TA 1679, Metamorphosis, S. 14
Geschrey. Jo Päan/ Jo Päan/ welches hernach iederzeit im Gebrauch blieben/ entstanden: wie unser Poet/ im seinem andern Buch der Liebs-Kunst/ erzehlet/ wann er singt:
das Gevögel/ so ich suchte/ ist mir in das¶ Netz gefallen.
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Natürliche Erklärung über den Python. Hierüber nun einige Ausleg- oder Erklärung zu geben/ so ist zu wissen/ daß Python im Griechischen/ eine Fäulung bedeute/ welche von allzuvieler Feuchtigkeit entstehet/ und von dem Apollo/ oder der Sonne/ vermittelst ihrer hitzigen Strahlen/ verzehret und weggenommen wird/ da sie anderer Gestalt grosse Kranckheiten verursachen solte.
Einige sagen/ daß dem Apollo/ in Tödtung dieses Pythons/ seine Schwester Diana zu hülffe Lehrliche Auslegung über das Tödten des Pythons. kommen/ und an demselben sich gerochen habe/ weiln er ihre Mutter/ die Latona/ da sie schwanger gewesen/ auf feindliches Anstifften der Juno/ verfolgt gehabt/ worvon wir/ im folgendem sechsten Buche/ handeln werden. Latona nun bedeutet eine Vergessung/ Python aber das mannigfältige Ubel und die vielen Beschwerden dieses elenden Lebens/ welche durch die Vergessung/ als ihre Kinder/ den Apollo und die Diana/ weggenommen werden/ denn Apollo alhier die durchdringende Lieblich- oder Anmuhtigkeit der Music/ Diana aber die Belustigung des Jagens andeutet/ welche zwey Dinge das menschliche Gemüht wunderbarlich belustigen können. Sonsten kan auch/ durch den Apollo/ oder durch die liebliche Säiten-Kunst/ verstanden werden/ eine schöne und wolberedte Vermahnung/ oder freundliche/ süsse und weise Trost-Reden/ so die verderbliche Kümmernüssen des Hertzens wegnehmen: durch die Diana aber/ die Nacht/ so durch den Schlaff die Gemühter erleichtert/ und vieler Erklärung des Streits über dem Schiessen des Apollo und Cupido. Traurigkeit vergessen machet. Anlangend den Wett-Streit des Bogenschiessens/ zwischen dem Apollo und Cupido/ ist selbiger anders nichts/ als der in der Welt sich ereigende Streit zwischen dem Nutzen und der Lust/ oder dem Nohtwendigem und Behäglichem. Der Phoebus-Strahl/ oder die Sonnen-Hitze/ ist dem menschlichem Leben überaus nutz und beförderlich. Dargegen sind die Strahlen der Liebe/ ob sie wol behäglich und annehmlich/ denen Sonnen-Strahlen/ so zur Fortpflantzung dienen/ zwar in etwas gleich/ und/ wann sie nemlich rechtschaffen und gemässigt sind/ in Erhaltung der Welt nutzlich; widrigen Falls aber/ viel zu gifftig/ und in allen mehr schädlich/ als vorträglich/ mehr verhinder- als forderlich: sintemalen sie die gesunde Vernunfft unterdrucken/ den Verstand verdüsteren/ und das Gemüht und die Sinne verblenden und gleichsam rasend machen. Also daß unser Poet/ die Grösse der Liebes-Krafft recht auszudrucken/ dieses Mährlein erdenckt/ Cupido habe/ mit dem guldenen Strahl/ die Sonne überwunden; dardurch andeutend/ daß der Mensch/ nach seiner verkehrten Art/ öffters mehr behertzige und nachtrachte seiner eignen Lust und eiteln Neigung/ als deme/ so ihme nutzlich/ bequem und zu seiner Wolfahrt dienlich ist. Nun dörfften wir wol nöhtig haben/ zu wissen/
wer dann dieser so mächtige Schütze sey/ der den Apollo dergestalt überwunden.
Von dem Cupido.
Unterschiedne Meinungen/ von der Ankunft des Cupido. PLato/ wie nicht weniger verschiedene/ unter den Poeten/ eignen dem Cupido ungleiche Eltern zu/ unter welchen doch einige nicht allzueinig mit sich selber sind: dann der uhralte Poet Orpheus saget/ sein Vatter sey der Saturnus. Und anderswo/ daß alle Liebe von der Venus herkomme. Pausanias spricht: Als die Venus aus der See kam/ wurde sie von dem Cupido bewillkommet. Und erzehlet weiter/ daß man den Cupido für den jüngsten/ unter den Göttern/ halte/ und er ein Sohn der Venus sey. Plato/ welcher/ an einem Orte/ zwar gedenckt/ man wisse nit/ wer die Eltern des Cupido seyn/ bekennet an einem andern/ man sage/ daß/ als einsmals die Götter/ mit einem Porus/ Gott des Uberflusses. herrlichen Banquet/ der Venus Geburts-Tag begangen/ Porus/ der Gott des Uberflusses oder Reichthums/ nachdem er des Nectars zu viel getruncken/ Penia/ Göttin der Armut. also berauscht im Vorhoffe des Jupiters herum spatzirend/ die Penia/ oder Göttin der Armut/ Eltern der angetroffen/ und geschwängert habe/ welche ihme nachmals den Cupido geboren/ der also fort der Venus/ als ein Aufwärter/ gegeben worden/ ihr/ in allen ihrem Begehren/ willigen Gehorsam zu leisten: und aus dieser Ursache solte er für ihren Sohn gehalten worden seyn. Sappho/ die künstliche Poetin/ machet ihn zum Sohne des Himmels und der Erde; Simonides aber/ des Martis und der Venus Sohn: Acusilas/ der Nacht und der Lufft; Alcäus/ der Zwietracht und des Zephyrus oder Westwinds. Cicero unterschiedenen Cupidines. nennet/ im Buch von Natur der Götter/ unterschiedene Cupidines/ und zwar von unterschiednen Eltern und Geschlechten: Den ersten/ von dem Mercurius und der Diana. Den andern von dem Mercurius und der Venus: Den dritten genannt Anteros/ von dem Mars und der Venus. Jedoch es werde von ihm gesagt/ was da wolle/ so stimmen gleichwol darinnen die meisten überein/ daß er der Göttin Venus erster Sohn sey; welche auch/ als sie ihn zur Welt gebracht/ von dem Jupiter deswegen übel angefahren worden: dieweiln er aus des Kindes Gestalt urtheilte/ daß durch selbiges/ unter den Menschen/ grosse Bewegungen und Uneinigkeiten entstehen würden/ also daß viel besser wäre/ ihn zu tödten/ dann/ durch Erhaltung seines Lebens/ dem Verderben der Menschen seinen Lauff zu lassen. Fabel des Cupido Auferziehung betreffend. Weil nun die Venus sich für des Jupiters Drohen fürchtete/ trug sie den Cupido heimlich in eine wilde Einöde/ allda er mitten unter/ und von den wilden Thieren ernähret und gesäuget wurde; daher er dann/ zu samt der Milch/ auch ihre Grausamkeit mit eingesogen/ und ihrer Natur und Eigenschafften theilhafftig worden. Sobald er den Bogen handeln konte/ machte er ihm selbst einen von Eschen- die Pfeile aber/ aus Cypressen-Holtz/ und übte sich erstlich/ wilde Thiere zuschiessen: nächst welchen er begunte auch in den Städten der Menschen Hertzen zutreffen. Endlich kroch und verbarg er sich in einen klumpen Gold/ womit er die ganze Welt folgend unter