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TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 359

Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).Julia Kleinbeck, 07.08.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 587
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Sforce d’ Ercole, der Mercurius und Caesar Augustus samt den Erz-Engel Michael/ auf dem Zeughaus von seiner Hand in Kupfer gebracht/ samt vielen Werken nach Joan de Bolognien/ er hinterließe also eine große Mänge seiner Hand/ noch mehr aber Lob und Ehr/ biß er endlich in der schweren Zeit zu Augstburg die Schuld der Natur hat bezahlen müßen.

Ob und was für ein Unterscheid zwischen Kupferstechen und ätzen. Es sind etliche/ die aus Kupferstechen und ätzen zwey Wissenschaften zu machen gesinnet/ da doch beyde zu einer Kunst gehören/ und was der Kupferstecher mit freyer Hand in das Kupfer gräbet/ mit einem Grabstichel/ das nimt der Etzer in einen von Wachs/ Mastix und Harz zubereiteten Grund/ mit einem Stift/ gießet hernach auf das gezeichnete das Etzwaßer/ läßet daßelbe das in dem Harz ligende Kupferblatt durchbeißen/ und findet hernach dasjenige darauf/ was er auf den Grund gezeichnet/ so daß man es wol tausendmal abdrucken kan: Ob aber nun das ätzen dem Kupferstechen/ oder dieses jenem vorzuziehen/ will ich nicht entscheiden/ unterdeßen ist gewiß/ daß die Etz-Kunst nicht allein durch merkliche Geschwindigkeit/ sondern auch darinn dem Kupferstechen vorlauft/ daß ein gerechter Meister seine Gedanken selbst nach Belieben und nach den Reglen der Kunst auf den Etz-Grund zeichnen/ so er aber seine Inventionen in Kupfer gestochen haben will/ erst eines andern Hand und manchmal schlechter Wißenschaft im Zeichnen seine Arbeit vertrauen muß.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).Julia Kleinbeck, 07.08.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 587

SandrartInformat. zur Quellenmarkierung:
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).Julia Kleinbeck, 07.08.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 589
XV. Matthaeus Merian Bereits im ersten Teil geht Sandrart auf die Technik Merians ein und benennt dort Simon Frisius als den Lehrer Merians (TA 1675, I, Buch 3 (Skulptur), S. 50); vgl. Teutsche Academie 1675/Viten (Ed. Peltzer 1925), S. 410, Anm. 1066.Julia Kleinbeck, 26.07.2011/ von Basel. In der lateinischen Fassung der Lebensbeschreibung Merians folgt die Vita ziemlich genau der deutschen. Jedoch ist ihr dort ein Abschnitt über die Technik des Kupferstichs vorangestellt, der in der deutschen Version fehlt: »cuius occasione paucula hic de isto chalcographiae genere praefari liceat (…) committere cogitur«; vgl. Sandrart, Academia 1683, S. 358, li. Sp., Z. 2 der Merian-Vita bis re. Sp., Z. 12. Die Übersetzung dieses Exkurses lautet folgendermaßen: »Bei dieser Gelegenheit sei es erlaubt, hier einige wenige Worte über diese Art von Kupferdruck vorauszuschicken. Manche Leute nämlich verkaufen das Ätzen von Kupfer und das Ritzen als zwei Kunstformen, obwohl beide Arbeiten nur zu einer Kunst gehören. Alles nämlich, was der Ritzer mit der freien Hand mit Hilfe des Stichels ins Kupfer einschneidet, schreibt der Ätzer mit einem Stift in Wachs ein, der mit einer Schicht von Mastix und Harz unterlegt wurde, und durch das Darübergießen von Scheidewasser über diese Schicht wird dort die Linienführung des Kupfers freigelegt und zeigt nach der Ätzung dann die Abbildungen, welche zuvor in die Wachsplatte eingezeichnet wurden; diese können mindestens tausendmal unter die Druckerpresse gehen. Ob aber eine Art der anderen vorzuziehen ist, möchte ich hier nicht beurteilen. Dies wenigstens ist sicher, dass das Ätzverfahren dem Einritzen nicht nur an Schnelligkeit voransteht, sondern auch den Vorteil hat, dass ein Künstler, der im Zeichnen genügend ausgebildet ist, seine Erfindungen nach Belieben genau nach den Regeln der Kunst in die Wachsplatte einzeichnen kann. Wenn auf dieser noch eine Ritzung erforderlich ist, ist man gezwungen, diese am Ende der Hand eines anderen mit zuweilen ziemlich geringer zeichnerischer Erfahrung anzuvertrauen.« (Übersetzung von Peter Pauly)Carolin Ott, 08.08.2012IN dieser Ez-Kunst hat/ an Vielfältigkeit der Werke/ Matthaeus Merian alle andere weit übertroffen/ als welcher eine solche Mänge schöner Emblematum, Merian lieferte u.a. die Illustrationen zu Julius Wilhelm Zincgref Eblematum ethnico-politicorum centuria (Frankfurt 1619); vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 897, Anm. 591,13.Julia Kleinbeck, 07.06.2011 Landschaften/Bataglien/ Jagden/ Romanischer Historien/ ja so gar auch alle biblische Geschichte in Druck gegeben/ daß man sich über seinen großen Fleiß nicht genug verwundern kan. Sein Vatter Walther Merian/ ein Seine Geburt. Rahtsherr zu Basel/ wurde Anno 1593. in gedachter Stadt durch die Geburt dieses seines Sohns erfreuet/ selbiger/ nachdem er ihn in seiner Jugend zu einem tugendsamen Leben durch fleißige Unterrichtung angewähnet/ schickte ihn im 16ten Jahr seines Alters nach Zürich/ um bey dem berühmten Theodor Mayr das Kupferätzen zu erlernen/ welches er innerhalb 4. Jahren auch wolergriffen Dietrich Meyer gilt als der Entdecker eines neuen Ätzgrundes. Merian weilte 1609–1613 bei Meyer in Zürich; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 897, Anm. 591, 22.Julia Kleinbeck, 07.06.2011/ und Seine Reisen. darauf nach Nancy der Lothringischen Residenz beruffen/ die Exequien selbigen Herzogs in Kupfer gebracht/ auch andere Lob-Gedächtnuße verfärtiget Das Stichwerk zu den Leichenfeierlichkeiten wurde nicht in Nancy, sondern bei Friedrich Brentel in Straßburg gestochen, zu dem Merian auf seiner Gesellenfahrt 1613 kam; vgl.Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 897, Anm. zu S. 591, 25.Julia Kleinbeck, 07.06.2011.

