TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 283
Mander (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 20), den Sandrart deutlich gekürzt wiedergibt: Mander, Schilderboek, T’leven van Henricus Goltzius, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glaes-schrijver, van Mulbracht, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 281v–287r [Accessed: 2011-11-14. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63BsaifZO].The beginning of this part of the text is on page 505
erschreckend sagte: Ach/ mein Heinrich! ihr seyd es nicht/ eure Tracht und Aufzug weiset die Fürtreflichkeit dieses berühmten Künstlers nicht aus/ worüber Gölzius freundlich lachte/ in Bedenken/ daß der von Wingen die Fürtreflichkeit dem Habit und Kleidung zumasse/ da er doch selbst/ als ein reicher Edelmann/ in gleichem Spital zu Bett läge; aber der von Wingen repetirte seine vorige Rede/ sprechend: Ach/ mein Heinrich! ihr seyd es nicht; und als sie zu Abend nach Viletry in das Quartier gelanget/ bekame er nochmalen neue Briefe/ in denen er des Anwesens Golzii in Italien vergwißert wurde/ jedoch was Johann Mathisen ihme von desselben Gegenwart vorhielte/ gab er ihm doch keinen Glauben; weil nun Golzius sahe/ daß der von Wingen ein vertrauter guter Freund und wehrter Reißgefärt wäre/ streckte er seinen krummen Arm aus und wiße dieses Zeichen H. G. auf seinem Arm/ gleichwie es auf dem Kupferblat des Contrafäts Golzii, so der von Wingen hatte/ zu sehen war; worüber sich der andere gänzlich entfärbt/ aufgesprungen/ und Golzium umarmet hat/ mit Bedaurung/ daß er selbiges nicht eher gewust. Also haben sie folgends ihre Reiß nach Neapel fortgesetzt/ und daselbst alles denkwürdige besichtiget/ wie nicht minder zu Puzziola; Zu Neapel contrafätete Golzius den schönen Antichen Hercules, nach dessen Endigung er wieder mit seiner Gesellschaft in des Pabsts Galeen nacher Rom gekehret; von wannen er/ nach unterschiedlich verfärtigten Kunst-reichen Werken/ mit einem großen Schatz der raresten Stucken samt dem Johann Mathisen/ als seinem Reis-Gesellen/ wieder nach Haus gezogen/ und daselbst frisch und gesund angelangt. Als er aber sich daselbst eine Zeitlang wieder aufgehalten/ hat ihm voriges Ubel wieder zugesetzt/ daß er/ nach gutachten der Aertzte/ viel Jahr Geißmilch trinken/ und gleichwie ein Kind Frauen-Brüste saugen müßen/ so ihn/ nächst Göttlicher Hülffe/ wieder zurecht gebracht.
Seine Werke belangend/ so zeigen deßelben Kupfer nach Genügen die meisterhafte Hand und den vernünftigen Geist/ und wäre allein darzu mächtig genug/ die schöne Historie von der Lucretia, Seine Kupferstiche. so er selbst inventirt und in Kupfer gebracht/ worunter auch ein sehr herrlich Banquet mit Vielfältigkeit der Kleidungen/ so dem Werk eine große Zierde zuwegen gebracht/ und gewiß eine andere Invention ware/ als dern sich vorzeiten die Niderländer gebraucht. Es scheuete sich Golzius zwar nicht/ anderer lobwürdigen Meistere/ als des Hemskerken, Franz Floris, Bloklands, Fridrichs und Sprangers Geist-reiche Manier nachzufolgen/ wie er dann kurz nach erstbemeldtem das himmlische Banquet Sprangers in Kupfer gebracht/ gleichwol hat er auch sehr viel herrliche Werke mit eigner Hand gefärtiget/ welche alle zu beschreiben fast allein ein gantzes Buch er fordern/ und uns die geliebte Kürze dieses Buchs allzuweit ergrößern würden: Gleichwol können mit Stillschweigen nicht vorbey gangen werden die sechs hochschätzbare Stücke/ die er dem Durchleuchtigen Herzogen in Bäyern dedicirt/ für welche er auch eine guldene Kette/ samt einem schönen Gnaden-Pfenning/zur
Verehrung empfangen. Gleichwol ist lobwürdig seine ganze Passion/ nach Art und Manier des Lucae von Leyden/ darinn er auch eine bässere und bequemere Weiß in Stellung der Bilder gebraucht: nicht weniger Kunst-reich ist sein Marien-Bild mit dem todten Christus auf der Schoß/ zwar ein kleines/ aber von Kunst erfülltes und ganz nach Albert Dürers Manier gemachtes Stuck/ so zu Harlem bey dem Kunst-liebenden Herrn Beerenstein zu sehen war; welche genugsam bezeugen/ wie ein geschickter Protheus oder Vertumnus, der sich in alle Kunst zu schicken wuste/ Golzius gewesen.
