Kommentar
In der lateinischen Fassung der Lebensbeschreibung Merians folgt die Vita ziemlich genau der deutschen. Jedoch ist ihr dort ein Abschnitt über die Technik des Kupferstichs vorangestellt, der in der deutschen Version fehlt: »cuius occasione paucula hic de isto chalcographiae genere praefari liceat (…) committere cogitur«; vgl. Sandrart, Academia 1683, S. 358, li. Sp., Z. 2 der Merian-Vita bis re. Sp., Z. 12. Die Übersetzung dieses Exkurses lautet folgendermaßen:
»Bei dieser Gelegenheit sei es erlaubt, hier einige wenige Worte über diese Art von Kupferdruck vorauszuschicken. Manche Leute nämlich verkaufen das Ätzen von Kupfer und das Ritzen als zwei Kunstformen, obwohl beide Arbeiten nur zu einer Kunst gehören. Alles nämlich, was der Ritzer mit der freien Hand mit Hilfe des Stichels ins Kupfer einschneidet, schreibt der Ätzer mit einem Stift in Wachs ein, der mit einer Schicht von Mastix und Harz unterlegt wurde, und durch das Darübergießen von Scheidewasser über diese Schicht wird dort die Linienführung des Kupfers freigelegt und zeigt nach der Ätzung dann die Abbildungen, welche zuvor in die Wachsplatte eingezeichnet wurden; diese können mindestens tausendmal unter die Druckerpresse gehen. Ob aber eine Art der anderen vorzuziehen ist, möchte ich hier nicht beurteilen. Dies wenigstens ist sicher, dass das Ätzverfahren dem Einritzen nicht nur an Schnelligkeit voransteht, sondern auch den Vorteil hat, dass ein Künstler, der im Zeichnen genügend ausgebildet ist, seine Erfindungen nach Belieben genau nach den Regeln der Kunst in die Wachsplatte einzeichnen kann. Wenn auf dieser noch eine Ritzung erforderlich ist, ist man gezwungen, diese am Ende der Hand eines anderen mit zuweilen ziemlich geringer zeichnerischer Erfahrung anzuvertrauen.«
(Übersetzung von Peter Pauly)
Kommentar von Carolin Ott — 08.08.2012