TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 368
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 26).The beginning of this part of the text is on page 597
Zeit/ meisterhaft und tiefsinnig ausgebildet/ und deren viel in Kupfer ausgegeben hat. Neben vorgemeldtem Valentin mahlte er auch eine Tafel in S. Peters Kirchen von dem heiligen Erasmo/ wie ihme durch die Henkers-Knechte seine Därme aus dem Leib gehaspelt werden/ welches dann eben damals/ als Valentins schon gemeldtes Kunststuck erhoben worden/ herfür kommen/ worüber/ weil jederman solches zu sehen begierig gewesen/ nachgehends ein großer Disputat entstanden/ sintemalen ihrer viel dieses jenem/ andere aber jenes diesem/ vorziehen wollen/ die Kunstverständige und unpartheyische aber/ beyde hochschätzbar gehalten/ und daß keines dem andern zu weichen oder sich vor dem andern zu erheben Ursach hätte/ geurtheilet; dann wo Pousin in denen Passionen/ Affecten/ und der Invention vorgezogen worden/ da hat Valentin in der wahren Natürlichkeit/ Stärke/ Erhebung des Colorits/Harmonia der Farben es bevor gethan/ daß also beede den Meister gespielet/ und keiner dem andern vor oder nach gegangen. Allein daß Pousin durch Glückseligkeit seines langen Lebens den Vortheil erhalten/ und sich allezeit auf der weitberühmten Römischen Kunst-Schul bäßern können.
Dieser Kunst halber wurden seine Werke von dem König in Frankreich/ Cardinal Richelieu, Wird in Königliche Französische Dienste beruffen.Mazarin, und andern selbiger Nation/ sehr gesucht/ und er selber von dem König nacher Pariß beruffen/ auch von allen Kunstliebenden Anno 1643. Poussin trifft im Dezember 1640 in Paris ein und bricht im September 1642 nach Rom auf, wo er am 5. November ankommt. (Vgl. Germer 1994, S. 145, Anm. 2) ansehlich eingeholet worden/ woselbst er nachmahlen dem König eine Galleria al Louvre in fresco gemahlt Voir aussi Mérot 2011./ so hohes Contento gebracht/ hernach aber bey großem Unglück mit vielen andern Raritäten eingeäschert worden. Wie nun für solches der König ihn reichlich belohnt/ also hat er ihm auch eine stattliche Pension, zu Aufrichtung einer Academia in Pariß/ jährlich angebotten/welches/ weil er es nicht wol abschlagen können/ als hat er darein verwilliget/ doch mit dem Beding/ daß er nach empfangener Bezahlung vorhin noch nacher Rom (weil ihm dieses Hofleben so wenig als sein Vatterland gefallen) seine Hausfrau abzuholen/ und alsdann sich völlig zu Paris niederzulaßen/ ziehen dörfte/ auf welches Versprechen hin er reichlich contentirt Reiset wieder nach Rom./ beschenkt/ und wieder stattlich zur Stadt hinaus begleitet worden. Als er aber zu Rom angelanget/ hat er sich durch Schreiben entschuldigt/ daß seine Hausfrau/ als eine gebohrne Romanerin/ dahin nicht zu bewegen wäre/ er wolte aber gleichwolen daselbst in allem Ihro Majest. dem König zu Dienste seyn; Fienge darauf auch an zu mahlen den Kinder-Mord Herodis, für den Prinzen Justinian/ worinnen er verwunderliche fremde Affecten, die schreckbar und zum Mitleiden beweglich/ gebraucht/ nicht weniger auch die sieben Sacramenta/ nach Gebrauch der Römischen Kirchen/ in sieben besondern Stucken/ daran er viel Jahr/ eines nach dem andern/ seinem Gebrauch nach/ gearbeitet/ welche er eben dann in der Größe/ wie die ersten zu Rom/ die andern aber zu Paris zu sehen/ jedoch auch auf ein andere Invention, gemahlt/ auch darbey eines in Kupfer/ in der Größe eines Regalbogens/ geätzt/ so alle noch zu kauffen sind: und aus denenselben/ neben noch andern Kupferstucken/
sein zeitiger Verstand/ in Ausbildung der Historien/ mit mehrerm wahrzunehmen ist. Die erste Serie der sieben Sakramente wurde von Jean Dughet graphisch reproduziert, die zweite Serie liegt in einer Folge von Jean Pesne vor; vgl. Wildenstein, S. 223–330.
