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TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 80

Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 12): Mander, Schilderboek, T’leven van Pieter Perusijn, Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 110r–111r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HVIJOa].Christina Posselt, 21.07.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 287
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seiner Kunst suchte: Er bildete sich die Armut so schreklich/ das Glück berühmter Mahlere aber/ in den exempeln so wol der Antichen als modernen und noch lebenden/ so köstlich vor/ daß er keine Müh achtete/ auch keinen Fleiß ersparte/ sich aus der Armut in das Glück zu schwingen/ und etwas rechtschaffenes zu gewinnen/ welches er vielleicht nicht gethan hätte/ wann er von Jugend an reich gewesen wäre/ wie dann gemeiniglich überflüßiger Reichtum seinen Schos-Kindern den Tugend-Weg verleget/ welchen die Dörftigkeit durch eine beharrliche Emsigkeit zu öfnen pfleget.

In solcher Hofnung achtete er weder Hitz noch Kälte/ weder Arbeit noch Müh/ oder ander einiges Ungemach; sondern dachte immer nur auf den Nuzzen/ den er zulezt zu erlangen verhofte: Sagte demnach für ein Sprüch-Wort/ daß nach bösen Tagen gute kämen/ und/ daß man auch bey gutem Wetter Häuser bauen müsse/ damit man zur Zeit einbrechenden Ungewitters darinnen wohnen könne. Nachdem er nun oft die Leute/ sonderlich aber seinen Meister/ gefraget/ wo doch die Kunst am bästen belohnet Kommet nach Florenz. würde? und verstanden/ daß sie zu Florenz nicht allein am vollkommensten wäre/ sondern auch immer große Liebhaber derselben sich allda befunden/ zoge er dahin/ von der Hofnung/ ein fürtreflicher Meister Seine Werke daselbst. zu werden/ begleitet. Daselbst gab er sich an bey Andrea Verocchio, lernete und übte sich ferner bey ihm/ und erlangte mit seinem ersten gemachten Ein Hieronymus-Bild. Hieronymus-Bild (den er sehr alt/ dürr und mager/ mit guter/ aus der Anatomia herfürgesuchten Wissenschaft/ als auf ein Crucifix seine Augen sehr andächtig wendend/ gemahlt) ein großes Lob/ und mit demselben den Anfang seiner zeitlichen Glükseligkeit/ welche sofort mächtig befördert worden/ durch eine/ für die Nonnen bey S. Clara, gemahlte Altar-Tafel/ als in welcher er nicht allein Ein todter Christus. einen todten Christum, mit gar schöner colorirung/ sondern auch noch mehr andere Bilder von Marien/ alten Männern und andern Leuten/ mit sehr schönen Angesichtern/ den toden Leichnam beweinend/ und sich über desselben erbärmliche Gestalt höchlich verwundernd/ überaus meisterhaft gebildet/ das höchstbeliebigste aber an diesem Gemähl/ war eine hinden aus gemachte Landschaft/ als welche/ in Ermanglung bäßerer/ zu selbiger Zeit/ für gar kunstlich gehalten worden. Man wolte den Nonnen zum öftern dreymal so viel darfür geben/ als es sie gekostet/ weil aber Pietro sagte: Er würde keines dergleichen mehr machen können/ wolten sie es nicht verlassen. Die Mahlere/ dieses Prob-Stuck sehend/ prophezeyeten schon damals diesem jungen Mahler/ daß er/ mit der Zeit/ der fürtreflichsten Künstlere einer werden möchte/ und kam er also in wenig Jahren zu sehr großem Ruhm/ es wurden auch seine Werke in Italien/ Frankreich Van Mander zählt hier auch noch Spanien auf (vgl. Mander, Schilderboek, T’leven van Pieter Perusijn, Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 110v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HVIJOa]).Christina Posselt, 08.07.2011 und viele andere fremde Länder verschikt.

