Kommentar
Der Porträtierte war gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee und leitete die kaiserliche Delegation am Nürnberger Kongress. Als er 1650 zum Reichsfürsten erhoben wurde, begann er das nordböhmische Schloss Nachod zu einer standesgemäßen Residenz auszubauen. Das von Joachim von Sandrart nach eigenen Angaben während des Kongresses in Nürnberg ausgeführte Gemälde (s. TA 1675, Lebenslauf, S. 18) kam auf der mittleren Wand des repräsentativen Hauptraums, des sogenannten »Spanischen Saals« zu hängen. Es zeigt – so Sandrart in der Teutschen Academie– Ottavio Piccolomini, wie er seinen Adjutanten, den Obersten Ranfft von Wiesenthal, auf die im Hintergrund zu sehende Regensburger Aktion von Juli 1634 hinweist, als der General erstmals aus dem Schatten Albrecht von Wallensteins (1583–1634) trat, vgl. Klemm 1986, S. 180 f. zu Kat.-Nr. 82.
Somit kombiniert Sandrart ein Repräsentationsporträt mit der Darstellung eines historischen Ereignisses, wobei die Hinzufügung eines Untergebenen die Bedeutung Piccolominis unterstreicht, die ihn in diesem Moment zukommt. Dass die Figuren leicht überlebensgroß zur Abbildung kommen, lässt sich als Reaktion auf Sandrarts Beschäftigung mit den Arbeiten Anthonis van Dycks interpretieren. Zusätzlich lädt der Maler die Szene symbolisch auf, indem er einen vom Himmel herabsteigenden Putto zeigt, der einen Olivenzweig über das Haupt des erfolgreichen Befehlshabers hält und die Darstellung somit in die Apotheose eines Helden verwandelt. Sandrarts Gemälde zeigt deutliche Einflüsse der flämischen Malerei seiner Zeit; beispielsweise belegt der lässige Pinselstrich Sandrarts Kenntnis der Malweise Rubens’.
Piccolomini ließ sich während seines Aufenthalts in Nürnberg 1649/50 auch von anderen Malern porträtieren; es haben sich unter anderem Porträts von Anselm van Hulle (1601–1674), Matthaeus Merian d. J. und Jan van Boeckhorst (1604–1668) erhalten; s. Kat. Prag 2010(b), S. 76, Kat.-Nr. II 7.
Kommentar von Carolin Ott — 11.01.2012