Von dannen begab er sich nach Pariß/ und brachte die gute Ez-Kunst/ als eben der berühmte Jacob Calot auch daselbst angelanget Jacques Callot weilte in der fraglichen Zeit in Italien. Klemm hält daher eine Begegnung von Merian und Callot zu diesem Zeitpunkt in Paris für unwahrscheinlich; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 897, Anm. zu S. 591, 28.Julia Kleinbeck, 07.06.2011/ dahin/ aber nach etlichen Jahren mit allda geschaften guten Nutzen/ und erlangten schönen Lob Merians Aufenthalt in Paris wird für den Zeitraum von 1612–1614 angenommen. Während seiner Zeit in Paris stach er hauptsächlich Stadtveduten, Festlichkeiten und Porträts des jugendlichen Königs Ludwig XIII.Julia Kleinbeck, 06.08.2009/ wieder zu seinen Eltern nach Basel/ inwillens/ sich darauf in Italien zu wenden/ als er aber zu Cur angelanget/ befande er den Palast wegen der Contagion geschloßen Hier dürfte es sich um einen Satzfehler handeln: Statt »Palast« müsste »Pass« gemeint sein. Denn Reisende in Richtung Süden über den Splügen- und Bernhardinpaß, wurden aufgrund der Ansteckungsgefahr – der »Contagion« wie Sandrart schreibt, wahrscheinlich gegen die Pest oder aber die Verbreitung einer Viehseuche – zu diesem Zeitpunkt in Chur zurückgehalten.Vgl. Wüthrich 2007, S. 77.Julia Kleinbeck, 04.08.2009/ dernhalben gienge er zuruck nach Augstburg Merians Aufenthalt in Augsburg ist durch eine Groteskenfolge, sowie eine dort entstandene Panoramaansicht der Stadt belegt. Vgl. Wüthrich 2007, S. 79 f.Julia Kleinbeck, 05.08.2009/ und wurde/ als er sich eine zeitlang daselbst aufgehalten/ nach Stutgard beruffen/ um allda neben dem Brendel von Straßburg/ die damalige Fürstliche Kind-Taufs-Solennitäten/ Turnier/

