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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 76

Linke Spalte

in einer Lachen zusamt den Kleidern/ wormit sie bedeckt gewesen/ ja/ auch sie selbsten abzuwaschen. Die Knechte aber/ so dieses Werck verrichtet hatten/ wurden nicht mehr gesehen/ sondern von der Lachen verschlungen: welches die Gemühter dieser Völcker mit unglaublichem Eifer erfüllte/ und sie zu desto grösserer Verehrung der Göttin reitzete. Eben diese Mutter wurde (wie Tacitus gleichfalls erzehlet) von andern Völckern in Teutsch-Lande verehret/ die doch kein Bildnus von ihr hatten: zum Zeichen ihrer Religion aber trugen sie eines wilden Schweins Bild/ welches ihnen zu Waffen und Vertheidigung dienete/ als wordurch Sie sich dieser Göttin Hülffe/ auch unter ihren Feinden/ versicherten.

Andere Abbildung der grossen Mutter In einem Schaupfenning der Faustina/ ist die grosse Mutter dergestalt abgebildet: Sie sitzet als eine mit einer Thurn-förmigen zugespitzten Krone gezierte Matron/ und steuret mit dem rechten Arm auf ihren Sitz/ in der Lincken hält sie einen auf dem Knie ruhenden Schild; auf ieder Seite hat sie einen Löwen. Sonst ist sie auch von einem Phrygischen Cybele. Berge die Cybele benamset worden: Cubus oder Würffel-Figur. wiewohl Festus Pompejus will/ daß sie also ἀπὸ [ου] κύβου das ist/ von Cubo, oder einer Würffel-Figur genennet worden; wie ihr dann eben aus dieser Ursach von den Alten ein Vier-Eck oder Würffel/ wordurch die Standfestigkeit der Erden bedeutet ist/ zugeeignet worden/ weil/ wie man auch denselben werffen mag/ er dennoch allezeit gerade zu stehen pflegt. Ihr Bildnus stimmet mit dem jenigen überein/ das wir droben der grossen Mutter zugeeignet haben; dann sie auf dem Haupte gleichfalls eine Thurnförmige Kron träget/ wie Lucretius im II. Buch von ihr saget:

Muralique caput summum cinxere corona:
Eximis munita locis, qvod sustinet urbes.
Es war das hohe Haupt mit einer Kron gezieret
den hohen Thürnen gleich/ dieweil von ihr herrühret
der Städte Unterhalt.

Wer mit der Mauer od Thurmförmigen Krone beehret worden. Mit dieser Krone wurden vorzeiten diejenige begabet/ welche am ersten deß Feindes Mauer erstiegen. Dero Wagen wird von Löwen gezogen: welches/ nach einiger Meinung/ vorbildet/ daß die Erde in der Lufft hange. Ihr Wagen stehet auf Rädern; dieweil die Himmels-Kreiße durch stetswährende Bewägung sich um die Erde drehen/ welches auch durch die Löwen/ als grimmige wilde Thiere angedeutet wird; sintemahln die Himmel sehr starcke Cörper sind/ welche die Lufft in sich zwingen/ und die Erde erhalten/ damit sie

Rechte Spalte

nicht zerfalle. Dannenhero an eben diesem Orte beym Lucretius gelesen wird:

Hanc veteres Grajum docti cecinê- re Poëtae,
Sedibus in curru bijugos agitare Le- ones,
Aëris inspatio magnam pendere do- centes
Tellurem, neqve posse in terra siste- re terram.
Von der die Griechische Poeten dort ge- schrieben/
wie in den Wagen sie zween Löwen hab ge- trieben
vor sich/ daß in der Lufft/ (dardurch zu deuten an)
das grosse Weltrund hang/ und gantz nicht ruhen kan/
die Erd auf Erden Grund etc.

Warumb der Cybele Löwen zugeeignet worden. So können auch die von ihr unter das Joch gezwungene Löwen bedeuten/ daß die mütterliche Liebe alles überwinde. Daher Ovidius lib. IV Fastorum von ihr also schreibet:

--- --- Feritas mollita per illam
Creditur: id curru testificata suo est.
Durch sie die Wildigkeit begütigt wird ge- glaubt/
Ihr Wagen dieses selbst bezeuget und be- haupt.

Hiermit stimmet trefflich überein/ was beym Aristoteles im Buch von wunderbaren Dingen stehet; dann er erzehlet/ daß auf dem Steine von verwunderlicher Eigenschafft. Phrygischen Berge Sipylus ein Stein/ so zwar nicht groß/ iedoch länglicht und rund/ gefunden werde/ welcher/ wann ihn iemand erlanget und in der Cybele Tempel gebracht/ habe er so viel in ihm gewürcket/ daß er seine Eltern brünstig zu lieben angefangen/ und so fort beständiglich mit aller observanz geehret/ ob er auch gleich zuvor ihnen ungehorsam gewesen wäre/ und so gar gewaltsame Hände an sie gelegt hätte. Andere meinen/ wie Diodorus erzehlet/ der Cybele seyen darumb die Löwen zugeeignet worden/ dieweil man sagt/ sie sey auf dem Berge Cybelus/ von welchen sie den Namen Viel Menschen sind von den wilden Thieren erhalten worden. bekommen/ von ihnen genähret worden: wie dann viel andere mehr von den wilden Thieren sollen seyn erhalten worden/ als Aesculapius von den Hunden/ Romulus und Remus von Wölffen/ Thelephus von den Hirschen/ Semiramis von den Vögeln/ und der grosse Jupiter von den Spechten und der Geiß; welche Dinge ob sie wohl fabelhafftig lauten und scheinen/ so sind sie doch in den Geschichten also verzeichnet und für warhafftig angenommen