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TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 77

Spaltenübergreifend
Das IX Capitel.
Von
Den Affecten oder Gemüts-re-
gungen. Dans les éditions de 1675 et de 1683 (chap. 4, De Affectibus sive pertubationis Animi), conformément au modèle de Van Mander (Représentation des affects, mouvements de l’âme, désirs et soucis de l’homme) chap. 6 (Den Grondt, chap. 6, Wtbeeldinge der affecten, passien, begerlijckheden en lijdens der menschen.), Sandrart dissocie position et affect, et consacre un chapitre entier à ce sujet. Dans l’édition de 1679, l’expression des passions est en revanche traitée brièvement, comme dans de nombreux textes du XVIIe siècle, dans le chapitre sur la convenance de l’attitude, révélant ainsi le rapport étroit établi entre le mouvement et l’émotion dans la théorie de l’art depuis Alberti (Alberti, De pictura, Livre II, n° 41–42; voir aussi Heck 2006, pp. 221–231.Michèle-Caroline Heck, 25.02.2009
Innhalt.

Die Affecten oder Gemütsregungen/ sind in der Bild-Mahlerey zu beobachten: weil sie die Gestalt und Farbe ändern. Angenehme Affecten/ Freude/ Hoffnung/ Liebe: Wirkung derselben im Angesicht. Correspondenz des Herzens mit den Sinnen/ und Geburt der Affecten. Gestalt des Angesichts/ in Freud-Bewegung. Verdrüßliche Affecten: der Zorn/ und dessen Wirkung in der äuserlichen Gestalt: die Traurigkeit/ so die Schönheit tödet; die Furcht/ und Ursach des Aufstehens der Haupt-Haare; die Schamhaftigkeit und Angst/ samt ihren Wirkungen. Neun andere Gemütsregungen. Das Angesicht/ ist des Herzens Uhr-Zeiger: macht die Menschen und Nationen vor einander unterscheiden. Mahlere/ Oratores und Poeten/ haben einerley Zweck ihrer profession. Diese Wissenschaft/ machet einen fürtrefflichen Mahler.

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Die Affecten oder Gemütsregungen/ sind in der Bild-Mahlerey zu beobachten:ManderInformat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 9): Mander, Schilderboek, Wtbeeldinghe der Affecten, passien, begeerlijckheden, en lijdens der Menschen. Het seste Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 22v–29r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63109NAfR]. Sandrarts Text zeigt allerdings nur eine sehr grobe Orientierung an dieser Quelle. Insgesamt fällt eine starke Relativierung der physiognomischen Eigenheiten auf. Auch differenziert Sandrart die Anweisungen, die er anhand von (meist antiken) Beispielen gibt, nicht (vgl. hierzu auch Rivius, Alberti oder Philostrat). Besonders abweichend ist ebenso die Behandlung der Temperamentenlehre, die Mander nicht berücksichtig (vgl. hierzu auch Lee 1967 zu Leonardo, Lomazzo und Lebrun), vgl. Klemm, Notizen zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 77.Christina Posselt, 20.07.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 165
DEr kunstreiche Mahler/ soll nicht allein wol verstehen/ die vier Complexionen oder Natur-Arten des Menschen/ als Sanguineo, Cholerico, Phlegmatico und Melancholico, sondern auch/ wie und warum sich die unter einander vermischen. Die Wirkungen derselben/ werden ingemein die Affecten oder Gemüts-regungen genennet: weil sie/ wie die leibliche weil sie Gestalt und Farbe ändern. Zufälle dem Leib/ das Gemüt afficiren und bewegen. Diese Wissenschaft/ ist in unserer Kunst nicht zu verunachtsamen: sintemal dieselbe nicht geringe Veränderungen des Angesichts und der Gestalt des Menschen/ auch der Farbe/ verursachen.

Dergleichen Affecten sind die Freude/ Hoffnung Angenehme Gemütsregungen/ Freude/ Hoffnung und Liebe: deren Wirkung/ im Angesicht. und Liebe. Durch diese/ wird die natürliche Wärme/ samt den Geistern/ entweder langsam und allgemach/ oder aber schnell und geschwind/ zu Niessung Il s’agit certainement du terme Geniessung au lieu de Niessung ; dans l’édition latine, le terme ad fruitionem est utilisé.Michèle-Caroline Heck, 25.02.2009 der gegenwärtigen oder künftigen/ verlangten Dinge/ in den ganzen Leib ausgespreitet. Dann hierbey thut das Herz sich auf/ dem jenigen/ was es begehrt/ zu begegnen und es zu umfahen. Das ganze Angesicht wird erhöhet/ mit einer schönen Rosenfarbe. Dann das Herz/ welches mit den Correspondenz des Herzens mit den Sinnen/ und Geburt der Affecten. Sinnen in genauer Correspondenz stehet/ wann diese ihm die Gegenwart des verlangten Dinges/ ansagen/ sendet die dadurch aufgeregte Wärme in das Angesicht/ als den Sitz der Sinnen/ und verursacht damit eine Röte. Dann solche Gegenwart/ wird erstlich durch die Augen ersehen/ durch die Ohren vernommen/ mit Händen betastet/ und durch andere äuserliche Sinnen ergriffen/ und tritt zugleich durch diese Pforten in den innerlichen Sinn und Verstand: welcher es also fort dem Herzen ansaget. Dieses alles geschihet in einem Augenblick/ und ist hieraus die Geschwindigkeit der Lebens-geister mit Verwunderung zu beobachten.