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Comoedien und Freuden-Feuer in Kupfer zu bringen/ welches er auch nach den Reglen der Perspectiv-Kunst rühmlich verrichtet/ wie dieser sein Fleiß aus den Exemplarien selbsten erhellet Im theoretischen Teil der TA geht Sandrart näher auf die Technik Merians ein und stellt die Nähe zu Simon Frisius heraus (TA 1675, I, Buch 2 (Skulptur), S. 50); vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 897, Anm. zu S. 592,9.Julia Kleinbeck, 07.06.2011: Von daraus zoge er fürters nach Niderland Ob Merian je in den Niederlanden war, bleibt fraglich; einen Aufenthalt dort in diesen frühen Jahren schließt Wüthrich aus; Vgl. Wüthrich 2007, S. 89.Julia Kleinbeck, 04.08.2009/ und wieder heraus/ in willens nach Italien zu gehen/ auf Frankfurt/ woselbst er den Kunst-reichen Kupferstecher und berühmten Buchführer Theodor de Bry angetroffen/ welcher/ nachdem er dieses Merians Wissenschaft und Freundlichkeit erkant/ ihn mit sich in seine Wohnstadt Oppenheim genommen/ um ihne in Ausfärtigung schon angefangener Indianischer Reiß-Beschreibungen und derselben Kupfern behülflich zu seyn/ welches er dann auch so wol verrichtet Verheuratet sich mit des Theodor de Bry Jungfer Tochter./ daß ermeldter de Bry ihn gern behalten wollen/ Merian aber hingegen/ durch die Liebe der ältisten Tochter dieses de Bry verstricket/ sich gern halten ließe/ biß er sich endlich gefangen vermerket/ und die vorhabende Italiänische Reiß mit einer hochzeitlichen Heurahts-Festifität verwechselt worden.

Also zoge er selbander wieder in sein Vatterland Basel/ und vermehrte daselbst sein Haus mit Seine Kinder. 5. Töchtern und 3. Söhnen/ dern ältister/ Matthaeus genannt/ ein fürtreflicher Mahler (wie seiner allbereit unter den Mahlern rühmlich gedacht worden) der andere/ Namens Caspar/ ein berühmter Kupferstecher/ und der dritte Joachim ein wolerfahrner glücklicher Medicus und der Stadt Frankfurt Physicus worden. Wer aber alle Werke dieses Künstlers beschreiben wolte/ der müste ein großes eigenes Buch darzu brauchen/ sintemal er nicht allein durch eigne Hand viel verrichtet/ sondern auch viel angeordnet/ und durch andere ausmachen laßen/ wie solches allein aus schon oben gemeldten Landschafts- und Bataglien-Büchern zu ersehen/ da er unter andern die ganze Gegend und umgränzende Orter um Heydelberg und Stutgard/ als auch um Schwalbach/ nach dem Leben gezeichnet/ und im Druck ausgehen laßen.

Er hielte den Antonio Tempes gleichsam für seine patron und Vorriß/ übertraffe ihn aber in Zierlichkeit/ Haltung der Reglen im ätzen/ und in der Vertieffung sehr weit/ ware sehr geschwind Seine Werke. in allen Verrichtungen und Geist-reichen Inventionen/ wie solches neben obgemeldten auch aus andern seinen Büchern und Kupfern erhellet. Die Kopien Matthäus Merians nach Antonio Tempesta fallen hauptsächlich in den Zeitraum von 1617–1618 und sind somit mehrheitlich in Oppenheim entstanden (vgl. Wüthrich 2007, S. 96). Es handelt sich dabei um Jagdbilder und Folgen antiker Herrschertaten. Die Darstellung einer Löwenjagd ist hier zur Illustration ausgewählt.Julia Kleinbeck, 05.08.2009 Also hat er dem Eberhard Kißer in Frankfurt seine Büchlein des Thesauri Politici auf Papier gezeichnet/ auch dern eines von 60. Kupfern in verwunderlicher Eil verfärtiget. Das von Johann Gottfried Pfarrherrn von Offenbach heraus gegebene herrliche Buch der 4. Monarchien hat er mit etlich hundert Kupfern gezieret/ und darein die fürnehmste Historien aller Zeiten gebracht: Wer rühmet nicht seine in der Archontologia befindliche schönste Städten und Land-Charten der ganzen Welt/ als welche allein gnug Arbeit für die Lebens-Länge eines fleißigen Mannes an sich halten: Sein Itinerarium Italiae ist auch wol bekant/ noch mehr aber das berühmte Theatrum Europaeum, welches auf seine Anordnung an das Tagesliecht kommen/ und immerfort rühmlich continuiret wird: Neben welchen großen und weitläuftigen Werken er

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Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 25).Julia Kleinbeck, 07.08.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 589