TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 236
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 18), während die spätere Werk- und Lebensbeschreibung van Mander folgt (vgl. TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 286).The beginning of this part of the text is on page 453
seiner Invention zu sehen ist
Im Zuge der Neustrukturierung der Münchner Residenz 1611–19 unter Wilhem V. wurde Pieter de Witte u. a. mit der dekorativen Gestaltung der Innenräume des neuen Kaiserhofes (Kaisersaal, Trierzimmer, Steinzimmer) betraut. Der östliche Flügel mit den Trierzimmern etwa – bestehend aus zwei Appartements mit je vier Zimmern – wurde mit Stuckfriesen und Kassettendecken geschmückt, in denen geometrische Bildfelder eingelassen waren. Sie zeigen den Fürsten und die Repräsentation seiner Herrschaft in verschiedenen Allegorien. Für den Kaisersaal fertigte Pieter de Witte darüber hinaus die Entwürfe für 12 Wandteppiche, auf denen antike und alttestamentliche Helden dargestellt waren, die ebenfalls auf die tugendhafte Herrschaft verweisen. (Vgl. Volk-Knüttel 2009, S. 79–82): Unter andern hat er zu denen fürtreflichen/ und in Teutschland sonst unbefindlichen Tapezereyen/ die Inventionen und auch sonst sehr viel Zeichnungen denen berühmten Kupferstechern/ Johann und Raphael Sadlern/ und andern verfärtiget/ absonderlich die Bayrische Eremiten
Sandrart würdigt in seiner Darstellung des Werkes Peter Candids explizit dessen Zusammenarbeit mit der Stecherfamilie Sadeler. Jedoch ist ihm bei der Aufzählung ein Fehler unterlaufen: Für die Einsiedlerfolgen zeichnet sich Maerten de Vos als Inventor verantwortlich; vgl. auch Volk-Knüttel 2010, S. 101, Anm. 17./ die vier Kirchenlehrer/ welche/ neben vielen andern/ Egidius Sadler in Kupfer nach des Candito Invention gebracht. Daß also derselbe ein sehr fleißiger und verständiger Universal-Mahler gewesen/ und seinem gnädigsten Churfürsten mit seiner Kunst emsig aufgewartet hat.SandrartInformat. on source text markers
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 18), während die spätere Werk- und Lebensbeschreibung van Mander folgt (vgl. TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 286).The beginning of this part of the text is on page 453
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Diese Vita hat Sandrart unter Zuhilfenahme der Informationen von Philipp Uffenbach verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 18).The end of this part of the text is on page 455XXXVII. Matthaeus Grünewald von Aschaffenburg/ Mahler.MAtthaeus Grünewald/ sonst Matthaeus von Aschaffenburg genant/ dörf unter allen den bästen Geistern der alten Teutschen in der edlen Zeichen- und Mahl-Kunst keinem weichen/ oder etwas nachgeben/ sondern er ist in der Warheit den fürtreflichsten und bästen/ wo nicht mehrer/ doch gleich zu schätzen. Es ist aber zu bedauren/ daß dieser ausbündige Mann dermassen mit seinen Werken in Vergessenheit gerahten/ daß ich nicht einen Menschen mehr bey Leben weiß/ der von seinem Thun nur eine geringe Schrift oder mündliche Nachricht geben könte; Damit jedoch seine Würdigkeit an Tag gebracht werde/ will ich mit besonderm Fleiß/ so viel mir bewust/ anziehen/ ohne welches ich glaube/ daß diese schöne Gedächtnis in wenig Jahren ganz völlig erlöschen würde.
Es sind bereits 50. Jahr verflossen/ daß ein sehr alter aber kunstreicher Mahler zu Frankfurt/ Namens Philipp Uffenbach/ gelebet/ der vormals ein Lehrjung des berühmten Teutschen Mahlers/ Grimers/ gewesen; dieser Grimer hat bey ermeldtem Matthaeus von Aschaffenburg gelernet/ und alles/ was er von ihme können zusammen tragen/ fleissig aufgehoben/ absonderlich hat er/ nach seines Lehrmeisters Tod/ von desselben Wittib allerhand Seine Handrisse. herrliche Handrisse/ meistens mit schwarzer Kreid und theils fast Lebens-Grösse gezeichnet/ bekommen/ welche alle/ nach dieses Grimers Ableiben/ obgedachter Philipp Uffenbach/ als ein nachsinnlicher berühmter Mann/ an sich gebracht/ damals gienge ich unweit seiner Behausung zu Frankfurt in die Schul/ und wartete ihme offtmals auf/ da er mir dann/ wann er in gutem humor ware/ diese in ein Buch zusammen gesamlete edle Handrisse des Matthaeus von Aschaffenburg/ als dessen Ort er fleissig nachstudirte/ gezeigt/ und derselben löbliche qualitäten und Wolstand entdecket. Dieses ganze Buch ist nach gedachten Uffenbachs Tod von seiner Wittfrauen dem berühmten Kunstlieber/ Herrn Abraham Schelkens/ zu Frankfurt theur verkauft/ und von demselben/ neben vielen anderen herrlichen Kunst stücken/ von den bästen alten und modernen Gemählden/ raren Büchern und Kupferstichen/ die viel zu lang zu erzehlen fallen würden/ in sein berühmt Kunst-Cabinet/ zu ewiger Gedächtnis dieser ruhmwürdigen Hand/ und allen Kunstliebenden süsser Vergnügung/ gestellet worden/ wohin ich also den günstigen Leser will gewiesen haben Den genannten Band mit Grünewaldzeichnungen hat Abraham Schelkens zwischen 1636 und 1639 von der Witwe der Frankfurter Sammlers Philipp Uffenbach erworben. Über seinen Lehrer Adam Grimmer, einem Maler der Grünewaldschule, der die Zeichnungen wohl direkt von Grünewald erhalten hat, gelangten sie in seinen Besitz. Sie lassen sich bis ins 18. Jh. in Frankfurter Sammlungen nachweisen. Vgl. Schmidt, Private Kunstsammlungen, Katalogeintrag »Sammlung Schelckens«..
