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TA 1679, II (Skulptur), S. 38

Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Die Caligula-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Caligula, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Carolin Ott, 03.08.2012Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 919
Linke Spalte

Viel vornehme Römer ließe er mit Brandmahlen schänden/ und verurtheilte sie nachmals/ in Erzgruben und auf gemeinen Strassen zu arbeiten/ oder mit Bestien zu kämpfen/ und ließe sie/ er die Bestie/ zu ihnen verschliessen/ auch mit Sägen voneinander schneiden. Die Eltern nötigte er/ der Kinder Hinrichtung mit anzusehen/ und als sich einer mit seiner Unpäßlichkeit entschuldigt/ ließe er ihn auf der Sänfte herbey holen; einen andern aber/ welcher bate/ daß er doch die Augen zudrucken möchte/ liesse er zugleich mit hinmetzelen. Er selbst sahe die Metzeleyen nicht allein mit an/ sondern rieffe auch immer dem Scharfrichter zu mit diesen Worten: Triff ihn also/ daß er das Sterben fühle. Oftmals klagte er/ daß zu seiner Zeit sich kein großes Unglück begäbe/ und wünschte einen grossen Brand/ Land-Sterb/ Erdbeben oder dergleichen zu beleben. Als einsmals beyde Burgermeister neben ihm sassen/ fienge er an zu lachen/ und gefragt/ warum? sagte er: ich lache/ weil ich mit einem Wink schaffen kan/ daß man euch beyden die Köpfe abreiße. Wie er dann immer einen Soldaten bey sich gehabt/ der die Köpfe meisterlich abhauen konte. Wann er seiner Gemahlin oder einer andern Frauen Nacken küssete/ sagte er: wie ein schöner Nacken! aber wann ich werde wollen/ so muß er über das Schwerd springen. Zuweilen verschlosse er die Kornhäuser/ und ließ den Römern eine Theurung ansagen. Als man ihm sagte/ wie er sich bey den Römern würde verhasst machen/ sagte er: Oderint, dum metuant! Sie mögen mich hassen/ wann sie mich nur fürchten. Er ließe auch/ dieser Wüterichs-Rede/ sich vernehmen: Er wünsche/ daß alle Römer zusammen nur einen Hals hätten/ so könte er solchen mit einem Streich herunter hauen lassen. War eine Henckers- und keine Kaisers-Rede.

Gottlosigkeit: Er hätte auch/ wann er gekönt/ wider die Obern und den Himmel gewütet. Als es/ da er ein Saufgelag hielte/ gedonnert und geblitzet/ fuhr er auf/ und forderte den Jupiter zum Kampf/ die Worte Homeri oft wiederholend: Aut tu me tolle, aut ego te! du solst mich/ oder ich will dich ausrotten. Er bildete ihm auch ein/ er wäre der Latinische Jupiter/ (Jupiter Latialis) und schickte in solcher Gestalt sein Bildnis an alle Oerter des Röm. Reichs/ daß man es in den Jovis-Tempeln ausstellen solte. Er ließe den Götzen die Köpfe abnehmen/ und seinen dafür auf den Rumpf stecken. Er wolte auch diesen Götzen/ da er im Guten nicht mochte/ im Bösen nachahmen: deswegen beschlieffe er seine Schwestern/ und triebe allerhand Buhlerey. Er wolte dem Donner nachahmen/ tönete mit eignen darzu bereiteten Gefässen/ und machte einen kleinen Blitz erscheinen: und so oft ein Donnerkeil fiele/ warfe er einen Stein wider die Erde/ und sprache die vor-angezogene Worte. Sonsten ließe er sich öfters/ in Kleidern der Götter/ auch Göttinnnen sehen/ ihre Gestalt an sich zu nehmen. Er gabe vor/ er buhle mit drr der Göttin Diana oder dem Monde/ und ward hierin beschmeichelt durch L. Vitellium, welcher/ als er ihn fragte/ ob er diese Göttin nicht mit ihm der Liebe pflegen sähe/ die Augen zur Erden