Weil er aber neben dem Kupferstechen auch im Seine Gemälde. Mahlen treflich geübt/ solle ebenmässig etwas denkwürdiges angeregt werden. Dann als er aus Italien zuruck gelangt/ hat er die Kunst-reiche Italienische Gemälde so fest in seine Gedächtnis gedruckt/ als ob er sie noch allbereit völlig für Augen hätte. Also ware er allezeit wol ingedenk/ der reichen Zeichnung des Raphaels/ der eigentlichen Lebhaftigkeit des Corregio, und des Kunst-reichen angenommenen Colorit des Titians, so daß es vielen Künstlern eine große Freude ware/ wann sie Golzium bloß allein von der Kunst reden hören mochten; zeichnete er etwa sonderlich die nackende Leiber/ so musten sie mit den Creonnen ihre Farben haben; so daß er den Pensel und Oelfarbe ergriffen/ da er noch nicht 2. Jahr von der Brust abgewehnet/ doch 42. Jahr alt war. Seine erste Arbeit ware für Gysbert Ryckersen zu Harlem/ so ein kleines Stuck auf ein kupfernes Blatt/ ein Christus/ ein Kreutz mit Maria und Magdalena/ die Nacht/ in der Christus begraben worden In der Beschreibung van Manders »eenen Christus aen t’Cruys, met Maria, S. Ian, en Magdalena: het naeckt van den Christus« (Mander, Schilderboek, T’leven van Henricus Goltzius, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glaes-schrijver, van Mulbrachtl, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 285v [Accessed: 2011-11-14. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63BsaifZO]), d. h. der nackte Körper Christi; vgl. Teutsche Academie 1675/Viten (Ed. Peltzer 1925), S. 397, Anm. 599./ darinnen alles sehr tödlich und artich colorirt/ sinnreich und sauber mit Farben gemacht; in die Weite komt Jerusalem/ auf dem Vorgrund eine Bruthenne/ die ihre Junge versamlet/ so Christum bedeutet/ da er die Stadt beweinet hat. Van Mander erwähnt noch weitere Werke von Goltzius (vgl. Mander, Schilderboek, T’leven van Henricus Goltzius, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glaes-schrijver, van Mulbrachtl, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 285v f. [Accessed: 2011-11-14. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63BsaifZO]).
Es schäzte Golzius nichts höher als seine eigne Freyheit und Erbarkeit/ dahero er in seinem Symbolo führte Aurum aequat honor, dem Gold Unterschiedliche dieses Künstlers denkwürdige Reden. gleichet die Ehre/ wie er dann auch mehr Ehr-als Geld-süchtig war Dies kommt in der von van Mander auf Niederländisch wiedergegeben Imprese noch deutlicher zum Ausdruck: »Eer boven Golt« (vgl. Mander, Schilderboek, T’leven van Henricus Goltzius, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glaes-schrijver, van Mulbracht, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 286r [Accessed: 2011-11-14. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63BsaifZO])./ hielte sich doch nicht allzuprächtig in Kleidung/ und ware in Philosophia naturali sehr wol erfahren. Er brauchte unterschiedliche schöne Sprüche/ die er bey Gelegenheit wol zu Paß zu bringen wuste; unter andern da er viele artige Contrafäte zu Kupfer gebracht/ hat er Anno 1583. zwey Polnische junge Prinzen/ so die Länder besuchten/ contrafätet; diese kamen aus Frankreich auf selbige Mode gekleidet/ dann der eine ware ein Vetter des Königs. Da nun Golzius zu Harlem in ihrer Behausung war/ und mit ihnen um den Wehrt pactiret/ hatten sie einen Kaufmann von Amsterdam/ welches Beutel mehr dann der Verstand gespielet/ so ihnen die Unkosten herschiessen solte: Dieser/ als er hörte/ daß Golzius einen höheren Wehrt forderte/ als ihme bedunkte genug zu seyn/ sagte; behüte Gott! würdet doch ihr dergestalt vielmehr als ein Kaufmann gewinnen. Worauf er mit Lachen geantwortet: O! Kaufmannschaft hat weit mit Künsten keine ähnlichkeit/ dann mit Geld man leichtlich ein Kaufmann/ nicht alsobald
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 20), den Sandrart deutlich gekürzt wiedergibt: Mander, Schilderboek, T’leven van Henricus Goltzius, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glaes-schrijver, van Mulbracht, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 281v–287r [Accessed: 2011-11-14. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63BsaifZO].The end of this part of the text is on page 507