TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 250
Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 18): Mander, Schilderboek, Het leven van Hans Holbeen, uytnemende Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 220v–224r [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632YTzzP8]. Sandrart ergänzt van Manders Ausführungen an vielen Stellen (vgl. die ausgewiesenen Markierungen), doch lässt er auch einige Informationen aus.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 469
er dem Moro die Geschenke wieder zuruck gabe/ sprechend: weil ich den Meister selbsten hab/ will ich leichtlich mein Verlangen erhalten.
Komt in große Gnad bey dem König. So hielte nun der König den Holbein in hohem Wehrt und erfreute sich/ einen so treflichen Künstler bey sich zu haben/ ließ ihn sehr viele Contrafäte verfärtigen/ so zu Londen noch zu sehen seyn Siehe hierzu das 1537 entstandene Familienbildnis Heinrichs VIII., das Sandrart weiter unten nochmals explizit erwähnt.; Ja es nahme die Gnade des Königs gegen den Holbein immer zu/ weil er von ihme allerseits vergnügt wurde/ wie diese Königliche Gewogenheit allein mit nachfolgender Geschicht bestättiget werden kan: Es geschahe/ daß auf eine Zeit ein Engelländischer Graf kommen/ den Holbein zu besuchen/ weil er begierig ware/ deßen Kunst/ oder dasjenige/ so er unterhanden hatte/ zusehen/ welches Holbein doch/ weil er nach dem Leben contrafätete/ und gerne heimlich behalten wolte/ ganz nicht gelegen war/ derenthalben er solches dem Grafen zwey oder dreymal/ mit aller Höflichkeit/ für dieses mal abschluge/ und sich entschuldigte/ bittend/ ihm dieses nicht in argem aufzunehmen/ er wolle ihme ein ander mal gerne aufwarten/ aber was für freundliche Entschuldigungen Holbein auch fürwandte/ ließe der Graf nicht nach/ sondern wolte mit Gewalt die Stiegen hinauf gehen/ in Meinung/ seine Person solte von einem Mahler beßer beobachtet werden/ Holbein aber verstunde die Sach nicht recht/ und da er ihn nochmals gewarnet/ er solte von seinem Vorhaben abstehen/ der Graf aber fortfuhre/ ergriffe er ihn und wurf ihn die Stiegen hinab/ der im Fall auf Englisch sich GOtt befahle/ und ruffte: O Lord have Marci oppan me! Seine Edelleute und Diener durch diesen greulichen Fall erschrocken/ hatten mit ihrem Herrn so viel zu thun/ daß Holbein unterdessen seine Thür fest verrigelte/ und zu oberst bey dem Tach-Fenster hinaus stiege/ in Eile zu dem König lauffend/ und selbigen um perdon bittend/ ohne daß er/ was geschehen/ vermeldet/ obwol der König zu unterschiedlichen malen gefragt/ doch perdonirte ihn seine Majestät/ eh und bevor er der Sachen berichtet ward; Nachdem er aber des Verlauffs verständiget/ stellte er sich/ als obs ihn gereute/ daß er selbigen so schlecht perdonirt hätte/ und sagte: Er solte sich forthin nicht mehr solches unterfangen/ hieße ihn doch nicht von dannen weichen; sondern in einer der nächsten Cammern verbleiben/ biß daß Bericht einlieffe/ was es mit dem Grafen für eine Beschaffenheit habe; Kurz hernach wurde derselbe in einer Roßbahre zerquetscht und verbunden für den König gebracht/ der sich bey dem König über den Mahler beklagte/ seine Sach/ aufs bäst er konte/ fürbringend/ und viel von der Warheit fürüber gehend/ welches der König wol vermerkte. Am Ende dieser Rede begehrte der Graf von dem König/ daß er den Holbein straffen wolte/ als der sich an seiner Person höchlich vergriffen/ und da der König sich nicht allzu geneigt verspühren ließe/ gabe der Graf soviel zu verstehen/ daß er sich selbst revanchiren wolte/ worauf der König sich wegen geringen respects des Grafen erzürnet/ als der sein eigner Richter seyn wolte/ und die Person des Königs zum Urtheil nicht gut genug achtete/ mit bedrohlichen Worten sagte: Jetzt habt ihr mit keinem
Holbein zu thun/ sondern mit meiner Königlichen Person selbst/ meint ihr/ daß mir so wenig an diesem Mann gelegen sey? Ich sage euch/ Graf/ daß ich aus sieben Bauren/ wann mirs geliebt/ sieben Grafen kan machen/ aber aus sieben Grafen nicht einen einigen Holbein; worüber der Graf erschrocken/ um Gnad gebetten/ und in allem nach des Königs Gefallen zu leben angelobet/ der ihm anbefohlen/ daß er sich ja nicht unterstehen solte/ an den Holbein einige Rache zu suchen/ oder auch andere suchen zu machen/ dann er solches alles/ ob widerführe es seiner Königlichen Person/ ausdeuten würde.. Eine ähnliche Anekdote, die den Kunstadel thematisiert, jedoch weniger dramatisch ausfällt, findet sich auch in der Vita Dürers, ebenfalls in einer Passage nach van Mander (vgl. TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 224 und Mander, Schilderboek, Het leven van Albert Durer, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Bouw-meester, van Norenburgh, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 208v [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632V8MQKt]); Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 829, Anm. 429,9 f.
