TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 89
Von
Der Perspectiv-Kunst. Le chapitre sur la perspective occupe une place particulière dans la Teutsche Academie. Il n’est en effet présent que dans la première édition de l’ouvrage : aucun paragraphe n’est consacré à ce sujet dans l’édition de 1679, et le chapitre est complètement supprimé dans l’édition latine; voir Heck 2006, pp. 271–295.
Die Wissenschaft der Perspectiv, macht die Zeichenkunst vollkommen. Ist zweyerley/ und gehet/ entweder aus der Practica, oder nach den Regeln. Die Erste/ ist unsicher. Ohne Regeln kan nichts wichtiges vollbracht werden. Diese werden hier/ von den neuen Autoren/ so hiervon geschrieben/ abgesehen. Definition der Perspectiv-Kunst. Worinn sie bestehe. Anmerkung vom Aug-Punct. Pyramidal-Figur der Gesichtstrahlen/ und Regula Optica, von den Winkeln derselben. Practica der Perspectiv. Von der Haupt- und Parallel-Linie. Von dem Horizontal-Punct. Von dem Distanz Punct. Anweisung/ zum Quadrat-Perspectiv, und zu andren vielen Figuren. Wie die Größe der auf einander gesetzten Dinge/ nach der Höhe zu finden. Exempel dessen/ an den Statuen von Alexander und Bucephalo, und der Colonna Trajani.
SandrartInformat. on source text markers:
Das XV. Kapitel über die Perspektivlehre dürfte größtenteils auf Sandrart zurückgehen. Insbesondere die ersten beiden und der letzte Abschnitt sind ihm zuzuordnen (vgl. Sponsel 1896, S. 9). Inhaltlich hat sich Sandrart vor allem auf Abraham Bosses Manière universelle […] pour pratiquer la perspective 1648, Serlios Sette libri und Vignolas Le due regole gestützt, was für den Text, aber auch die beigefügten Kupferplatten und Illustrationen gilt. Einzelne Passagen, die sich genauer zuweisen lassen, sind entsprechend gekennzeichnet. Vgl. auch Heck 2006.Die Wissenschaft der Perspectiv macht die Zeichenkunst vollkommen. ES wird unnötig seyn/ mit vielen Umständen die Ursachen zu erzehlen/ warum ein jeder/ der eine gute Erfahrung in unserer Profession erlangen will/ mit beywürkender Wissenschaft der Perspectiv-Regeln/ alles sichtbarlicher/ gewißer und correcter ausbilden könne. Ist zweyerley/ und gehet/ Dann die Zeichenkunst wird nunmehr fast in zweyerley Manier geübet/ und erscheinet deswegen in der observation sehr ungleich. Etliche haben im entweder aus der Practica, gebrauch/ nur blind hin all’ aventure, ohne Regeln/ ihrem ungegründten Wahn und den Mutmaßungen der Augen/ in allen natürlichen Dingen/ (da doch solches Augengemerk dem Selbstbetrug sehr ergeben ist) nachzufolgen/ die nachmals keine ration noch demonstration des Effects/ wann das Werk verfärtigt ist/ davon zu geben wissen: und dieses wird genannt/ aus der Practica arbeiten. oder nach den Regeln. Hingegen werden gefunden/ die die andere Manier in Obacht nehmen/ wann sie nämlich alles/ vermittels der wahren Regeln/ mit beyfügung der Erkäntnis und Ursache des Effects solcher Arbeit/ hervor bringen. Diese Art und Weise/ heißet/ nach dem Perspectiv und deren Regeln verfahren.
