TA 1679, III (Malerei), S. 15
Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde, den Sandrart allerdings an vielen Stellen kürzt (vgl. Klemm, Notizen, zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 74): Mander, Schilderboek, Van der Actitude, welstandt, ende weldoen eens Beelts. Het vierde Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 11v–15r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630zlIFIR].Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 1004
Viel Verkürtzung der Bilder zu vermeiden. Vielfältige Verkürtzungen der Bilder/ besonders der Armen/ wann Platz genug verhanden/ verursachen dem Gesichte bald Irrungen: darum haben solches die Berühmste/ nach Möglichkeit/ vermeidet. Ordnung der Knien und Füssen. Es stehet/ an einem sitzenden Bilde nicht wol/ wann die Füsse weit von einander geordnet/ hingegen die Knie zusammen stossen. Der Weibsbilder Beine/ es sey gleich an sitzend: oder stehenden Bildern/ sollen erbarlich/ ohnweit von einander; iedoch lincks oder Von den Hüften und Achseln. rechtseitig gekehrt werden. Viel fürnehme Künstler haben wircklich geirrt/ an gerad stehend- wie auch ligend- und sitzenden Bildern/daß/ wann die rechte oder lincke Hüfft auswancket/ selbiger Seiten Achsel erhaben vorgestellt worden: da doch solches wider der Natur Vermögen/ und insgemein die Achsel der jenigen Seiten/ wo die Hüfft ausweichet/ Von den Achseln und Armen. niedriger/ als die andere/ seyn solle.
Der Arm von der niedrigsten Achsel vermag nicht über sich etwas zu verrichten: sondern Das Haupt soll sich nach der höchsten Achsel kehren. Kurtze Hälse zu meiden. der Arm von der höchsten Achsel/ vermag solches allein; und zwar auf selbiger Seiten/ wo die Hüft meist erhaben kommt. Denn wann das Haupt nach der höchsten Achsel kan gewendet werden: gibt solches dem gantzen Bilde ein angenehme Zierde. Die kurtze Hälse seyn gleichfalls zu meiden.
Arm und Hände/ Es sollen auch/ ohne Verrichtung grober harter Arbeit/ keine Bilder beede Arme oder Hände/ auch Füsse zu einer Verrichtung/ zugleich aufheben/ oder anwenden: sondern die vornehme Bilder sollen ihre Hände/ und Arme/ auf zweyerley weise/ regieren: Wilde verdrehete Bilder seyn verächtlich. wie auch nimmermehr ein Fuß gleichwie der ander stehen muß. Die wilde Posituren/ untereinander kreutzweis verwickelte/ verdrehete Gliedmassen und Bilder/ zeigen des Werckmeisters grossen Unverstand: weil die wahre Zier/ und deren Vollkommenheit In Beugung der Gliedmassen soll Vernunft und Bescheidenheit gebraucht werden./ solcher extravagantz oder Ausschweiffung nicht bedürfftig. Denn es will vielmehr die vernünfftige Erbarbeit Erbarkeit und Zier/ daß im übersich sehen/ umkehren/ und niederbucken des Haupts/ auch in dem Arm auf- oder niederheben/ und in den Fußtritten/ eine vernünfftige Bescheidenheit hervor Regeln für Füsse eines Last-tragendes Bildes. blicke.
Wann ein Bild etwas schweres aufhebt; so lehret die Natur dem Gewicht zu begegnen/ mit
mehrer Fortsetzung des einen Fusses. Hingegen spielet der ander Fuß/ auf welchen die Last ruhet/ gar nicht: sondern stehet fest/ zu seiner Sicherheit. Gleichfalls wann die Achsel eine Last trägt/ so kan der Fuß auf der Seiten/ wo die Last liget/ nicht Von gehenden und stehenden Bildern. spielen.
Die gehende Bilder sollen nicht weiter schreiten/ als eines Fusses Länge/ von einem/ zum andern. In allen den besten stehenden antichen Bildern/ befindet sich eine so rühmliche und angenehme Stellung/ als ob sie etwas wanckten/ und gehen wolten. Auch ist hiebey die Zierlichkeit der Füsse/ im stehen/ auf- und niederheben/ sonderlich aber im Dantzen/ mit geradem Leibe/ zubeobachten.
