TA 1679, Metamorphosis, S. 17
Von dem Mercurius.
Vom Herkommen des Mercurius. DIeweiln unser Poet allhier den Mercurius aufführet: wird sich nicht unfüglich schicken/ zu besehen/ wer er gewest/ und was dardurch verstanden werde. Es stimmen aber überein Hesiodus/ in seiner Theogonia/ Orpheus und Homerus/ in ihren Lobgesängen der Götter/ Mercurius sey ein Sohn Jovis und der Nymphe Maja/ einer Tochter des Atlas. Er ist für des Jupiters Botten/ und einen sehr behenden Dieb/ gehalten worden. Lucianus schreibet/ in seinen Gespräche zwischen dem Apollo und Vulcan Gemeint sind hier die Göttergespräche./ es scheine/ als sey er gleichsam schon in MutterLeibe auf Diebsgriffe und Mittel bedacht gewest: Sintemal er/ stracks nach seiner Geburt/ dem Neptun das Schwert aus der Scheide/ des Königs Admetus Küh und Ochsen/ die Apollo in Verwahrung hatte (welchen er auch/ weiln er ihn zu schiessen drohete/ Bogen und Pfeilköcher darvon trug) seiner eignen Mutter und Schwester die Hemder aus der Badstube/ und dem Vulcan die Zange unter den Händen weg gestohlen. Kaum war er geboren/ da fing er schon an mit dem Cupido zu ringen/ schlug ihme bald ein Bein unter/ und warff ihn also zur Erden. Der Venus nahm er/ als sie ihm einen Kuß gab/ ehe sie es gewahr ward/ ihren Gürtel. Und weil Jupiter die Venus deswegen auslachte/ stahl er auch diesem seinen Königlichen Scepter/ und solte ihm auch den Donnerkeil genommen haben/ wann er sich nicht zuverbrennen gefürchtet hätte. Einsmals entritte er einem ein schön Pferd/ Mercurius ein Gott der Diebe. und gab darfür einen schäbigen Esel. Einem neulich verheyratetem Manne entführte er seine schöne Frau/ und gab ein altes zahnloses Weib darfür/ darum wird er auch genennet ein Gott der Diebe: wie Homerus/ in seinen Lobgesängen der Götter anzeiget/ wann er schreibet:
daß man dich einen Hernn der Dieb’ hinfort¶ wird preisen. Die deutsche Übersetzung dieses Doppelverses, den van Mander auf Niederländisch wiedergibt (Mander, Schilderboek, Van Mercurius, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 9v f. [Accessed: 2012-03-16. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/66D0CdSSH]), dürfte mit Unterstützung des von dem für diesen Teil zuständigen Redaktors verfasst worden sein. Für den Zweiten Hauptteil wurden hier zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold vorgeschlagen (vgl. Laufhütte 2011, S. 19).
Er war der erste/ so die Wahren und Handels-Sachen/ wiewol nicht ohne eingemengten Betrug/ nach Mercurius Gott der Kauffleute. Gewichte und Elen/ zu verkauffen/ aufbrachte: dannenhero er für den Gott der Kaufleute auch gehalten wird. So werden ihm gleichfalls vieler Künste Erfindungen zugeeignet. Die Laute soll er/ von einer todten Schild-Kroten/ auf dem Nilus/ gemacht haben: worfür/ oder in dero Ermanglung/ er/ in dem/ wegen des Ochsen Diebstahls/ mit dem Apollo/ wieder gemachten Frieden/ sich bediente des Caducei oder beschlängelten Herold-Stabes: welcher die Krafft hatte/ daß er zwo strittige Personen/ Thier/ oder Partheyen/ wann er zwischen beyde gelegt wurde/ befriedigen konte. Welches zu erfahren/ ihn Mercurius erstlich zwischen zwey hefftig mit einander kämpffende Schlangen warff/ die hiedurch augenblicklich Freunde wurden; also daß der Stab mit zweyen Schlangen umwunden/ und hernach allezeit Mercurius Erfinder unterschiedener Künste. für ein Zeichen des Friedens gehalten worden. Er hat auch erfunden die drey unterschiedene Musicalischen Töne/ als hoch/ mittel und tief/ oder grob.
