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TA 1679, II (Skulptur), S. 55

Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Die Vitellius-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Vitellius, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Carolin Ott, 03.08.2012Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 942
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mit dem Mund gestottert/ und fast gar stumm gewesen.

Seine Ehr-Aemter. Unter den dreyen besagten Kaisern Caligula, Claudio und Nerone, bediente er unterschiedliche Ehr-Aemter/ deren eines insonderheit gewesen das Proconsulat in Africa. In dieser Provinz hielte er sich zwar unsträfflich: aber zu Rom machte er sich vermährt/ daß er aus den Tempeln die Zieraten hinweg gezucket/ auch Zinn und Kupfer für Gold und Silber hinein gepartiret. Kaiser Galba schickte ihn/ gegen iedermans Vermuthen/ in Nieder-Teutschland/ mehr aus Verachtung/ als Gnade. Dann er hielte dafür/ es sey niemand weniger zu fürchten/ als der nur auf das Maulfutter bedacht wäre: weil Weißheit und Schwelgerey selten Gesellschafft machen. Als Vitellius dahin abreisete/ war er so arm/ daß es ihm an Wegzehrung mangelte/ und muste er/ solche zu erlangen/ seiner Mutter ein Ohrgehänge abreissen und verpfänden/ auch sein Haus vermieten/ und Weib und Kinder in ein gemeines Gasthaus einlagern: die ihn auch schier nicht wolten ziehen lassen. Er war aber/ als er zum Heerlager kame/ den Soldaten/ die dem Galbae feind waren/ gar angenehm: weil er gegen iedem sich freundlich bezeigte/ keinem etwas versagte/ und der Schuldigen schonete.

sein Reichs-Eintritt. Kaiser Galba thäte unklüglich/ daß er Vitellio, wegen seiner Armut und Schwelgerey/ nicht misgetrauet: weil der Widerspiel wahr ist/ daß Leute/ die alles verthan haben und doch sich zum Wolleben gewöhnet/ nichts unterlassen/ was ihnen zu Unterhaltung ihrer Wollüste verhelfen kan. Dann lasterhafte Armut/ ist die nächste Nachbarin von Bubenstücken: wie dann eben dieses Kaiser Othonem genötigt/ sich um den Römischen Thron zu bewerben. Wie nun Vitellius mit Freundlich- und Mildgebigkeit/ das Kriegsheer auf seine seite gewonnen/ (massen er die/ so ihme morgens begegnet/ ob sie gefrühstücket/ zu fragen/ und/ daß solches von ihm beschehen wäre/ mit einem Rilps zu bezeugen pflegte) kamen sie eines Tags/ als er kaum ein Monat bey ihnen gewesen/ und toll und voll in seiner Kammer lage/ grüsten ihn Kaiser/ und führten ihn auf alle vornehme Plätze: da er Kais. Julii Schwerd/ welches einer dem Götzenbild Martis abgenommen und ihm ungefähr zugestellet/ in der Hand blos empor truge. Als er in den Palast wiederkehrte/ war derselbe vom Caminfeuer in Brand gerahten/ da er/ als iederman es für ein böses Zeichen hielte/ sie mit diesen Worten zufrieden sprache: Seit getrost/ das Glück leuchtet und lachet uns an. Als folgends auch das Ober-Teutsche Kriegsheer ihm zufiele/ ließe er sich Germanicum nennen: wolte aber noch nicht Augustus heissen/ gleichwie er sich auch nie wollen Caesar nennen lassen.

