TA 1675, Lebenslauf, S. 18
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Der Lebenslauf, den Sandrart entgegen seiner auf Bescheidenheit zielenden Aussage wohl selbst verfasst hat (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 4), erfuhr durch Sigmund von Birken deutliche sprachliche Eingriffe wie aus dessen Korrespondenz und Tagebucheintragungen ersichtlich wird (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011). Die im Lebenslauf vertretenen Leitmotive von Geburts- und Kunstadel, von Tugendidealen, den Kontakten mit Herrschern und Gelehrten sowie der Idee einer neuen deutschen Kunst vor dem Hintergrund eines europäischen Lebenswandels stilisieren Sandrart zu einem würdigen Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (vgl. Meier 2004, S. 223–227). Besonders die Qualitäten von Sandrarts Malerei werden durch Georg Philipp Harsdörffer bezeugt (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 19 f.), vgl. dazu Schreurs 2010(c), S. 128–132.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 635
Leopoldo und Wilhelmo, in einer Landschaft beysammen/ an dem fürnehmsten Ort aufgestellet.
Seine zwey Stücke/ von S. Sebastian/ und der Apostel-Scheidung. Es stehet auch/ von der Sandrartischen Hand/ zu Landshut bey den P P. Jesuiten/ eine berühmte Tafel vom H. Märterer Sebastiano, wie auch von der Apostel-Scheidung: in welchem letzeren man mit verwunderung sihet/ wie S. Petrus seinem lieben Bruder S. Andreae um den Hals fället/ und mit Threnen-vollen Augen ihn abgesegnet; und erscheinet ihnen allen/ aus dem Himmel/ eine Gloria, sie in diesem Abschied-Leide zu trösten und aufzurichten. Als der Kön. Swedische FeldMarschall Vrangel A. 1648 selbige Stadt eingenommen/ hat Er sofort diese zwey AltarBlätter besuchet/ sich davor niedergesetzet/ sie lang beschauet/ und sowol den Künstler/ als die Kunst/ sehr gerühmet. Von diesem Werk/ sind vor-belobten Casp. Barlaei hier nachfolgende schöne Disticha wol zu lesen.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Der Lebenslauf, den Sandrart entgegen seiner auf Bescheidenheit zielenden Aussage wohl selbst verfasst hat (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 4), erfuhr durch Sigmund von Birken deutliche sprachliche Eingriffe wie aus dessen Korrespondenz und Tagebucheintragungen ersichtlich wird (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011). Die im Lebenslauf vertretenen Leitmotive von Geburts- und Kunstadel, von Tugendidealen, den Kontakten mit Herrschern und Gelehrten sowie der Idee einer neuen deutschen Kunst vor dem Hintergrund eines europäischen Lebenswandels stilisieren Sandrart zu einem würdigen Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (vgl. Meier 2004, S. 223–227). Besonders die Qualitäten von Sandrarts Malerei werden durch Georg Philipp Harsdörffer bezeugt (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 19 f.), vgl. dazu Schreurs 2010(c), S. 128–132.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 635
BarlaeusInformat. zur Quellenmarkierung:
Hier liegt ein Lobgedicht aus Caspar Barlaeus, Poemata (Amsterdam 1655, Bd. II, S. 264 f.) zugrunde (vgl. Klemm 1986, S. 135, Anm. 3, der auch auf die Aufwertung des Künstlers durch einige veränderte Formulierungen hinweist).In picturam Principis Pictorum
Excellentissimi,
In Barlaeus’ Originalwortlaut wird Sandrart noch mit der etwas abgeschwächteren Lobformel »eximii Pictoris« bezeichnet (Barlaeus, Poemata, Amsterdam 1655, Bd. II, S. 264; vgl. Klemm 1986, S. 135, Anm. 3).
Joachimi Sandrarti,
Quâ Apostolorum in omnes terras abitionem, Lan-
disbuti in templo Patrum Societatis Jesu,
Diese örtliche Bestimmung findet sich in Barlaeus’ Vorlage, den Poemata, nicht (vgl. Klemm 1986, S. 135, Anm. 3).
exhibet.
totque sacro-sancto Nomina sacra Deo.