Auf solche weise/ wird die Physiognomia durch die Affecten/ verändert/ die Gemütsregung

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aber durch äuserliche Objecten oder Gegenstände verursachet. Der Verstand beurtheilet/ was die Sinnen ergriffen/ und durch die Einbildungs-Kraft ihme zugesendet/ ob es gut oder böse sey: daraus dann Freude oder Verdruß entstehet. Daher wird nicht bald ein vernünftiger Mensch lachen/ es sey dann/ daß eine That oder Gespräch/ so ihm darzu Ursach gibt/ vorher gehe. Nachdem die Einbildungs-Kraft eine Form oder Gestalt des Dings/ so etwan erfreuen kan/ empfangen und gefasset hat/ bewegt und treibt sie das Herz: welches in dieser Bewegung sich gleichsam aufthut/ den erfreuten Gegensatz Da dieser Begriff in der lateinischen Edition an der entsprechenden Stelle nicht verwendet wird (vgl. Sandrart, Academia 1683, Kap. IV, S. 11), geht Michèle-Caroline Heck davon aus, dass es sich hier um einen Fehler Sandrarts handelt, vgl. den Kommentar von Michèle-Caroline Heck in der französischen Übersetzung.Christina Posselt, 22.08.2011 zu umfahen. Unterdessen wird/ durch diese Eröffnung des Herzens/ die natürliche Wärme/ samt den Geistern und dem Geblüte/ haufen-weis in den ganzen Leib ausgebreitet. Weil nun der meiste Theil dieser Wärme/ Geister und Geblüts/ Gestalt des Angesichts/ in Freudbewegung wie erwehnet/ zu dem Angesicht aufsteiget/ blehet sich dasselbe gleichsam auf und wird erweitert: die Stirn/ wird heiter/ glatt und frech; die Augen schimmern/ und werden hell; die Backen erröten/ als wann sie mit Zinober gefärbet wären; die Leffzen ziehen sich ein/ werden gleich und eben. Bey etlichen/ bekommen die Wangen oder Backen zwey kleine Grüblein: das geschihet/ wegen Zusammenziehung des Fleisches oder der Meuse an selbigem Orte. Und dieses alles/ ist wol zu beobachten.

Verdrüßliche Affecten: der Zorn; Unter den verdrießlichen Affecten/ ist der fürnehmste/ der Zorn: der zerstreuet Audegat (augmente) est utilisé dans l’édition latine.Michèle-Caroline Heck, 25.02.2009 auch die natürliche Wärme in dem Menschen/ aber viel geschwinder dessen Wirkung in der äuserlichen Gestalt; und ungehaltener/ als die Freude. Dann durch diesen/ werden die Feuchtigkeiten und Geister oftmals dermaßen entzündet/ daß davon die äuserliche Gestalt ganz glut-roht wird/ oder wol gar verbleichet. Da erscheinen feurige Augen/ ein Zusammenbeißen und knirschen der Zähne/ eine niedergezogene Stirn/ und ein zittrender Mund/ mit grimmigen Löwen-Gebärden.

die Traurigkeit/ Die Traurigkeit/ treibet das Herz in die Enge zusammen/ und macht die natürliche Wärme fast

Mander (Fortsetzung auf einer folgenden Seite)Informat. zur Quellenmarkierung
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 9): Mander, Schilderboek, Wtbeeldinghe der Affecten, passien, begeerlijckheden, en lijdens der Menschen. Het seste Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 22v–29r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63109NAfR]. Sandrarts Text zeigt allerdings nur eine sehr grobe Orientierung an dieser Quelle. Insgesamt fällt eine starke Relativierung der physiognomischen Eigenheiten auf. Auch differenziert Sandrart die Anweisungen, die er anhand von (meist antiken) Beispielen gibt, nicht (vgl. hierzu auch Rivius, Alberti oder Philostrat). Besonders abweichend ist ebenso die Behandlung der Temperamentenlehre, die Mander nicht berücksichtig (vgl. hierzu auch Lee 1967 zu Leonardo, Lomazzo und Lebrun), vgl. Klemm, Notizen zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 77.Christina Posselt, 20.07.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 165