TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 343
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).The beginning of this part of the text is on page 570
er/ als Liebhaber des Friedens/ von dannen nach Niederland gezogen/ und sich bey seinem alten Bekanten Rubens in fernere Familiarität eingelassen/ woselbst er in Helfenbein sehr fürtrefliche Werk Seine Werke. gemacht/ nämlich den Apollo, wie er der Daphine nachlauft/ und andere von 10. bis 12. Grupen oder beysammen stehende Bildern/ so groß als die größesten Elephanten-Zän/ dern aldorten/ die hüpscheste zu bekommen ertragen können. Er machte auch etliche runde Kändelein/ und eines sonderlich mit Bacchanalien, als dem Sileno, denen Faunis und Satyris auswendig gezieret/ ein anders aber/ wie der Natur/ als einer Mutter/ die Syrenen, Tritonen, und andere Strom- und Waßer-Götter die Früchten des Meers zum Opfer bringen/ mehr ein anders/ wie Pomona von Apollo und Iride besucht wird/ als die da in Gesellschaft beysammen seyn. Also auch/ wie Paris die Helenam entführet/ neben noch vielen andern mehr/ wobey auch weiters ein großes Crucifix gewesen/ so alles/ innerhalb zweyen Tagen/ um sehr hohen Wehrt verkauft worden.
Komt wieder nach Augstburg. Nach dem nun Petel sich also wol erholet/ auch mit seinem Ehgatten entzwischen sich wieder vereiniget/ und viel gute Gemälde von Rubens und von Dick zusammen gesamlet/ kame er wieder nach Augstburg/ allda er erst noch viel herrlichere Werke gemacht/ außer daß seine Gedanken/ in Nachfolgung der Rubensischen licentiosen Manier im Mahlen/ in seinem Bildhauen etwas zu liberal und frey gewesen Eine Anspielung auf die sinnliche, freizügige Darstellungsweise Rubens, der Petel weitestgehend folgte und in seine plastischen Arbeiten überführte (vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 901, Anm. 599, 15).. Dann obschon jemalen in den flachen Gemälden/ da man das Bild nicht umwendet/ noch alles besehen kan/ eine extravaganz zuläßig/ so ist solche hingegen im Bildhauen/ da das ausgehauene Bild rund umher besichtiget/ und zu allen Seiten gesehen/ auch gleich der Abgang oder Mangel an demselben verspüret wird/ gänzlich verbotten/ wie dann auch die Antichen diesen Fehler eifrigst geflohen. Gleichwol war er im Fundament der Antichen vor sich wol erfahren/ ließe aber je zuweilen/ den Unwißenden zu lieb/ etwas mit unterlauffen. Seine Werke wurden stark gesucht/ welche alle zu erzehlen allzu weitläuftig fallen Seine Werke daselbst. würde/ will also allein noch der fürnehmsten gedenken/ und unter andern eines stehenden Ecce homo, in Lebens-Größe/ gedenken/ wie auch eines sehr holdseligen Marien-Bilds/ mit dem Christkindlein/ so in Augstburg bey den Herren Patribus Dominicanis zu ersehen. Item/ bey denen Patribus Jesuitis, die Bildnuße des heiligen Sebastiani, Rochi, Ignatii und Xaverii, über Lebens-Größe. Mehr in der Baarfüßer-Kirchen/ oberhalb der Canzel/ ein Christkindlein mit dem Creutz stehend/ also auch ein S. Sebastian/ Lebens-Große/ und ein S. Florian und Christoph/ neben selbigen Altars Tachung; Bey S. Moritzen/ das Crucifix/ über Lebens-Größe: im Spital/ ein anders Crucifix/ von vier Spannen hoch/ darinnen er die Verscheidung unsers Seligmachers meisterhaft ausgebildet/ so daß der Leib/ Schwäre halben/ weit herabwarts hanget/ die Füße aber/ jeder mit einem besondern Nagel geheftet/ welches dann/ meinem Bedunken nach/ dergestalt verständig gemacht/
daß selbiges/ ganz von Silber nachzugießen/ nicht unbillich gewürdiget worden/ das ich/ zu Lob dieses fürtreflichen Petels/ als gewesener schönen Zier unsers Teutschlands/ noch in meinem Kunst-Cabinet behalte / wie auch ein dergleichen Crucifix Ihr Hochfürstl. Durchl. zu Pfalz-Neuburg/ mein Gnädigster Fürst und Herr/ in seinem Kunst-Cabinet
Die hier erwähnten Elfenbeinarbeiten sind vermutlich Teil der Sammlung Philipp Wilhelms von der Pfalz, die vom Kurfürstlichen Schloss in Düsseldorf über Umwege 1866 in das Bayerische Nationalmuseum gelangten; vgl. Feuchtmayr/Schädler 1973, S. 104 (freundlicher Hinweis von Dorothee Siebel)./ neben viel andern merkwürdigen Raritäten von Helfenbein/ in absonderlichen Ehren halten/ die ihme Herr Graf Fugger
Wen Sandrart mit dem »Herrn Graf Fugger«, der Philipp Wilhelm ein Kruzifix von der Hand Petels geschenkt hat, meint, bleibt unklar. Petel hat nachweislich für Oktavian Secundus Fugger gearbeitet./ aus sonderbarer Höfligkeit/ überlaßen hat/ wordurch dieses treflichen Künstlers zu noch unterschiedlich mahlen von allen durchpaßirenden Potentaten und Monarchen/ die selbiges besichtigen/ gedacht wird. Er entschlieffe endlichen in dem Herrn/ ungefähr nach Christi Geburt Anno 1636