Rechte Spalte

schluge und antwortete: Nur euch Göttern ist vergönnt/ eiander zu sehen. Diese Finsternis/ war eine rechte Straffe auf die Heiden/ die den nunmehr im Fleisch erschienenen HErrn und Welt-Heiland nicht erkennen/ noch annehmen wolten/ und solchen Wüstlingen unterthänig seyn musten. Seneca schreibt von ihme/ die Natur habe ihn darum hervorgebracht/ um zu zeigen/ was die höchste Lasterhaftigkeit in der höchsten Würde vermöge. Er würde aber anders geredet haben/ wann er des Heil. Pauli Unterrichtung hätte annehmen wollen.

und Torheit. Es konte nicht fehlen/ es muste aus diesem Stoltz endlich die Stultitia und Narrheit hervorkeumen. Er hatte ein Pferd/ welches er Incitatum, den Angespörten/ nennte. Dieses muste sein Collega werden/ als er/ nach Gewonheit der Römer/ welches Amt er sonst um 100000 Gulden zu verkauffen pflegte/ das Priesterthum übernahme. Er ließ dasselbe zur Tafel bitten/ ihme vergüldten Habern vorschütten/ und Wein aus Gold zu trincken geben. Er schwure bey dessen Leben und Wolergehen/ und hätte es gar zum Burgermeister gemacht/ wann es nicht verreckt wäre. Er ließe ihm einen Stand von Marmor und eine Krippe von Helfenbein machen/ auch purpurne Decken auflegen. Er widmete ihm ein Haus/ mit behörigen Bedienten und allem Vorraht. Also mochte man wol von ihm sagen: der/ so da lebet wie eine Bestie/ hat keine bässere Gesellschaft/ als Bestien. Aus dem Krieg machte er ein Spiegelfechten/ ließe ein großes Heer zesammen führen/ und zoge zu Feld/ mit dem Vorwand/ daß er wider die Teutschen/ wie sein Vatter/ kriegen wolte. Dieses geschahe vier Monat vor seinem Tode/ da er allerhand Torheiten angestellt/ das Volck am Meer in eine Schlachtordnung stellen lassen/ und sie endlich die Muscheln auflesen heissen/ solche/ als Beuten vom Ocean/ im Triumf nach Rom mit zu bringen.

Er wil Gott seyn seyn im Tempel zu Jerusalem/ Das Bäste/ das er in seinem Leben/ wiewol unwissend/ warum er es thäte/ gethan hat/ war dieses/ daß er den Tempel zu Jerusalem ihme selber gewidmet/ und den Landpfleger Petronium dahin gesendet/ sein Bild/ als Caji des neuen Jupiters/ allda aufzustellen: dann weil die Juden den rechten Hohenpriester ihres Tempels verworfen/ und geruffen/ sie hätten keinen König als den Kaiser/ und ihren König JEsum/ den GOTT ihnen und allen Menschen vom Himmel gesandt/ nicht annehmen wollen/ sondern gekreutzigt und getödet hatten/ solten sie den Kaiser/ einen Menschen/ zum Gott annehmen. Sie haben zwar solches abgewendet/ indem sie Petronio entgegen gezogen/ ihre bloße Hälse dargebotten/ und gesagt: Sie wolten lieber alle ihr Leben übergeben/ als ihre alte Religion und Stadt mit solchem Götzenwerk verunreinigen lassen.

und verbannet Herodem den Johanes-Mörder. Er hat auch Herodem Antipam gestraffet/ welcher Johannem den Täuffer getödtet/ und sechs Jahre vorher A. 34 den HErrn Christum in der Passion mit seinem Hofgesinde verspottet hatte. Dann als derselbe/ weil er nur Vier-Fürst war/ mit grossem Geschleppe nach Rom kame/ die

Sandrart (Fortsetzung auf einer folgenden Seite)Informat. zur Quellenmarkierung
Die Caligula-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Caligula, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Carolin Ott, 03.08.2012Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 923