Im übrigen hat man der natürlichen Anweisung zu folgen/ auch in den Actionen/ Geberden/ Sitten/ Arbeiten/ und andren Bewegungen/ auf Person/ Stand und Alter zu sehen. In den übrigen ist iederzeit die Mutter der Natur/ für eine wahre Schul/ zu halten/ darinnen man mit Verstande immer nachzuforschen und zu lernen hat/ wie den Bildern die sittliche Action, und Arbeitsamkeit/ zu geben sey/ also das Hand und Finger wolständig wircken/ angreiffen/ nach vorhabendem Beruff/ und Arbeit/ als im tragen/ lauffen/ springen/ ihre schickmässige Geberde erweisen/ und zwar iedesmal auf die Art der Person/ oder des Amts/ oder Alters/ so wol als auf alle andre Umständigkeit gemercket/ und solches mit nöthiger Zier in den Wercken zu Nutzen gebracht werde. Gleiche Meinung Auch die Temperamenten/ und Gemühts-Wirckungen/ Passionen und Affecten zu beobachten. hat es auch mit Erkennung und Erlernung der viererley Complexionen des Menschen/ mit den Wirckungen des Gemüts/ der Angesichter/ Farben/ und Ursachen der Veränderungen; vorab mit den Gestalten der Zornigen Abscheulichkeit/ der Furcht/ oder Schreckbarkeit/ der Schamhafftigkeit/ Angst/ Misgunst/ Neides und Leides/ der Traurigkeit und Verzweifflung: als wodurch alle des Menschen Gestalt/ Angesichter/ Geberden und Farben verändert werden.ManderInformat. zur Quellenmarkierung
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde, den Sandrart allerdings an vielen Stellen kürzt (vgl. Klemm, Notizen, zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 74):
Mander, Schilderboek, Van der Actitude, welstandt, ende weldoen eens Beelts. Het vierde Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 11v–15r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630zlIFIR].Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 1004 SandrartInformat. zur Quellenmarkierung:
Am Ende des Kapitels weist Sandrart selbst auf den Ersten Teil der TA hin, in dem er bereits von den Affecten oder Gemütsregungen gehandelt hat (vgl. TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 77 f.). Mit dem Verweis auf Hand und Gedächtnis als den beiden Werkzeugen des Malers alludiert er Vasaris disegno-Konzept, das diese beiden Elemente als geistige und praktische Tätigkeit vereint.Wie hievon etwas weitläufftiger/ in unserm ersten Buch/ Meldung geschehen. Solchem allen/ soll man stetig nachsinnen/ durch tägliche Fortsetzung in unser Kunst Ubung. Zu diesem Ende hat die Natur uns Menschen zwey vortreffliche Instrumente gegeben/ nemlich/ die Hände dem Leibe/ und die Gedächtnus dem Verstande; vermittelst dessen/ alles zu wegen gebracht werden kan.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Am Ende des Kapitels weist Sandrart selbst auf den Ersten Teil der TA hin, in dem er bereits von den Affecten oder Gemütsregungen gehandelt hat (vgl. TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 77 f.). Mit dem Verweis auf Hand und Gedächtnis als den beiden Werkzeugen des Malers alludiert er Vasaris disegno-Konzept, das diese beiden Elemente als geistige und praktische Tätigkeit vereint.
Giebt Unterricht von den Farben/ wie
auch derer Vermischung und Gebrauch.
Von den Oehl-Farben/ und deren Vermischung. Der Farben Vermischung soll der Natur gleichen. Den fürnehmsten Bildern soll man die reichste Farben geben und folgens in allen gute Ordnung halten. Der Farben Ordnung/Wolstand/ Harmonie wie die Alte zu coloriren seyn/ auch die Jungen. Von In Fresco, oder auf nassen Kalch zu mahlen/ nöthige Wahrnemung. Die Farben welche hierzu gehören/ welche Farben untüchtig seyn/ der Mahler muß hurtig und geschwind seyn. Umriß. Wo diese Mahlerey Stand hält. Von den Modernen und deren Exempeln. Neu erfundene Antiche gemählde In Cestii Piramide. In Fresco gemahlt. Mit Wasserfarben/ sonst Tempera genannt/ zumahlen. Von Oel-Farben auf Mauren zu mahlen. Erster Gebrauch/ wie auf Mauren