His potuit peccans famulis resipiscere¶ mundus;
his ducibus mores induitille novos.
Hi sunt, qui faedâ mersas caligine terras,
nosque reos certae surripuêre neci.
Hi sunt, quos stygii tremuêre palatia Regis;
Impietas quorum concidit icta sonis.
Sal terrae, lux ista hominum est, & buccina¶ veri,
plurima & aethereae signa facesque viae.
Agricolas testesque vides, patresque piorum,
& celeres in totnuncia laeta pedes.
En abeunt, missi per rura, per oppida,¶ quisque,
intrepidus CHRISTI voce vocatus abit.
Dant dextram, dicuntque vale, mentemque¶ tonanti,
quilibet è coelo pectora tacta vovet.
Nil restat nisi flagra, cruces, tormenta, se-¶ cures:
sustinet hoc pretio spes animosa loqui.
Regnantumque minas, populiq; opprobria¶ spernunt:
& volupe est, Jesu sub Duce, cuncta pati.
Quae licet excellens Sandrarti dextera mun-¶ do
pinxerit in templis conspicienda tuis:
Hoc primum summumque reor, si maximus¶ orbis
quae sacri vates nos docuêre, velit.BarlaeusInformat. zur Quellenmarkierung
Hier liegt ein Lobgedicht aus Caspar Barlaeus, Poemata (Amsterdam 1655, Bd. II, S. 264 f.) zugrunde (vgl. Klemm 1986, S. 135, Anm. 3, der auch auf die Aufwertung des Künstlers durch einige veränderte Formulierungen hinweist).
SandrartInformat. zur Quellenmarkierung:
Der Lebenslauf, den Sandrart entgegen seiner auf Bescheidenheit zielenden Aussage wohl selbst verfasst hat (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 4), erfuhr durch Sigmund von Birken deutliche sprachliche Eingriffe wie aus dessen Korrespondenz und Tagebucheintragungen ersichtlich wird (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011). Die im Lebenslauf vertretenen Leitmotive von Geburts- und Kunstadel, von Tugendidealen, den Kontakten mit Herrschern und Gelehrten sowie der Idee einer neuen deutschen Kunst vor dem Hintergrund eines europäischen Lebenswandels stilisieren Sandrart zu einem würdigen Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (vgl. Meier 2004, S. 223–227). Besonders die Qualitäten von Sandrarts Malerei werden durch Georg Philipp Harsdörffer bezeugt (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 19 f.), vgl. dazu Schreurs 2010(c), S. 128–132.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 637Als unlang hernach A. 1649, nach dem leidigen dreißig-jährigen Kriegs-Ungewitter/ die liebe
lang-verlangee lang-verlangete güldene Friedens-Sonne das betrübte Teutschland wieder angeblicket/ und die Stände des Reichs/ samt den hohen Generalen der Er wird/ bey den Friedens-Executions-Tractaten/ nach Nürnberg beruffen: inn-und ausländischen interessirten Cronen/ theils in Person/ theils durch ihre fürtreffliche Abgesandten/ zur Execution und Vollziehung des Friedenschlußes/ sich nach Nürnberg versammlet: hat auch die/ mit vollen Ruhmstrahlen das Reich durchleuchtende Kunst-Sonne/ unser Herr von Sandrart/ von hoher Hand dahin beruffen/ daselbst sich einfinden müßen. Allhier bekame nun sein unvergleichlicher Kunst-Pinsel volle Arbeit/ und Gelegenheit/ sich der Welt verwunderbar zu zeigen.