Die erste/ ist unsicher. Ob nun wol diese beede Manieren im schwang gehen/ so ist doch die erste Art (wiewol sehr viele/ auch von den berühmtesten Künstlern/ gefunden werden/ die derselben sich bedienen/) nur ein blindes Wesen voll Ungewißheit/ deren man sich nicht untergeben soll. Es ist und bleibet auch eine lautere Ohne Regeln/ kan nichts wichtiges vollbracht werden. Unmöglichkeit/ daß einig wichtiges Werk/ ohne Vorwissen oder Beobachtung der wahren Regeln/ zu vollbringen sey: wie solte man dann/ ohne diesen Behuf/ in der Zeichenkunst ein vollkommener Meister können genennet werden? Also haben wir/ wie sonst in allem/ also auch in diesem/ an die unfehlbare sichere Regeln/ auser denen alles unrichtig
bleibet/ uns zuhalten. Ich will aber/ den gönstigen Leser/ nicht zu den alten verlegnen weitläuftigen und schwachen Manieren weisen/ deren unser altes Teutschland sich lang bedienet/ auch viel Bücher davon geschrieben: und gehen wir viel sicherer zu den nach und nach besser-erfundnen wahren und kürzern Regeln in die Schule/ derer ich mich in Diese werden hier/ von den neuen Autoren/ so hiervon geschrieben/ abgesehen. unserer Academie zu Rom bedienet habe/ nemlich des vortrefflichen Balthasar Peruzi, auch Sebastian Serlio
Peruzzi lieferte mit seinen Zeichnungen antiker römischer Bauwerke wichtige Grundlagen für Serlios Sette libri; vgl. dazu Ann Claire Huppert: The Archeology of Baldassare Peruzzi’s Architectural Drawings, Diss. Phil. Univ. of Virginia 2001., Danti
Vgl. Dantis Le due regole della prospettiva, die erstmals 1583 in Rom erschienen., mit andern auch des-Argues großer Erfahrenheit/ in Frankreich durch A. Bosse in vielen Büchern fleißig beschrieben
Einige wichtige Erkenntnisse von Desargues’ aus der Perspektive abgeleiteten Projektiven Geometrie, die er 1639 in seiner Schrift »Brouillon project d’une atteinte aux événemens des rencontres du cone avec un plan« niederlegte, wurden 1648 von Abraham Bosse in seinem Werk Manière universelle […] pour pratiquer la perspective veröffentlicht.: deren die jenige/ welche ferner allerley/ sowol weitläufige/ als kleine absonderliche Theile/ zu erfahren verlangen/ sich bedienen können. Dann meine intention gehet nur kurz/ und alsviel notwendig ist/ eine große ganze Historie/ und die darzu gehörende Theile/ gründlich nach den Regeln zu verstehen und einzurichten; welche Praxis, Ubung und Gewonheit/ allezeit auf einer guten speculation und Wissenschaft soll gegründet seyn: worzu diese Perspectiv-Kunst die Pforte und der Eingang ist/ als ohn welche nichts in dieser Kunst correct kan zuwegen gebracht werden.SandrartInformat. on source text markers
Das XV. Kapitel über die Perspektivlehre dürfte größtenteils auf Sandrart zurückgehen. Insbesondere die ersten beiden und der letzte Abschnitt sind ihm zuzuordnen (vgl. Sponsel 1896, S. 9). Inhaltlich hat sich Sandrart vor allem auf Abraham Bosses Manière universelle […] pour pratiquer la perspective 1648, Serlios Sette libri und Vignolas Le due regole gestützt, was für den Text, aber auch die beigefügten Kupferplatten und Illustrationen gilt. Einzelne Passagen, die sich genauer zuweisen lassen, sind entsprechend gekennzeichnet. Vgl. auch Heck 2006.
Definition der Perspectiv-Kunst.Es ist aber die Perspectiv eine Kunst/ welche durch die delineation/ auf einer Fläche/ ein jedes sichtbares Ding also vorstellet/ wie es eigentlich dem Gesicht in gewißer Distanz oder Weite vorkommet: oder/ die da zeichnet oder entwirfft die Figur/ so sich begibt und formirt wird in der gemeinen durchschneidung der Pyramidalischen Strahlen des Gesichtes/ mit dem Plan oder der Fläche/ welche sie durchschneidet.
Worinn sie bestehe? Denmach so bestehet die Perspectiv darinn/ daß man/ auf einer Fläche/ ein jedes sichtbares objectum oder Gegenwurf/ also entwerfe/ wie es in gewißer Distanz, durch dieselbe Fläche/ wann sie durchsichtig wäre/ gesehen würde.