TA 1675, Lebenslauf, S. 13
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Der Lebenslauf, den Sandrart entgegen seiner auf Bescheidenheit zielenden Aussage wohl selbst verfasst hat (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 4), erfuhr durch Sigmund von Birken deutliche sprachliche Eingriffe wie aus dessen Korrespondenz und Tagebucheintragungen ersichtlich wird (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011). Die im Lebenslauf vertretenen Leitmotive von Geburts- und Kunstadel, von Tugendidealen, den Kontakten mit Herrschern und Gelehrten sowie der Idee einer neuen deutschen Kunst vor dem Hintergrund eines europäischen Lebenswandels stilisieren Sandrart zu einem würdigen Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (vgl. Meier 2004, S. 223–227). Besonders die Qualitäten von Sandrarts Malerei werden durch Georg Philipp Harsdörffer bezeugt (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 19 f.), vgl. dazu Schreurs 2010(c), S. 128–132.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 621
dergleichen alda vorher wenig Künstlere von sich scheinen lassen/ hochgeschätzet/ geehrt und gepriesen Seine fürtreffliche daselbst verfärtigte Werke. worden. Er stiftete auch alda manch schönes Gedächtnis seiner Kunst: sonderlich/ auf des Clevenirs Duelle, das große Werk von einer Compagnie Burger/ welche die Königin in Frankreich/ Mariam de Medices, in Amsterdam eingeholt; wie nicht weniger vom Herrn Fontaine, bey dem berühmten Liebhaber Herrn von Bicker Zu erwähnen sind an dieser Stelle die vier auf 1639 datierten Bildnisse von Angehörigen der Familie Bicker., und noch viel andere. So hat Er auch den in aller Welt berühmten Swedischen Abgesandten Herrn von Spiring/ samt seiner Gemahlin/ als unvergleichliche Liebhabere dieser Künste/ sehr natürlich in Lebensgröße gecontrafätet.
Es wolte aber/ die Göttliche Vorsehung/ unsern H. von Sandrart auch daselbst nicht lassen. Dann als Ihme/ das Landsaßen-Gut Stockau/ bey Ingolstadt im Pfalz-Neuburgischen Gebiet/ erblich angefallen/ hat Er/ mit großem Leid aller Er verläst Holland/ Kunstliebenden Amsterdamer/ (wie es die in Druck verfärtigte Klagschrift und überaus-sinnreiche Reim-Gebände Jost Vondels bezeugen) sich dahin begeben müßen/ um diesen Adelsitz zu bewohnen/ und demselben vorzustehen. Er hat aber daselbst/ alle seine Kunstwerke/ auf inständiges Bitten und anhalten der Kunst Liebhabere in Amsterdam/ gegen hochwichtigem baarem Wehrt/ hinterlassen: überläst in Amsterdam seinen Kunst-Vorraht/ um 22621 Gülden/ massen ihme/ von dem vorgedachten Swedischen Abgesandten Herrn von Spiring/ 3500 Gülden für zwey Buch Italiänischer Handriße/ in dem Ausruff aber/ 4555 Gulden für andere von einem und andern erkaufte Handriße und Kupferstiche/ und für die noch übrig-habende rare Gemälde 14566 baare Gulden bezahlt worden; worauf Er/ in ausbegleitung vieler Personen/ sich auf die Reiße begeben.
Er fande/ in so betrübten Zeiten/ sein Land-Gut ganz verderbt/ und muste Er seinen gepressten beziehet und reparirt sein Adelich Gut Stockau: Unterthanen mit eigenen baaren Mitteln wieder aufhelfen/ auch alles von neuem in Bau führen und repariren: welches Er gern thäte/ in Hoffnung/ dasselbe desto eher anzubringen und zu verkauffen. Aber es erfolgte weit ein anders. Dann/ als nun alles wieder in flor und gutem Wesen stunde/ kame im letzten Bayrischen Krieg A. 1647 ein neues Ungewitter/ und wurde/ unangesehen Stockau neutral das wird zu andernmal verbrannt und eingeàschert/ und im Pfaltz-Neuburgischen Gebiete/ das Schloß/ samt der ganzen dazu gehörigen schönen Hofmark/ auch der Unterthanen 37 schönen Gebäuden und Mühlwerken/ aus Bosheit und ohne einige Ursach/ von den daselbst durchziehenden Franzosen/ wieder angesteckt/ verbrannt und in die Aschen geleget: welches Er/ von einem Thurn zu Ingelstadt/ dahin er seine Mobilien geflehet hatte/ nicht ohn herzbrechenden Wehmut/ ansehen müßen. Als aber/ im folgenden Jahr/ der langgewünschte Friedens Bote angeländet/ hat Herr von Sandrart sich aufs neue daran gemacht/ und alles viel herrlicher und bequemer aufgebauet/ als es zuvor gestanden.
und endlich an H. Baron von Mayr verkauft. Letzlich/ weil Er zu einigem Leibs-Erben keine Hoffnung hatte/ hat Er dieses Adeliche Landgut und Hofmark Stockau/ samt allen Unterthanen/ an seinen vertrauten vornehmen Freund/ den Kunstliebenden
und Hoch-qualificirten Freyherrn von Mayr verkauffet/ und sich in der löblichen Käyserlichen Er begibet sich nach Augsburg. freyen Reichs Stadt Augsburg häuslich niedergelassen.
