TA 1679, II (Skulptur), S. 42
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Die Claudius-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Claudius, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 924
eines Tages XX Edict hervorgegeben/ waren zwey darunter dieses lächerlichen Innhalts: daß man die Weinfässer wol verpichen solte/ und daß wider den Stich der Vipern nichts heilsamer sey/ als der Safft vom Taxbaum.
Unmässigkeit. Er hielte viel Gastmahle/ die er auf grossen breiten Plätzen anstellte/ daß gemeiniglich 600 Personen mit ihm speisen konten: da er nicht hinweg gienge/ bis ihm der Bauch und Magen wie eine Trummel sturtzeten/ worauf er dann alles wieder hinweg undeuete. Er hat auch ein Edict publiciren wollen/ daß einem jeden solte erlaubt seyn/ die Bauchwinde unter der Malzeit auszulassen: weil er vernommen/ daß deren Zurückhaltung einem war gar schädlich gewesen. Und weil er also der Ceres und dem Baccho ergeben war/ konte es nicht fehlen/ daß nicht auch Venus ihn zur Wollust erhitzet. Hierzu kame die Spielsucht; die ihme so verwandt ware/ daß er ein Buch de Aleâ geschrieben/ und befohlen/ daß man es in alle Bibliotheken nachschreiben solte.
Seine Frauen-Unterworffenheit. Sonsten hatte er das Unglück/ daß er den letzten zweyen Gemahlinen alles nachsehen muste: welche dann in Rom alle Aemter feil gemacht/ und allen Mutwillen verübet. Daher musten die beyde Liviae, seine Basen/ und am Tag seiner Hochzeit mit Agrippina, viel Ratsherren und Ritter sterben: da er/ als der Hauptman kame und sagte/ es wäre geschehen was er befohlen/ nichts mehr davon wissen wollen. Wie er dann auch/ als er die Messalinam hinzurichten geboten hatte/ bald hernach sie zur Malzeit beruffen lassen. Als Appius Silanus der Messalinae den Beyschlaff versaget/ schwure sie ihm den Tod/ und als sie nichts wider ihn aufbringen können/ muste Narcissus aussagen/ wie ihn geträumet hätte/ daß Appius den Kaiser erwürget. Dieser Narcissus, wie auch der Pallas, und Felix der Landpfleger in Syrien/ dessen das Buch von den Geschichten der H. Apostel gedenket/ waren aus seinen Freygelassenen/ seine geheimste Rähte worden/ durch die man alles auswircken konte/ und die ein grosses Gut an sich zogen. Daher/ als er einsmals über Geldmangel in der Rent-Cammer klagte/ einer ihme gerahten: Er solte trachten/ daß Narcissus und Pallas ihn in ihre Gesellschaft nähmen.
Seine Blutgier/ Letzlich wurde er auch noch ein Wüterich/ wiewol ihm die Blutgier angebohren schiene: massen er an den Mörderischen Fechtspielen groß belieben hatte/ und insonderheit oft die Menschen mit den Bestien kämpfen ließe/ da gemeinlich mehr Menschen als Thiere auf dem Platz blieben. Er sahe dem Henker-gemetzel so gerne zu/ daß er einsmals zu Tibur/ als kein Scharfrichter vorhanden war/ einen von Rom kommen lassen/ und bis gegen Abend auf denselben gewartet. Sein und Furchtsamkeit. durch soviel Lastere beflecktes Gewissen/ machte ihn gar furchtsam und argwänisch: Daher musten/ wann er Tafel hielte/ an stat der Aufwartere/ Soldaten hinter ihm stehen/ und ließe er niemand vor sich kommen/ der nicht zuvor ware besucht worden. Als auch in Dalmatien Camillus Scribonianus (der aber/ weil die Soldaten ihn verließen/
sich selbst erwürget) wider ihn aufrührte/ und ihm bedrohlich zuschriebe/ er solte der Regirung/ deren er nicht gewachsen wäre/ ablegen/ und ein Privat-Leben führen/ hat es nicht viel gefehlet/ daß er nicht aus Furcht gehorchet hätte: Da aber seine Freygelassene ihn wieder bemütiget. Als Messalina den Silium offentlich geheuratet/ ist er mit Zittern nach dem Wacht-Feldlager gelaufen/ ohne aufhören fragend/ ob man ihm die Regirung ferner lassen würde.
