TA 1679, Metamorphosis, S. 13
![](/img/icon_annotation.gif)
![](/img/icon_close.gif)
Sein Name Lycos ist ursprünglich Griechisch/ und bedeutet einen Wolff: Sein Vatter war Pelasgus/ ein Sohn des Jupiters und der Niobe: seine Mutter die Melibäa/ eine Tochter des Oceans/ oder (wie Apollodorus sagt) der Nymphe Sylene: seine Tochter war die Calysto/ worvon wir im andern Buch handeln werden. Er soll/ (wie einige wollen) mit einem Theil seiner Kinder/ in Ursach seiner Veränderung in einen Wolff. einen Wolff verwandelt worden seyn/ weiln er/ auf des Lycaonischen Jupiters Altar ein Kind getödtet/ und der erste gewest/ der Blut getruncken habe. Es sind auch noch andere Gedichte/ so diesem unsers Poeten/ vom Ermorden der Gäste/ gleichen; worvon wir anjetzo etwas zur Lehr und Unterrichtung vorzubringen willens seynd. Es ist bekannt/ daß die alten Poeten/ durch solche ihre Gedichte/ die Bewegungen des menschlichen Geistes zähmen und bändigen/ und dieselben zur Freundligkeit/ Barmhertzigkeit und Furcht Gottes/ anleiten wollen: Ja/ sich bemühet haben das Menschliche Leben gäntzlich wiederum zu verbesseren/ oder gleichsam gutartig zu machen/ und mit allen tugendlichen guten Sitten zubereichern/ und anzufüllen: zu dem Ende sie dann manche wunderseltsame alte Erzehlungen von einigen/ in vergangenen Zeiten/ lebenden Menschen vorgebracht/ vorgebende/ die Götter hätten in Menschen-gestalt/ die Menschen unterweilen/ unter dem Schein armer reisender Fremblinge/ zu besuchen/ bey ihnen einzukehren und zuherbergen pflegen/ damit sie erführen/ ob die Menschen gegen ihres gleichen auch ein Mitleiden bezeigten/ oder einander Liebe und Wolthaten erwiesen; da sie dann diejenige/ von welchen sie guthertzlich und liebthätlich empfangen und aufgenommen worden/ reichlich belohnt die Unfreundliche und Geitzige aber/ so ihnen Herberge versagten/ oder Unbilligkeit anthäten/ sehr scharff und hart gestrafft hatten.
Der Poet beschreibt die Sündfluht/ welche Jupiter wegen der Riesen Boßheit/ ingleichen ihres hochmühtigen tyrannischen Geschlechts/ und der unmenschlichen Grausamkeiten des Lycaons halber/ über die Welt kommen lassen. Und ist wol zu verwundern/ daß er spricht/ es sey von Gott also vorsehen worden/ daß die Welt endlich im Feuer werde zergehen müssen: ja/ es scheinet fast/ als ob sein Geist alhier/ durch eine verborgene Krafft der Warheit/ getrieben worden wäre. An stats des Noä/ nennet er den Deucalion/ welcher/ mit seinem Eheweib/ der Pyrrha/ allein erhalten worden sey. Dahero wir dann/ denselben eigendlicher zuerkennen/ uns bemühen wollen.
Von dem Deucalion.
DEucalion ist (als oben gesagt worden) ein Sohn des Prometheus und der Climene: Pyrrha/ sein Eheweib/ war eine Tochter des Epimetheus/ und die Pandora seine rechte Enckelin. Dieser Deucalion hatte sein Wesen zu Athen/ und stiffete daselbsten eine Kirche. Mann hält für gewiß/ daß er König von Thessalien
gewest/ und darum des Prometheus/ das ist/ der Weisheit oder Vorsichtigkeit/ Sohn genennet worden. Dieser nun ist/ um seines tugendsamen Wandels willen/ aus der Sündfluht errettet/ darinnen sonst alle Sünder und Boßhafftige seiner Zeit/ zu Poetische Sündfluht worauf sie gegründet. Grunde gegangen. Einige sagen/ daß er der Thessalonicher König gewest/ als einsmals eine grosse Wasserfluht über das Land kommen/ und/ weiln er ein guter Sternkündiger gewest/ habe er nicht allein sich selbsten/ sondern auch alles Volck/ so bey ihm auf dem Berge Parnassus gewest/ für dem Untergange erhalten: worauf dann die Fabel von der Lehrreiche Anweisung auf die Sündfluht und Erhaltung des Deucalions Poetischen Sündfluht gegründet seyn soll. Mit solcher Allein-Fristung des Deucalions und der Pyrrha wird nun angedeutet/ wie ernstlich Gott die Sünder hasse/ weil er die Bösen straffet/ und seine Liebe und freundliche Neigung gegen die Frommen spüren lässet. Denn ob er gleich zulässt/ daß die Frommen öffters von grausamen Sündfluht-Ströhmen/ und allerley Widerwärtigkeiten dieser elenden Welt umgeben werden/ so gibt er doch nicht zu/ daß sie ohne Trost in Verzweifflung fallen/ im Unglück ertrincken/ untersincken und verderben solten. Weil aber die/ auf dem Parnassus/ fürm Untergang im Leben erhaltene/ Menschen noch gantz rauh/ grob/ hart und ungeschliffen waren/ und nicht wusten/ wie man Gott dienen müsse; aber von dem Deucalion und der Pyrra Pyrrha gelehrt und unterwiesen worden/ wie sie ein recht menschlich/ aufrichtig/ und Gott gefälliges Leben führen solten: entsprunge hieraus die verblümte Sage: Deucalion und Pyrrha hätten/ aus Steinen/ Menschen gemacht. Wie dann auch Virgilius/ im ersten Buch seiner Ackerwercke/ so viel/ allem Ansehen nach/ reden will/ daß der Mensch gantz zu Stein/ und gegen seinen Neben-Menschen unerweichlich worden sey/ wann er sagt:
Deucalion/ auf dieses grosse Rund/
draus Menschen kommen her/ etc.
![](/img/icon_annotation.gif)
![](/img/icon_close.gif)
Als ob er spräche: gleich wie sie von Steinen herkommen/ und ihren Ursprung haben; also behalten sie allezeit eine solche harte und grausame Art.
Von dem Drachen Python.
DEr grausame grosse Drach Python ist/ nach verloffener Sündfluht/ aus der Erden gewachsen. Einige wollen ihn/ wiewol ganz ungereimt/ gemacht haben/ von dem Riesen Typhon/ welcher/ durch einen Faust-Streich der Juno/ aus der Erden hervorgewachsen: worvon wir/ im fünfftem Buche/ handeln wollen. Diesen Python nun hat Apollo/ mit seinen scharffen Jagt-Pfeilen/ getödtet. Woher die Fabel von Python entsprungen. Welche Fabel in einer wahren Geschicht Grund zu haben scheinet. Nemlich/ als Apollo/ beym Fluß Cephisus/ hart am Berge Parnassus/ mit seinen Pfeilen/ einen grossen und bösen Tyrannen/ Namens Python/ mit den Zunamen der Drach/ umgebracht/ und die Zuschauer mit heller Stimm: Pfeile/ Pfeile her! oder schieß! schieß zu! geschrien: sey darüber endlich/ des erhaltenen Siegs und Uberwindung halber/ ein allgemeines Freuden