Sein Werke zu Frankfurt. Dieser fürtrefliche Künstler hat zur Zeit Albert Dürers ungefehr Anno 1505. gelebet/ welches an dem Altar von der Himmelfahrt Mariae/ in der
Prediger Closter zu Frankfurt von Albrecht Dürer gefärtiget/abzunehmen Hier irrt Sandrart im Entstehungsdatum. Wie in der Kopie von Paul Juvenel ersichtlich, befand sich im Hintergrund des Marienbildes vor der Figur Dürers eine Tafel mit Signatur und Datierung 1509; vgl. Ziermann 2001, S. 23./ als andessen vier Flügel von aussenher/ wann der Altar zugeschlossen wird/ dieser Matthaeus von Aschaffenburg mit liecht in grau und schwarz diese Bilder gemahlt/ auf einem ist S. Lorenz mit dem Rost/ auf den andern eine S. Elisabeth/ auf dem dritten ein S. Stephan/ und auf dem vierdten ein ander Bild/ so mir entfallen/ sehr zierlich gestellet/ wie es noch allda zu Frankfurt zu sehen. Absonderlich aber ist sehr preiswürdig die von ihme mit Wasserfarben gebildete Verklärung Christi auf dem Berg Thabor/ als worinnen zuvorderst eine verwunderlich-schöne Wolke/ darinnen Moyses und Elias erscheinen/ samt denen auf der Erden knienden Apostlen/ von Invention, Colorit und allen Zierlichkeiten so fürtrefllich gebildet/ daß es Selzamkeit halber von nichts übertroffen wird/ ja es ist in Manier und Eigenschaft unvergleichlich/ und eine Mutter aller Gratien. Diese Anspielung auf die Grazie und Anmut als künstlerischer Qualitäten Grünewalds nimmt Sandrart in der Erwähnung des Künstlers im zweiten Band 1679 wieder auf, indem er ihn als »teutschen Correggio« bezeichnet (vgl. TA 1679, III (Malerei), S. 69 – Correggio wird in der zeitgenössischen Kunstkritik für seine Anmut, Grazie und Feinheit gelobt (vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 825, Anm. 421,14).
Zu Maynz. Ferner waren von dieser edlen Hand zu Maynz in dem Domm auf der linken Seiten des Chors/ in drey unterschiedlichen Capellen/ drey Altar-Blätter/ jedes mit zweyen Flügeln in- und auswendig gemahlt/ gewesen/ deren erstes war unsere liebe Frau mit dem Christkindlein in der Wolke/ unten zur Erden warten viele Heiligen in sonderbarer Zierlichkeit auf/ als S. Catharina/ S. Barbara/ Caecilia/ Elisabetha/ Apollonia und Ursula/ alle dermassen adelich/ natürlich/ holdselig und correct gezeichnet/ auch so wol colorirt/ daß sie mehr im Himmel/ als auf Erden zu seyn scheinen. Auf ein anderes war gebildet ein blinder Einsidler Blat/ der mit seinem Leitbuben/ über den zugefrornen Rheinstrom gehend/ auf dem Eiß von zween Mördern überfallen/ und zu todt geschlagen wird/ und auf seinem schreyenden Knaben ligt/ an Affecten und Ausbildung mit verwunderlich natürlichen wahren Gedanken gleichsam überhäuft anzusehen; das dritte Blat war etwas imperfecter/ als vorige zwey/ und sind sie zusammen Anno 1631. oder 32. in damaligem wilden Krieg weggenommen/ und in einem Schiff nach Schweden versandt worden/ aber neben vielen andern dergleichen Kunststücken durch Schiffbruch in dem Meer zu Grund gegangen.
Zu Eysenach. Es soll auch noch ein Altar-Blat in Eysenach Ob Sandrart hier Isenheim meint oder davon ausgeht, dass sich der Grünewald-Altar in Eisenach befindet, ist in der Literatur umstritten; vgl. Marquard 1996, S. 67, Anmm. 84 u. 85. Susanne Meurer ist der Meinung, dass Sandrart irrigerweise an dieser Stelle das thüringische Eisenach meint; vgl. Meurer 2009, S. 239. von dieser Hand seyn/ und darinnen ein verwunderlicher S. Antonio, worinnen die Gespenster hinter den Fenstern gar artig aus gebildet seyn sollen; Ferner haben Ihre Fürstl. Durchl. Herzog Wilhelm in Bayern hochseligsten Andenkens/ als Ein sehr natürlich Crucifix. vernünftiger Urtheiler und Liebhaber der edlen Kunst ein klein Crucifix mit unser lieben Frauen und S. Johann/ samt einer niderknienden und andächtigbetenden Maria Magdalena/ so fleißig gemahlt von dieser Hand gehabt/ auch sehr geliebt/ ohne daß sie gewust/ von wem es sey/ selbiges ist/ wegen des verwunderlichen Christus am Creutz/ so ganz abhenkend auf den Füssen ruhet/ sehr seltsam/ daß es das wahre Leben nicht anderst thun könte; und gewiß über alle Crucifix natürlich wahr und eigentlich ist/ wann ihm mit vernünftiger Gedult lang nachgesonnen wird/ solches ist deswegen halb-Bogen groß/ auf gnädigen Befehl hochgedachten Herzogs/
Diese Vita hat Sandrart unter Zuhilfenahme der Informationen von Philipp Uffenbach verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 18).The end of this part of the text is on page 455