Er arbeitete sehr viel in dem Closter vor der Porte Pindi, darinnen damals die so genante Ingesuati waren/ iezt aber verstöret ist. Darinn war ein Prior, der das Azur ultra marin gar wol konnte machen/ und weil er dann dessen viel hatte/ ließ ers unsern Künstler auch auf die Mauren brauchen/ ware aber doch darbey geitzig und mißtrauend/

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Macht einen mißtrauenden Prior artlich zu schanden. deßhalben er immer wolte selbst der nähste seyn/ um zusehen/ daß Pietro nichts von dem Blau behielte: weil dieser aber redlich und aufrecht/ und dannenhero übel zu frieden ware/ daß man ihm nicht wol traute/ bedachte er sich auf eine List/ wordurch er den Prior schamroht machen möchte/ nahm demnach ein Geschirr voll sauberen Wassers/ und spülte darinn die Bursch-Pinsel/ wormit er das Ultra-marin gemahlet/ sehr oft aus/ wann sie auch schon noch voll Farbe waren/ wordurch der gitzige Prior gar oft sein Säklein zu eröfnen veranlasst wurde/ deßwegen er zum öftern/ da es anfienge sehr leer zu werden/ zum Mahler sagte: Ey/ ey/ wie verschlingt der Kalk so viel Ultramarin, deme zur Antwort gegeben wurde/ Er seh es ja selber: Als er aber hinweg ware/ nahm er das im Wasser zu Boden gesunkene Ultramarin wieder heraus und truknete es ab/ gab es dem Prior wieder/ sagend: Herr Pater, dieses ist euer/ lernet ehrlichen Leuten ein andermahl bässer trauen/ als welche niemand zu betriegen suchen/ da man doch solche mißtrauende Leute/ wie ihr seyt/ wol übervortheilen könte/ wann man es thun wolte.

Er war insonderheit in fresco und Oel-Farben ein fürtreflicher Meister/ und darum wurde ihm von einem Florentiner/ Bernardino Rossi, ein S. Sebastian, vor 100 Gold-Cronen angedinget/ welchen er so wol gemacht/ daß gedachter Rossi dem König in Frankreich / dieses Stuck wieder um 400. Ducaten in Gold verkauft/ da er nun durch so viele künstliche Werke immer berühmter wurde/ berufte ihn Papst Sixtus IV. nach Rom/ daß er ihm eine Seine Werke zu Rom. Capell mahlen solte. In dieselbe machte er die Historie/ wie S.Pietro die Schlüßel gegeben werden/ die Geburt und Tauff Christi/ wie Moses aus dem Wasser gezogen wird/ und die Himmelfahrt Mariae, welche an dem Ort gestanden/ wo iezo das jüngste Gericht/ von des Michaël Angelo Hand/ zu sehen ist. Nachdem er nun in Rom viel Arbeit gemacht/ und großes Geld gewonnen/ kehrte er wieder um nach Perugia, mit gutem Willen des Papsts/ und von der Gunst des ganzen Römischen Hofs begleitet. Allzulang würde fallen/ alle Stücke/ so er theils in/ theils um Perugia, so wol in fresco, als in Oelfarben gemacht/ weil derselben eine große Anzahl ist.

Von dar begab er sich wieder nach Florenz/ getrieben von einer unersättlichen Geldsucht/ deren zu willfahren/ brachte er in seine Werke oftmals die Bilder/ und derselben Stellunge/ welche er schon zuvor in andern gebraucht/ und weil eben um dieselbe Zeit Michaël Angelo mit seinen Sachen anfienge berühmt zu werden/ unser Pietro aber solches seinem Geld-begierigen Vorhaben widrig befande/ als gerieht er mit demselben in einen Wort-Streit/ und als ihm darinn vorgeworfen worden/ Wird wegen seines Geitzes sehr verachtet. daß er plump in der Kunst seye/ gar vor Gericht: Als er aber auch daselbst wenig erhielte/ machte er/ zu Trutz seiner Widersacher/ noch ein großes Werk/ worinn er doch wieder seiner vorigen Krankheit nicht ganz abgedankt/ sondern nochmals von ihme schon gemahlte Bilder darein gebracht/ dernthalben er aufs neue von den jungen Mahlern beschimpfet worden/ als welche sagten: Er hätte Geitzes

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Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 12): Mander, Schilderboek, T’leven van Pieter Perusijn, Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 110r–111r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HVIJOa].Christina Posselt, 21.07.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 289