Sein Krieg mit Britannien. Einen Krieg führte er/ wider die Britannen: da er aber Aulum Plancum mit dem Heer vorangeschicket. Dieser/ nachdem er selbige Nation in den Nohtstall gebracht/ schriebe dem Kaiser/ er solte nun kommen und das Werk ausmachen/ damit er die Ehre des Siegs hätte. Also kame Claudius, überwande und entwehrte die Britannen/ und legte ihnen das Römische Joch auf/ ließe Plancum daselbst als Stathaltern/ und zoge mit einem herrlichen Triumf in Rom ein: welchen mit anzusehen/ nicht allein den Vorstehern der Provinzen/ sondern auch den Landverbannten/ um die solennitet grösser zu machen/ erlaubet wurde.
Ursachen Kaiser Claudius wäre noch gut genug gewesen/ wann ihn die zwey letzte Gemahlinnen nicht so sehr gemeistert: deren Ubelthaten ihm alle zugeschrieben wurden. Es reuete ihn auch letzlich/ daß er/ mit hintansetzung seines eignen Sohns Britannici, seinen Stief- und WahlSohn Neronem, erhoben hatte. Er umarmte auch Britannicum, wann der ihm begegnete/ und vermahnte ihn zum Aufwachstum/ hinzusetzend: Daß das Römische Reich einmal einen wahren Cäsar bekommen möchte. Er sagte auch einsmals/ als er beräuscht ware: Es sey ihme fatal und anerkohren/ daß er geile Gemahlinen dulten/ aber endlich straffen müste. und Vorzeichen Vorzeichen seines Todes waren/ ein Comet/ ein Donnerschlag/ der seines Vatters Drusi Grabmal getroffen/ und der Zufall/ daß in seinem letzten Jahr aus allen hohen Aemtern einer gestorben. Seine letzte Benennung der Burgermeistere/ langte auch nicht über das Monat/ in welchem er gestorben/ und sagte er im letzten GerichtSitz/ Er sey an das Ende der Sterblichkeit gelanget.
seines Todes. Agrippina konte/ aus vor-angezogener seiner Rede/ leichtlich ermessen/ daß es ihr und ihrem Sohn gelten würde. Demnach ihme vorzukommen/ ließe sie durch die Hexe Locustam ein unheilsames Gift bereiten/ und gabe ihm solches in Morgen oder Erdschwämmen zu essen: davon starbe er zu Sinuessa den 13 Octobr. A. C. 55/ seines Alters im 64 und der Regirung im 14 Jahr/ daran nur noch 2 Monat und 10 Tage gemanglet. Man verbarge seinen Tod etliche Tage/ bis Nero zum Kaiser bestätigt war: worauf dieser ihme/ wiewol mit einer vom Seneca gesetzten Oration, parentirt, und ward er unter die Götter gezehlet. Nero ließe dieses geschehen/ und nennte nachmals deswegen die Erdschwämme eine GötterSpeise/ weil Claudius dadurch zum Gott worden war.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Die Claudius-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Claudius, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 924
SandrartInformat. zur Quellenmarkierung:
Die Erläuterungen dieser Einzeldarstellung(en) auf der beigefügten Kupfertafel wurden von Sandrart oder einem seiner Redakteure verfasst.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 928Sein Bildnis/ Das inligende Bildnis dieses Kaisers/ ist abgesehen/ von einer Antichen Statuâ aus Marmor/ welche am Palast des Prinzen Borghese
Die Erläuterungen dieser Einzeldarstellung(en) auf der beigefügten Kupfertafel wurden von Sandrart oder einem seiner Redakteure verfasst.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 928