TA 1679, III (Malerei), S. 14
Discurrirt von der zierlichen Wolständig-
keit und Füg-Ordnung eines ieglichen Bildes/ wie die-
selbe/ von einem verständigem Richter/ oder Urtheiler/
die Gunst und Beliebung erwerben müsse.
Von eines Bildes Zier und Wolstand. Unangenehmer Gebrauch der Bilder zu meiden. Ein Bild soll in gerader Linie stehen. Im gehen sollen Arm und Beine beyderseits im voraus-tretten und zuruck-bleiben alterniren. Gleichwie auch die vier-füssige Thiere im Gebrauch haben. Das Angesicht soll sich nach dem vördern Arme wenden; aber nicht nach dem vördern Fuß/ oder Leibe. Das Haupt wenden kan grosse Zier geben; ist aber in geistlichen Bildern sparsam zu gebrauchen. Grobe Arbeiter gebrauchen alle Kräffte mit beyden Händen und Füssen. Die Arbeitende Theile des Leibs warzunehmen und nicht zubedecken. Viele Verkürtzung der Bildern zu meiden. Ordnung der Knien und Füssen. Von den Hüfften und Achseln. Von den Achseln und Armen. Das Haupt soll sich nach der höchsten Achsel kehren. Kurtze Hälse zu meiden. Arm und Hände/ auch Füsse. Wilde verdrehete Bilder sind verächtlich. In der Bewegung der Gliedmassen soll Vernunfft und Bescheidenheit gebrauchet werden. Regeln für die Füsse eines lasttragenden Bildes. Von stehenden und gehenden Bildern. Im übrigen hat man der natürlichen Anweisung zu folgen; Auch in den Actionen/ Geberden/ Sitten/ Arbeiten/ und andren Bewegungen/ auf Person/ Stand und Alter zusehen; Auch die temperamenten und Gemüts - Wirckungen Passionen und Affecten zu beobachten.
Von eines Bildes Zier und Wolstand.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung:
Im Folgenden wiederholt Sandrart die Ausführungen des achten Kapitels Vom Wol-Stand eines Bildes/ und dessen Verkürzung aus dem Ersten Teil (vgl. TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 74 f.), in dem er van Mander folgt (vgl. Sponsel 1896, S. 36).NAch itzt verstandenen Regeln des Menschen Leibes-proportion, weiter zuverfahren; dient zu mercken/ daß die Bilder auch mit benötigtem Wolstande begabet Ohnangenehmer Gebrauch der Bilder zu meiden. seyn müssen: angesehen/ ohne diese Beobachtung/ von einem verständigem Auge/ keine Gunst zu hoffen: wie täglich an den Unwissenden zu ersehen/ daß ihre Bilder nicht angenehm/ noch gefällig seyn wollen. Welche Ungunst und Misfälligkeit aus den bösen Stellungen und actionen/ die wider die Regeln der Natur und Kunst streiten/ entstehet.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Im Folgenden wiederholt Sandrart die Ausführungen des achten Kapitels Vom Wol-Stand eines Bildes/ und dessen Verkürzung aus dem Ersten Teil (vgl. TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 74 f.), in dem er van Mander folgt (vgl. Sponsel 1896, S. 36).
Ein Bild sol in gerader Linie stehen.ManderInformat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde, den Sandrart allerdings an vielen Stellen kürzt (vgl. Klemm, Notizen, zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 74):
Mander, Schilderboek, Van der Actitude, welstandt, ende weldoen eens Beelts. Het vierde Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 11v–15r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630zlIFIR].Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 1005Ein gerechtes wolstehendes Bild/ soll von des Halses Kehle ab/ den Leib hinunter/ bis auf den Last-tragenden Fuß eine gerade Linie machen.
Im gehen sollen Arme und Beine/ beyderseits im vor- aus- und zuruck bleiben alterniren. Das gesammte menschliche Geschlecht hat von Natur im Gebrauch/ im Berühren und Fortgehen/ daß/ wann der rechte Fuß vornen hinaus gehet/ alsdann hingegen auf selbiger Seiten/ der Arm zuruck weichet: gleichfals/ wann der lincke Arm vorher kommet/ alsdann der lincke Fuß zuruck bleibet. Also wechseln immerdar Arm und Beine/ auf ieder Seiten/ mit einander um/ und lassen sich nicht anders nöthigen. Derowegen fehlen die sehr/ welche Gleichwie auch die vier fussige Thiere im Gebrauch haben. solches nicht warnehmen/ noch verstehen/ da sie es doch an unvernünfftigen vierfüssigen Thieren ersehen können/welche/ wenn sie gehen/ oder lauffen/ ebenmässig mit den hintern und vordern Füssen/ ohne Unterscheid/ alterniren und umwechseln.
Das Angesicht soll sich nach dem vördern Arm wenden; Aber nicht nach dem vordern Fuß oder Leibe.In allen/ so wol stehend-als sitzenden Bildern/ soll das Angesicht allezeit dahin sich wendend sehen/ wo der Arm vornen hinaus zeiget. Diesen Gebrauch befinde ich/ daß er von allen alten und neuen vortreflichen Meistern genau beobachtet worden. Wann des Bildes Haupt sich nach dem Fuß kehret/ und der Leib sich auch dahin wendet; alsdann erfolgt ein völlig- verwerfflicher Unform. Dann die Regel einer guten Stellung eines Bildes erfordert/ daß das Haupt anderst/ als der Leib sich wenden solle. Also hat der Mahler/ oder Bilderer/ iederzeit auf Wendung des Haupts/ wol Achtung/ und seinen Ist aber in geistlichen Bilderen sparsam zu gebrauchen. Bildern die beste Zierde zu geben. In den geistlichen/ oder ieglichen Figuren/ soll hingegen/ mit mehrer Modestie/ das Haupt nicht zuviel verdrehet werden/ sondern allezeit andächtig und erbar erscheinen. In welchen Regeln man gleichwol mit Vernunft/ nach Erforderung der Gelegenheit/ zu mehren und zu mindern/ zu geben oder zu nehmen hat.
Grobe Arbeiter gebrauchen alle Kräffte mit beeden Händen und Füssen. Es mögen aber diese Ordnungen nicht bestehen/ bey groben arbeitenden Leuten/ die an einem schweren Stuck stossen/ oder ziehen/ heben/ legen/ und/ wegen solcher Schwere/ mit Händen und Füssen/ alle Kräffte zusammen spannen: da dann die Die Arbeitende Theile des Leibs wahr zunehmen und nichts bedecken. Glieder/ ihrem Amte nach/ mit Gewalt ausgestreckt werden. Alsdann erzeigen sich offt schöne Theile des menschlichen Leibes/ welche zu beobachten/ und in den Gemählden einen grossen Wahlstand geben: die mus man in Obacht nehmen/ damit die Affecten sichtbarlich bleiben/ und durch die Gewanter nicht bedeckt werden.
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde, den Sandrart allerdings an vielen Stellen kürzt (vgl. Klemm, Notizen, zu TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 74): Mander, Schilderboek, Van der Actitude, welstandt, ende weldoen eens Beelts. Het vierde Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 11v–15r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630zlIFIR].Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 1005