassen. Als er
Die Claudius-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Claudius, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 927