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TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 180

Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 14): Mander, Schilderboek, Het leven van Giorgio Vasari, Schilder en Bouwmeester van Aretso, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 180v–185r [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632S2iJge]. Sandrart kürzt eine längere Passage van Manders (vgl. dazu den Kommentar im Text).Christina Posselt, 30.07.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 390
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Helm von Stacheln und Gold/ mit dem Symbolo eines rechten Richters/ und mit dreyerley Farben bekleidt/ von der Mitte aufwarts nackend. Sie führt/ als Gefangene/ mit Riemen und Ketten gebunden die sieben Boßheiten/ welche ihr zuwider sind/ die Betrieglichkeit/ die Unwissenheit/ Grausamkeit/ Forcht/ Verrähterey/ Lügen und Affterreden; über diese ist gemacht die Warheit/ so selbige verhört/ alle nackend/ welche von der Zeit der Justitia geliefert waren/ sie bietet der Justitia zwey/ die Unschuld bedeutende/ Tauben an/ die Justitia aber sezet der Warheit auf den Kopf einen Kranz von Eichen-Blättern/ darmit die Kraft derselben beweisend/ diß Stuck ware mit sehr grossem Fleiß und Kunst gefärtiget.

Anno 1544. zoge Vassari nach Neapel/ allwo er auch unterschiedliche schöne Werke gemacht/ sowol von stucco, welche selbiger Zeit daselbst seltzam und rar waren/ als auch von andern Gemälden/ da er aber wieder nach Rom gekehret/ mahlte er für Invention eines Basaments oder Fußgestelles. vorgemeldten Cardinal Farnese auf naß einen Saal/ allwo in einen Platz/ wo ein Fußgestell oder Basament zu machen/ er aufwerts eine Treppen auf eine neue Weise gebildet/ und auf selbige einige Bilder/ die Geschichte war von Papst Paulus III. welcher etlichmal nach dem Leben darein komt/ zwischen der Historie über der Porten kamen allezeit einige Tugenden/ und über jegliche Tugend zwey Victorien/ gleichfals Engel/ welche einige Käysers-Köpf in Medaglien-Formen halten/ und obwoln wunder-viel Sachen in diesem Stuck sind/ musten sie doch geschwind und in Eil gemacht werden/ worzu dann Vassari eben der rechte Mann ware/ und alles in hundert Tagen endigte: es wäre aber besser/ er hätte hundert Monat daran gewendt/ damit er alles mit eigner Hand gemacht hätte/ an statt der Gesellen/ welche er darzu gebraucht.

Da er an diesem Saal in Arbeit ware/ wurde über des Cardinals Tafel ein Discurs geführet/ von dem Leben der berühmten und fürtreflichen Männer in der Zeichen-Kunst/ welche in Italien gewesen von Zeiten Cimabue biß auf damalige zusammen zu bringen/ und einer unter den Gelehrten/Monsignor Giovio genandt/ sagte: Daß er grossen Lust hätte/ selbige zu beschreiben/ und seinen Die Anleitung zu deß Vassari Buch von der Mahlere Leben und Lob. andern Büchern zuzufügen/ nämlich seinem Museo und Elogiis, als er aber weiter darvon redete/ merkte er selbsten/ daß es viel füglicher von einem Mahler und Kunst-Verständigen selbst geschehen könte/ weil die Gelehrten nicht alles/ was zur Kunst gehörig/ eigentlich zu erkennen und zu unterscheiden wüsten/ da wurde endlich solche Arbeit dem Vassari aufgetragen/ als der allezeit von Jugend auf viel Ding in guter Ordnung zum Lust und Zeit-Vertreibung für sich aufgezeichnet und beschrieben. An dieser Stelle lässt Sandrart eine längere Passage van Manders aus, in der dieser noch weitere Werke Vasaris nennt: u. a. die »Hochzeit von Ester und Ahashver« (1548 für die Abtei Sante Flora e Lucilla in Arezzo), »Die Bekehrung des Paulus« in San Pietro in Montorio, ferner für das Oratorio di San Giovanni Decollato die »Enthauptung Johannes des Täufers« (1553) sowie Vasaris Projekte für die Vigna und Villa Giulia unter Papst Julius III. (vgl. Mander, Schilderboek, Het leven van Giorgio Vasari, Schilder en Bouwmeester van Aretso, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 183v–184v [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632S2iJge]).Christina Posselt, 21.09.2011