Auch war er der erste/ so der Sterne Lauff beobachtete/ und den Jahren und Tagen ihre Gräntzen abmaß/ auch überdas die Menschen Gottsfürchtig und freundlich/ oder leutselig seyn/ lehrte/ weswegen denn Horatius Flaccus sagt:
des Atlas/ hast/ durch deinen süssen Thon/
zum erstenmal/ mit Kunst-gestimmten¶ Singen/
das wilde Volck der Menschen können¶ zwingen. Die deutsche Übersetzung dieser Verse, die van Mander auf Niederländisch wiedergibt (Mander, Schilderboek, Van Mercurius, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 9v f. [Accessed: 2012-03-16. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/66D0CdSSH]), dürfte mit Unterstützung des von dem für diesen Teil zuständigen Redaktors verfasst worden sein. Für den Zweiten Hauptteil wurden hier zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold vorgeschlagen (vgl. Laufhütte 2011, S. 19). Die Originalquelle Horaz, Od. I, 10 (Hymne auf Merkur).
Mercurius wird auch genennt Hermes/ auf teutsch Eine Übertragung Sandrarts – die niederländische Wortbedeutung stimmt jedoch damit inhaltlich überein (vgl. Mander, Schilderboek, Van Mercurius, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 9v f. [Accessed: 2012-03-16. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/66D0CdSSH]). so viel/ als ein Gott der Götter/ oder der Götter Advocat und Dollmetscher: und Mercurius ist so viel/ als ein Wort oder Rede. Cicero schreibet/ daß der Mercurius die Aegypter die Buchstaben/ und Weise zu schreiben gelehrt/ wie auch die Gesetze; und werde alldar/ von selbiger Nation/ genennet Thoit oder Theut/ wie Plato bezeuget.
Warum Mercurius des Jupiters Sohn. Damit wir aber recht verstehen/ was dardurch angedeutet werde/ so ist zu wissen erstlich: daß Mercurius/ der/ zum Behuf der mühsäligen oder sterblichen Menschen/ so gar viel nutzliche Dinge gethan/ und erfunden hat/ ein Sohn des Jupiters sey/ deutet an/ daß diejenige/ so sich befleissigen ihrem Nebenmenschen Wolthat und allerley Beyhülffe zu thun/ wahre Kinder Gottes seyn. Und weil die unverständige Heyden solche vortreffliche Kunsterfinder und wolthätige Beforderer gemeinen Nutzens/ in grosser Achtung hielten/ und Götter/ oder göttlich zu seyn vermeinten; als hielten sie ihrer viel für Kinder des Jupiters. Insonderheit haben sie auch fast allen Königen göttliche Ehre angethan/ Woher der Heyden Götter entsprungen. ihnen Tempel erbauet/ und sie gar angebetet: woraus dann die Poetische Götter ihren Ursprung genommen. Daß er der Wort-führer oder Götter-Botte Warum Mercurius der Götter Botte. genannt worden/ ist geschehen: weiln er die Menschen gute und göttliche Gesetze gelehrt/ und also gleichsam den Willen der Götter ihnen/ aus dem Himmel/ auf die Erden gebracht. Daß er ferner für der Diebe und Kauffleute Gott/ gehalten worden/ deutet an/ daß die Wolredenheit/ wann sie misbraucht wird allerhand Boßheit und Ungerechtigkeit/ Was sein Todten-aufwecken andeute. unter den Menschen/ verursachen und anrichten kan. Die Poeten dichten/ daß Mercurius/ mit seinem Stabe/ könne Todten aufwecken: aber der Verstand ist dieser/ die Lieblichkeit der Rede oder Wolredenheit habe eine solche Krafft/ daß sie den Blöden und erschrockenen ein Hertz und Muht erwecken/ und selbige gleichsam wieder lebendig machen könne. Gestaltsam man vielfältig lieset/ von wolredenden Hoffleuten/ die mit künstlichen Vermahnungen ihren Kriegsleuten/ wann sie gewolt/ Warum er alle der Todten müsse zur Höllen leiten. ein männlich und unverzagtes Hertz ein geredt. Ingleichen wird gedichtet/ daß er alle Absterbende zur Höllen führe. Welches dahin mag verstanden werden/ daß man/ durch die Wolredenheit/ einem aufgeblassenen hochmühtigen Menschen den Muht benehmen und ihn erniedrigen könne. Wiewol diese Begleitung der Seelen zur Höllen/ oder zur Bewohnung neuer Leiber/ auch aus der Ursachen kan erdacht seyn/ daß er die Menschen gelehrt/ alles