Daselbst mahlet er/ Pfalzgr. Caroli Gustavi Bildnis zu Pferd/ in Lebensgrösse. Das erste/ so ihn daselbst exerciret/ ware das Contrafät des Durchleuchtigsten Pfalzgrafens und K. Swedischen Generalissimi Caroli Gustavi, hernach erwehlten Königs in Sweden/ in Lebensgröße/ auf einem nach Schul-recht courbettirenden Rappen sitzend: da Er/ nicht allein diesem Kronwürdigen Ritter/ mit allen Affecten und Gebärden/ auf das ähnlichste vorgestellet/ sondern auch das Roß/ mit dem Schaum vornen am Mund/ dem Feuer in beyden Augen/ und aller action, so preislich vorgestellet/ daß dasselbe/ in ansehung dieses gemahlten/ zu wiehern begunte/ als wann ein lebendes Pferd oder Stute zugegen gewesen wäre. Wovon der Große Carl Gustav anlaß nahme/ als etliche das Gemälde nicht sonders loben wolten/ zu ihnen zu sagen: Man sihet ja/ daß diß Pferd die Kunst bässer/ als ihr/ verstehet.
Er weiß/ im Bildnis-Mahlen/ die Natur-Mängel zu verstellen: wie zu sehen in den Contrafäten/ des Franz. Abgesandten H. von Servien, Gleichwie Er/ in seinen Contrafäten/ das ruhmwürdige wol herfür zu geben weiß/ also pfleget Er auch die Mängel der Natur/ sonderlich im Angesicht/ klüglich zu verbergen. Solches ist zu sehen/ in dem Contrafät des Kön. Französischen Abgesandtens Mr. de Servien, welchen Er/ weil er an einem Auge blind ware/ in Profil gebildet: damit dat das gute Aug gesehen würde/ und das schlimme verborgen bliebe. und eines Harffen-Musici, Also hat Er auch einen vornehmen Musicum auf der Harffe/ Provenzal genannt/ der von Natur blind ware/ und doch beyde Augen offen hatte/ welches ihm sehr übel anstunde/ in solcher Stellung vorgebildet/ als ob er im Harffenspielen eifrig niedersähe: wordurch er/ und zugleich mit dem Schatten des Hutes/ die Augen bedecket/ und ist gleichwol die Aehnlichkeit allerdings hervorgekommen.
Seine fernere Contrafäte/ des K. Suedischen FeldMarschall Vrangels/ Nächst diesem/ hat er auch daselbst abgebildet/ Ihre Excellenz den Kön. Swedischen FeldMarschall Vrangel/ in ganzer Statur, und vollem Harnisch/ neben dem blitz- und donnerenden Geschütze unerschrocken im Feld stehend/ und dem streitenden Gegentheil die Spitze bietend. des Käyserl. General-Leutenants Duca d’Amalfi, Ferner mahlte Er Ihr. Fürstl. Gd. den Käyserl. General-Leutenant Octavio Piccolomini Duca d’Amalfi, in Lebensgröße/ wie er seinen Obristen Ranft/ bey Regensburg/ in gemachte Bresche Sturm zu laufen/ commandiret. Uber diese/ hat Er auch auch aller anderer Generals-Personen/ Obristen und Cavalliere. alle andere Generals-Personen/ samt den fürnehmsten Obristen und Cavallieren/ und zwar allein auf Swedischer Seite wol Achzig/ (welche nachmals in dem Königlichen Palast zu Stockholm/ zum gedächtnis treu-geleisteter Dienste/ aufgestellet worden) gecontrafätet: und zwar diese mit solcher geschwindigkeit/
Der Lebenslauf, den Sandrart entgegen seiner auf Bescheidenheit zielenden Aussage wohl selbst verfasst hat (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 4), erfuhr durch Sigmund von Birken deutliche sprachliche Eingriffe wie aus dessen Korrespondenz und Tagebucheintragungen ersichtlich wird (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011). Die im Lebenslauf vertretenen Leitmotive von Geburts- und Kunstadel, von Tugendidealen, den Kontakten mit Herrschern und Gelehrten sowie der Idee einer neuen deutschen Kunst vor dem Hintergrund eines europäischen Lebenswandels stilisieren Sandrart zu einem würdigen Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (vgl. Meier 2004, S. 223–227). Besonders die Qualitäten von Sandrarts Malerei werden durch Georg Philipp Harsdörffer bezeugt (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 19 f.), vgl. dazu Schreurs 2010(c), S. 128–132.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 637