TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 175
Ridolfi (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 14): Ridolfi, Maraviglie dell’arte, überprüft anhand der Ausgabe von Hadeln 1914, Bd. I, S. 347–350. Sind die Ausführungen zu Veroneses Charaktertugenden bereits von Ridolfi in einer metaphernreichen Sprache formuliert, so steigert Sandrart diesen Duktus noch zusätzlich.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 387
Paulo Veronese, und erhielte auch ein Gedächtnus von seiner Hand. Sonsten hab ich von denen alten Mahlern oft hören sagen/ daß Zucchero die Zeichnung der zweyen Quader in der Capellen bey S. Sebastian copirt/ und in einer seiner Poësi die Pittura eingeführt/ um darbey der Gaben zu gedenken/ mit welchen dieser Mahler geziert gewesen/ darvon er also redet:
Mà che dirò di Paolo Veronese,
Magnanimo, Cortese, ed eccellente,
Che diede sine à mille belle imprese.
Delle più ricche gemme d’ Oriente
Questo mi pose una collana al collo,
E di candide perle un gran pendente.
Die Denksprüche Pauli. Man erzehlet auch von Paulo etliche denkwürdige Reden/ welche er gethan haben solle/ daß keiner von der Mahl-Kunst einiges recht verständiges Urtheil fällen könne/ welcher in derselben Kunst nicht selbst wol unterwiesen/ aldieweiln solche eine Gabe vom Himmel seye. Item, daß/ ob sich gleich einer in solcher eusserst bemühte/ und aber ihme die Natur selbsten nicht darzu verhülflich wäre/ eben so viel nutze/ als auf die Meeres-Wellen säen. Wiederum/ daß der fürnehmste Theil der Mahl-Kunst in Zucht/ Erbarkeit und guten Sitten bestunde/ auch daß die Bilder der Engel und Heiligen von köstlichen und guten Mahlern gemacht werden müssen/ weiln dieselbe Verwunderung und Anmuht zu erwecken hätten. Titian, der Vatter dieser Kunst/ eherte und hielte Veronese sehr hoch/ und ließ sich auch den sinnreichen Verstand Tintorets wol gefallen/ an welchem er nur allein dieses getadelt/ daß er mit seinem Mahlen auf allerley Weiß denen Meistern einen großen Schaden zugefüget.
Aber/ nach allen solchen herrlichen Werken/ lasset uns auch kommen zu der herrlichen Leichbegängnus Verones, allwo die Gratien/ Veneres und Liebes-Götter/ die von dessen Pensel zum öftern sehr zierlich gebildet worden/ alle in Flor und schwarzen Traur-Kleidern erscheinen sollen/ und sonderlich die edle Pittura, mit einem schwarzen Klag-Tuch bedecket/ einhergehen/ seinen Schmerz-vollen Hintritt
biß anitzo/ sonder allen empfindlichen Trost/ zu beweinen; Die Nymphen die sollen Myrrhen- und Cypressen-Bäum herbey bringen/ und damit sein Ruh-Bettlein bestreuen/ die Musen aber ein klägliches Traur-Gedicht auf ihren gewöhnlichen Seitenspiel anstimmen. Ridolfi zitiert an dieser Stelle die Verse von Ovid (Metamorphosen I, 78–79): »Natus homo est, sive hunc divino semine fecit / Ille Opifex rerum Mundi melioris origo« (Ridolfi, Maraviglie dell’arte, hier zitiert nach der Ausgabe von Hadeln 1914, Bd. I, S. 349).
Demnach so ware diesem Künstler von GOtt dem Allmächtigen Sein Tod. das 1588. Jahr zum Tod bestellt/ um zu erweisen/ daß denen Menschen solche hohe Gaben nur auf ein geringe Zeit seyen geliehen und vertrauet worden/ dann eben/ als Papst Sixtus der fünfte/ in einer solennen Procession, Ablaß der Sünden ertheilt/ wurde Verones von einem hitzigen Fieber überfallen/ worauf er sich dann zu der Hinfahrt gerüstet/ und gleich den andern Oster-Feyertag/ in dem 50. Jahr seines Alters/ verschieden/ über welchen großen Verlust dann die Welt und alle Kunst-liebende geseufzet/ und in Wehmuht Seine Begräbnus. gerahten. Sein entseelter Leichnam ist hernach/ mit herrlichem Pomp und Pracht/ von seinen Kindern und Bruder/ zu S. Sebastian, in die Mitte seiner Werk/ die er/ an statt einer Begräbnus/ als eine trefliche Schau-Bühn seiner Ehren/ zugerichtet/ begraben/ und auch seine Bildnus in das Eck der Orgel/ von Camillo Bozzetti sehr herrlich ausgehauen/ gestellet worden/ die hernachmals sein jüngst-hinterlassener Sohn Gabriel wieder erneuren/ Seine Grabschrift. und mit folgender Grab-Schrift verehren lassen:
Paulo Caliario Veronensi Pictori,
Naturae Aemulo, Artis Miraculo,
Superstite Fatis Fama Victuro.
Und auf dem Stein/ unter welchem seine Gebeine ruhen/ ware diese kurze Gedächtnis gesezt:
Paulo Caliario Veronensi Pictori
Celeberrimo, Filii, & Benedic. Frater
Pientiss. & sibi Posterisque.
Decessit XII. Calend. Maji Anno
M. D. LXXXVIII.RidolfiInformat. zur Quellenmarkierung
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 14):
Ridolfi, Maraviglie dell’arte, überprüft anhand der Ausgabe von Hadeln 1914, Bd. I, S. 347–350.
Sind die Ausführungen zu Veroneses Charaktertugenden bereits von Ridolfi in einer metaphernreichen Sprache formuliert, so steigert Sandrart diesen Duktus noch zusätzlich.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 387
SandrartInformat. zur Quellenmarkierung:
Mit dieser Ergänzung weist Sandrart auf das Kupferstich-Porträt des Künstlers in der Teutschen Academie hin und damit explizit auf seinen eigenen Beitrag bei der graphischen Ausstattung der Künstlerviten. Sein Contrefät ist in der Kupferblatten mit R. bezeichnet zu finden.SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Mit dieser Ergänzung weist Sandrart auf das Kupferstich-Porträt des Künstlers in der Teutschen Academie hin und damit explizit auf seinen eigenen Beitrag bei der graphischen Ausstattung der Künstlerviten.