Seine Werke in Engelland. In wärenden diesen seinen Diensten hat er König Heinrich den Achten in Lebens-Größe so wol gecontrafätet/ daß jeder/ so selbiges Bild ansihet/ darüber erstaunet/ weil es ganz lebhaft scheint/ und ob sich der Kopf und alle Gliedmassen rührten. Noch ist allda im Palast Withall ein Werk/ das selbst seinen Meister preist/ und zeigt/ daß er ein rechter Apelles gewesen seye; Er hat auch sehr künstlich gemacht König Heinrichs drey hinterlassene Prinzen und Prinzessinnen/ als Eduardum, Maria und Elisabeth Von Elizabeth, der späteren Königin, sind keine Porträts von Holbein dokumentiert; vgl. Mander/Miedema 1994–99, Bd. III, S. 118./ die auch eben daselbst zu sehen seyn/ viele große Herren und Frauen seyn auch von seiner künstlichen Hand gemacht/ ingleichen steht zu Londen in der Wundärtzte Saale von ihm ein sehr herrliches Stuck/ da der Obriste von der Gild oder Zunft die Privilegien empfängt/ hier sitzt der vorgenannte König Heinrich so groß/ als er war/ auf einem herrlichen Thron/ mit einem Teppich unter seinen Füßen/ vor ihme kniet dieser Obriste/ der dem König ihre Privilegien reichet/ die einer von den Obermännern scheint mit grosser Ehrerbietigkeit zu empfangen/ und obwol etliche meinen/ daß Holbein dieses Stuck nicht selbst geendiget habe/ sondern/ daß es nach seinem Tod ein anderer vollzogen/ so ist doch gewiß/ daß derjenige/ so es gemacht/ er sey auch wer er wolle/ aufs wenigste dem Holbein so nahe gekommen/ daß eines von dem andern nicht leicht zu unterscheiden ist.
Noch mehr seine Werke. Es sind auch noch in unterschiedlichen Herren Häusern so viel fürtrefliche Contrafäte von seiner Hand zu sehen/ daß sich darüber zu verwundern ist/ wie er immermehr soviel hat machen können/ neben dem/ was er für die Goldschmied/ Mahlere/ Holz und Kupferstecher und andere gezeichnet/ oder in Wachs posirt. Sonsten mahlte er von Oel und Wasser-Farbe/ und ware nicht minder Kunst-reich in klein oder miniatur; die er zwar noch nicht gekönt/ da er zu dem König gekommen/ weil er aber einen daselbst gesehen/ der Lucas geheißen/ so in dieser Kunst sehr fürtreflich war/ probirte er sich auch darinnen/ und weil er besser in Zeichnungen/ Stellungen/ Verstand und andern war/ kam er diesem Lucas gar bald vor/ und zwar so viel/ als die Sonn den Mond übertrift. Ferner sind zu Londen von ihm in Wasserfarb auch zwey herrliche Stuck/ eines der Triumph des Reichtums/ das Der Wagen des Reichtums/ andere der Stand der Armut/ der Reichtum ist durch den Pluto oder Dis fürgebildet/ in Gestalt eines alten kalköpfigen Mannes/ der auf einem zierlichen Antichen vergulten Wagen sitzet/ so mit einer
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 18): Mander, Schilderboek, Het leven van Hans Holbeen, uytnemende Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 220v–224r [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632YTzzP8]. Sandrart ergänzt van Manders Ausführungen an vielen Stellen (vgl. die ausgewiesenen Markierungen), doch lässt er auch einige Informationen aus.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 471