So ist auch wunder-fürtreflich von ihm Andere seine Werke. der Römische Obrist Germanicus, als der da im Bett liget/ und Gift bekommen hat/ gemacht worden: deßen Gemahlin und übrige Romanische Feld-Obristen/ seiner Unschuld halben die Raach zu suchen/schwören/ nach Art derselben Zeit üblichen Kleidung sehr wol und nachsinnig gebildet/ desgleichen auch eine Ariadne, und Tauf des heiligen Johannis am Jordan/ Item der Narcissus, die Entzuckung S. Pauli in den dritten Himmel/ die heilige Magdalena in der Wüsten/ Christus im Oelgarten von dem Engel gestärcket/ mehr die in Himmel erhebte heilige Jungfrau Maria/ und die Israeliten/ so das guldene Kalb anbeten/ wie lib. 1. Reg. cap. 5. vermeldet wird Nicht nach 1. Kön., sondern 2. Mose 32 bzw. 5. Mose 9; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 856, Anm. 497,31./ gleichfals der unerkantliche Abfall und die Verachtung der Bundsladen und Anbetung der Abgötter/ auch wie selbige durch Katzen/ Mäus und Ungeziefer gestraft worden/ wiederum wie eine Mutter und ihr Kind an der Seuch erkranket/ über der ihre eigne Befreundte ein Abscheuen tragen/ auch vor der Pestilenzisch-vergiften und auf Erden mit bloßem Leib ligenden Mutter Brust/ an welcher das lebendige Kind noch begirig trinket/ samt allerley zu diesem Stuck gehörigen Affecten/ die Nasen zu halten; In der lateinischen Ausgabe (Sandrart, Academia 1683, S. 369b) findet sich der Zusatz, dass Jean Baron einen Nachstich des Gemäldes fertigte (vgl. Teutsche Academie 1675/Viten (Ed. Peltzer 1925), S. 411, Anm. 1126) weiters auch des Phaetons Bitt um seines Vatters Apollo Wagen; Item die im Triumph tanzende Flora, Neptunus, über alle Waßer-Flutten gebietend/ die flüchtige Daphne durch Apollo verfolget / mit viel noch mehr andern Sachen/ darvon ganze Bücher zu schreiben/ oder dieses meines völlig von seiner Kunst anzufüllen wäre.
In seiner ersten Zeit hielte er große Kundschaft mit uns Fremden/ kame auch gar oft/ wann er wuste/ daß Francesco du Quesnoy, 1626 wohnten Sandrart und Lorrain zusammen. Vgl. auch die Vita Duquesnoys: TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler, S. 350); vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 856, Anm. 498, 12. Bildhauer/ Claudi Loraines, und ich/ beysammen waren/ als die wir im Gebrauch hatten/ unser Vornehmen einander zu communiciren: Er war sonsten auch Seine Art zu mahlen. von gutem Discurß/ und hatte stets ein Büchlein/ worein er alles nöhtige/ so wol mit dem Umriß als auch Buchstaben aufgezeichnet/ bey sich; wann er etwas vorzunehmen im Sinn gehabt/ thäte er den vorhabenden Text fleißig durchlesen/ und deme nachsinnen/ alsdann machte er zwey schlechte Scitz der Ordinanzien auf Papier/ und so fern es einige Historien betroffen/ stellte er auf ein glattes mit Pflasterstein ausgetheiltes Brett/ seinem Vornehmen gemäß/ die von Wachs darzu gemachte nackende Bildlein in gebührender Action, nach der ganzen Historie geartet/ denenselben aber legte er von naßem Papyr oder subtilem Taffet die Gewand nach seinem Verlangen um/ mit durchgezogenen Fäden/ daß sie nämlichen gegen dem Horizont in gebührender Distanz stünden/ und deme nach er seine Werk auf Tuch mit Farben untermahlen könte Angesprochen ist die Methode die (Raum-)Wirkung des Kompositionsentwurfes zunächst mit Wachsfiguren auf einer kleinen Bühne zu erproben; Vgl. Teutsche Academie 1675/Viten (Ed. Peltzer 1925), S. 412, Anm. 1131./ worzu er dann oft im Ausmachen sich des Lebens bedienet Für die Ausführung wurden also Studien nach dem lebenden Modell gemacht; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 856, Anm. 498, 29 f./ und sich Zeit genug darzu gelaßen/ dann er bald zu arbeiten angefangen/ bald aber wieder darvon und spatzieren gegangen/ doch allezeit in guten und zu seinem Werk tauglichen Gedanken/ massen er sein Leben also lobwürdig angestellt/ wie er/ daß es ihme zur Kunst nöhtig und tauglich seyn
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 26).The end of this part of the text is on page 599