Bisher wurde Petels Tod Ende 1634/Anfang 1635 vermutet (vgl. bspw. Feuchtmayr/Schädler 1973, S. 82, 92). Jüngst plädierte Anette Kranz aufgrund archivalischer Quellen für ein früheres Datum zwischen November 1633 und Mai 1634 (vgl. Anette Kranz: Georg Petel – Einige Anmerkungen zu Vita und Werk, in: Krempel/Söding 2009, S. 129–146, v. a. S. 131).SandrartInformat. on source text markers
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).The beginning of this part of the text is on page 570
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Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).VII. Leonhard Kern Bildhauer.LEonhard Kern ist aus einem Ort im Ottenwald gelegen/ bürtig gewesen/ hat sich lange in Italien aufgehalten
Der Italienaufenthalt dauert von 1609 bis 1614; Vgl. Kat. Sigmaringen 1988, S. 9 f./ und sowolen in der Bildhauer-Kunst/ darinn er bekannter maßen excellirt/ als auch in der Architectur geübet
Sandrart ist der einzige Biograph, der auf eine baumeisterliche Tätigkeit Leonhard Kerns verweist. Bis auf einem ihm (umstritten) zugeschriebenen Entwuf für einen Orgelprospekt hat sich kein Beleg für diese Angabe erhalten./ hernach aber in Teutschland in wahrender Kriegs-Unruh Seine Werke. viel ausgestanden
Angesprochen sein dürfte hier u.a. auch die Übersiedlung nach Schwäbisch Hall im Jahr 1620 und – damit verbunden – die Entscheidung sich vom Heidelberger Hof abzuwenden. Dort ist Friedrich von der Pfalz 1619 zum König von Böhmen gewählt worden und die Interessen verlagerten sich somit von Heidelberg nach Prag; Vgl. Kat. Sigmaringen 1988, S. 10 / S. 17.. Er hat sehr viele Bilder-Arbeit in Stein und Holz/ theils Lebens-groß/ theils kleiner/ verfärtiget
Ein Beispiel für eine kleinplastische Arbeit aus dem Œuvre Leonard Kerns ist die Skulpturengruppe Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg. Explizit weist diese in der Motivwahl auf die Schrecken des Krieges hin.
Im von Johann Jakob von Sandrart erstellten Nachlassinventar werden später »zwey von Helffenbein geschnittene Kindlein, vom alten Kern« gelistet; vgl. Peltzer 1925 (b), S. 162./ wie fast durch ganz Teutschland/ sonderlich auch zu Nürnberg/ da er die 4. Monarchien auf selbiger Stadt weitberühmten Rahthauses Portal in Stein gehauen/ welche allein verdienen/ daß er unter die berühmtiste teutsche Künstlere gerechnet werde. Ist endlich sehr alt/ und meines Seine Söhne/ Constantinus/ Wißens über 80. Jahr gestorben. Sein ältister Sohn Constantinus Kern/ so sich auf die Mahlerey begeben/ war eine schöne/ verständige und moderate Person/ ist/ nachdeme er aus Italien krank kommen/ zum theil wieder restituirt/ folgends durch einen unglücklichen Fall zu Würzburg/ wieder Bettlägerig worden/ und nach lang ausgestandener Schwachheit endlich in seinem Vatterland in der bästen Blühe seines Alters gestorben. Jacob/ Sein anderer Sohn Jacob Kern/ ein gleichfalls schöner/ verständiger und höflicher Mensch/ hat sich auf seines Vatters Kunst/ das Bildhauen/ begeben/ hierinn sehr/ sonderlich in Italien zugenommen/ auch darbey einer mehrern Freyheit/ als sein Vatter sich gebrauchet/ hat sich zu Nürnberg mit Georg Schwanhards Tochter Maria verehlichet/ und nach dern noch im ersten Jahr an einem Kind erfolgten Todesfall/ sich in Holland/ (allwo er zu Amsterdam in dem neuen Rahthaus viel schöne Werke gemacht) folgends in Engeland begeben/ allda abermal vor den König/ und andere fürnehme Liebhaber viel schöne Arbeit verfärtiget/ und endlich zu Londen/ als er eben wiederum anheim zu reisen wegfärtig gewesen/ gehling erkranket/ und ungefehr im 36. Jahr seines Alters verschieden/ da er dann mit einem rühmlichen monument begraben worden. Noch ein Sohn/ Namens Christoph. Christof Kern
Hier täuscht sich Sandrart. Der Name von Kerns Sohn lautet nicht »Christof«, sondern David Bernhard. Er stand im Kriegsdienst und zog danach unstet durch das Land; vgl. Kat. Sigmaringen 1988, S. 25 f./ dem vorigen Jacob in Gestalt allerdings ähnlich/ hat sich ins Soldaten-Leben begeben/ ist noch letzlich ein Leutenant gewesen. Ein anderer/ Namens Heinrich Kern hat studirt/ und meines Wißens endlich doctorirt.SandrartInformat. on source text markers
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).