Da nun Vassari in unterschiedlichen Orten arbeitete/ färtigte er allgemach sein Buch/ und als er drey Meil ausser Arimini in ein Kloster kommen/ von Santa Maria di Scalsia, ließ ihm der Abt zu Gefallen einen Mönch/ der ein köstlicher Scribent, Macht eine Opferung der 3. Weisen aus Morgenland. sein Buch abschreiben/ worfür er die hohe Altar-Tafel machte/ so da ware die Opferung der drey Königen aus Morgenland/ hierinn machte Vassari sehr viel Bilder/ und in so einsamen Ort

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braucht er doch grosse Emsigkeit und Fleiß/ die dreyerley Bedienten und das Hofgesinde in Kleidungen zu Unterscheid/ und anderer Carnation schön weißachtig/ anderer grau und schwarzachtig zu machen; dabey fügte er auch unterschiedlichen andern Pracht von Pferden/ Cameelen und Maulthiren/ also/ daß es ein fürtreflich schönes Werk ist.

Eine Historie von S. Francisco. Zu Arimini in S. Franciscus Kirche mahlte er/ wie der heilige Franciscus die Wunden empfängt auf dem Berg Vernia, welchen er nach dem Leben bildete; aber weilen dieser Berg von grauen Felsen ist/ auch die Kleider des heiligen Francisci und seines Mitgesellen grau/ so machte Vassari Christum in eine Sonne/ mit einer Anzahl Seraphinen/ dergestalt wurde diß Werk bässer unterscheiden und dieser Heilige und andere Figuren wurden alle erleuchtet und beschienen von der Klarheit der Sonnen/ und die Landschaft auch mit einiger Purpurfarb schattirt und erhebet/ das über alle massen wol heraus kame.

Komt nach Florenz. Als auch dieses geendet/ machte er noch viel Werk und kame zulezt mit all seinem Gesind nach Florenz Anno 1555. allwo er das Gewölb des Saals genannt/ von den Elementen Seine Werke daselbst. und darein 11. Stuck gemahlt/ auch noch eine andere Cammer mit Poetischen Historien von Jupiters Auferziehung/ des Herculis Kräfte und andern dergleichen. Auch ließ der Herzog nach seinen Cartonen Tapezereyen machen/ und noch mehr Cammern von Gemählden/ neben andern Auszierungen von Früchten und Blumen/ so oben an stehen/ dem er so viel zuwegen gebracht/ daß es fast unglaublig/ was für Werk von Contrafäten und Historien von dem Haus Medicis er in kurzer Zeit dahin gemacht/ darum wurde er auch sehr reichlich von dem Herzog belohnet/ und über alles ihme ein herrlich- und Gräfliches Haus zu Florenz geschenkt/ auch ein anders ausser der Stadt; neben dem herrlichen Gonfaloniers-Dienst zu Aretso.

Der grosse Herzogliche Saal zu Florenz in grosser Eil gemahlt. Unter andern seinen merkwürdigen Werken ist auch der grosse Herzogliche Saal/ in deme 40. grosse Historien zu sehen und allerhand Figuren 6. oder acht Elen hoch/ voll mit Bataglien/ Städten und Plätzen nach dem Leben/ auch Contrafe fast ohne Zahl; daß es ja unmöglich scheint/ wie alles in Jahres-Frist mögen gemacht werden; da er doch nicht mehr als den Johann Stradanus und noch zween andere (deren Gemälde er auch selbst oft hat müssen endigen) zu Gehülffen gebraucht. Daß aber dieser Saal so eilig hat müssen gefärtiget werden/ verursachte das Beylager des Durchleuchtigsten Fürsten Don Francesco Medici und der Schwester des Käysers Maximiliani, ohne daß er auch auf ermeldte Vermählung noch viele andere herrliche Zubereitungen gemacht/ als einer/ der vom Mahlen schier niemalen ermüdet worden; so/ daß mich bedunkt/ ich würde müd und saumselig werden/ alles zu beschreiben/ weil ich fast seiner Werke kein End zu finden wüste.

Mahlet für Papst Pium V. zu Rom. Zulezt hat er noch gedienet dem Papst Pio V. und in den Königlichen Saal unterschiedliche Gemählde verfärtigt/ nemlich den Schiff-Sreit Schiff-Streit zur See wider den Türken bey Lepanto, so ein grosses Stuck voll Personen ist/ mehr ein großes Stuck/

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Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 14): Mander, Schilderboek, Het leven van Giorgio Vasari, Schilder en Bouwmeester van Aretso, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 180v–185r [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632S2iJge]. Sandrart kürzt eine längere Passage van Manders (vgl. dazu den Kommentar im Text).Christina Posselt, 30.07.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 394