Es hat aber unser Herr von Sandrart/ unter solchen Läuften und Verrichtungen/ vorgemeldte seine Studien nicht aufgegeben/ sondern/ soviel die obhabende Oeconomie, und die zustossende Rechts-Processe/ (an die Er die nächtliche Stunden verwendet/ und dieselbe/ durch eigene Verfassung benötigter Schrifften/ glücklich hinaus geführet) zulassen wollen/ der Mahlerey fleißig obgelegen: wovon viele/ sowol für Weltliche Potentaten/ als Geistliche hohe Stands-Personen/ in Kirchen und andere der Devotion oder Kunst gewidmete Oerter/ verfärtigte Stücke/ noch reden können.
Also mahlte Er/ für S. Churf. Durchl. Maximilian in Bäyrn/ (welcher/ wie alle seine Vorfahren/ nicht allein ein sonderbarer Kunst-Liebhaber/ sondern auch ein höchstverständiger Künstler gewesen/ und daher unsern Herr von Sandrart sonders Seine Werke: die XII Monate/ samt Tag und Nacht/ und ein Altar-Blat/ zu Schleißheim/ für Chur-Bayren. geliebet
Dem Auftrag für die Monatsbilder gingen Sandrarts Portrait des Kurfürsten und das seiner Ehefrau voraus./ die zwölf Monate/ samt Tag und Nacht in Lebensgröße: zu auszierung des großen Saals in Schleißheim: neben einem kleinen Altar-Blat in der Capelle daselbst/praesetirend Mariam und ihr Kind JEsum/ welches von Johanne Baptista, in beyseyn S. Annae und Josephs/ ein schönes Lämlein empfähet. Dieses waren solche Werke/ daß die Natur selbst darüber erstaunet: massen/ als Er/ im November besagter XII Monate/ einen Jäger gebildet/ der/ unter anderm gefangenen Wildbrät/ einen Hasen über den Rucken hinabhangend truge/ und der Churfürst/ als ihm solches Stuck neben den andern von Amsterdam eingelanget/ dasselbe eröffnet und beschauet/ die eben beywesende Windspiele/ den Hasen für natürlich und lebendig haltend/ darnach gesprungen und gebissen.Ein von ihm gemahlter Hase/ reitzet die Windspiele. Diese zwölf Monate sind nachmals in Holland zu Kupfer gebracht/ und von den beyden trefflichen Poeten Barlaeo und Vondel, mit Lateinischen und Nieder-Teutschen Unterschriften bezieret worden; wovon die ersten diese nachfolgende gewesen:SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Der Lebenslauf, den Sandrart entgegen seiner auf Bescheidenheit zielenden Aussage wohl selbst verfasst hat (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 4), erfuhr durch Sigmund von Birken deutliche sprachliche Eingriffe wie aus dessen Korrespondenz und Tagebucheintragungen ersichtlich wird (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011). Die im Lebenslauf vertretenen Leitmotive von Geburts- und Kunstadel, von Tugendidealen, den Kontakten mit Herrschern und Gelehrten sowie der Idee einer neuen deutschen Kunst vor dem Hintergrund eines europäischen Lebenswandels stilisieren Sandrart zu einem würdigen Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (vgl. Meier 2004, S. 223–227). Besonders die Qualitäten von Sandrarts Malerei werden durch Georg Philipp Harsdörffer bezeugt (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 19 f.), vgl. dazu Schreurs 2010(c), S. 128–132.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 621
BaerleInformat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde:
Baerle, Poemata 1646, S. 507–511.
Baerles Gedichte erschienen erstmals in der Stichfolge nach den 12 Monaten, die Sandrart 1645 verlegt hat; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 808, Anm. 378,13.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 633In Menses Duodecim
à Joachimo Sandrartio à Stockau
Der Zusatz »à Stockau« ist die einzige Ergänzung zum Wortlaut des Gedichts in den Poemata von Barlaeus; vgl. Klemm 1986, S. 103, Anm. 4. pi-
ctos, & Bavarorum Ducis filio
inscriptos.
& pietas certam spem facit ipsa sui:
Accipe Zodiaci menses & sidera, Princeps!
& toto solis tramite sospes age.
Qui puer imperii tot signis emicat, illi
fas est signiferi tot famulare faces.
JANUARIUS.
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde: Baerle, Poemata 1646, S. 507–511. Baerles Gedichte erschienen erstmals in der Stichfolge nach den 12 Monaten, die Sandrart 1645 verlegt hat; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 808, Anm. 378,13.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 633