Sein Wolregiren. Der Anfang seiner Regirung/ ware wie der andern ihrer/ nämlich gut und löblich. Er straffte die/ so den Kaiser Galba hingerichtet/ ob der schon sein Feind gewesen/ und sagte: Es sey nicht billig/ daß die leben/ die/ um Gelds und Gewinus willen/ ihrem Kaiser nicht das Leben gegönnet. Dann diese Leute waren so vermessen/ daß ihnen

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Kais. Otto für solchen Mord große Geschenke versprechen müssen/ dessen Verschreibungen Vitellio in die Hände gerahten. Er machte sich auch damit sehr beliebt/ indem er mit seinen alten Freunden und Kriegsgesellen gar vertraulich bliebe/ und mit dem Stand die Sitten nicht änderte: wie manche thun/ die/ wann sie höher gestiegen/ sich selber nicht mehr/ vielweniger andere kennen/ und iederman nur für Stäublein ansehen.

Seine Verartung. Aber es muste bisher erscheinen/ daß der höchste Thron entweder nur Lasterhafte annehme/ oder dieselben lasterhaft mache. Dann/ als Vitellius nach Rom reisete/ triebe er unterwegs alle Uppigkeit/ ließ die Schiffe/ die ihn führten/ mit allerhand Kronen zieren/ hielte ein unaufhörliches Gefräße und Gesäufe/ und ließe die Soldaten allen seine Grausamkeit. Mutwillen treiben. Als er endlich an den Ort kame/ da die Schlacht mit dem Heer Kaisers Othonis geschehen/ und andere vor dem Gestanck der Leichen die Nasen zuhielten/ hat er dieser abscheulichen Worte sich vernehmen lassen: Ein erschlagener Feind rieche allerdings wol/ noch bässer aber ein erschlagener Burger. Wie er dann alda Legel herbeybringen lassen/ und offentlich herumsauffend/ das Römische Blut mit Wein vermänget. Daß er unglücklich regiren würde/ bezeugten im Anzug viel Vorzeichen: indem ihm der Lorbeerkrantz vom Haupt ins Wasser entfiele/ und die Statuen/ so man ihm gesetzet/ zur Erde stürzten.

Da andere viel Jahre dazu vonnöten gehabt/ boshaftig zu werden/ wendete dieser wenig Monate seiner Regirung so ämsig an/ daß er in kurzem eine von den schändlichsten Bestien geworden. Er nahme/ die liederlichste Seildänzer und Possenspieler/ zu Räthen an/ und ließe sie nach Belieben Haushalten. Er ware fertig/ einen ieden/ der bey ihm angegeben wurde/ um geringer Ursachen willen/ den Henkersknechten zu übergeben. Alle Zöllner und Mautner/ die vordessen ihme auf seinen Reisen den Zoll abgeheischet/ musten es nun erst mit der Haut bezahlen; deren einen er/ als ihn die Schergen schon wegführten/ wiederkehren und vor seinen Augen hinrichten ließe/ dabey sagend: Er müste auch einmal seinen Augen zu essen geben. Zur andren Zeit/ als ein Vatter diesen Weg des Todes gehen muste/ und seine zween Söhne für ihn baten/ gabe er ihm solche zu Gefärten. Wiederum/ als er einen Römischen Ritter zum Tod schleppen ließe/ und derselbe rieffe/ der Kaiser wäre sein Erbe! ließe er das Testament holen/ und als er fande/ daß dessen Leibeigner zum Mit-Erben/ eingesezt ware, ließe er diesen mit dem Testatore hinrichten. Die Mathematicos jagte er aus Rom: denen er gehässig war/ weil sie von ihm und seiner Geburt nichts guts geweissaget hatten. Sabinum, den Bruder Vespasiani, und die andere Flavier/ jagte er auf das Capitolium, und ließe sie in und mit dem Tempel Jovis verbrennen. Er ward auch des Mutter-Mords verdächtig/ da ein Weib/ Namens Catta, deren er in allem glaubte/ ihm weiß gemacht/ er würde lang und beständig regiren/ wann seine Mutter vor ihm stürbe. Wiewol

Sandrart (Fortsetzung auf einer folgenden Seite)Informat. zur Quellenmarkierung
Die Vitellius-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Vitellius, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Carolin Ott, 03.08.2012Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 945