TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 315
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 24) und bildet die wichtigste Quelle für Liss’ Schaffen sowie sein kaum dokumentiertes Leben (vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 878, Anm. 557,6).The beginning of this part of the text is on page 540
die sich in Liebes-Ubung ereignen/ alles so vernünftig/ daß es nicht genug kan gelobet werden.
Zwey Dorfstuck. Ferner mahlte er eine Dorf-Hochzeit/ wo nach gehaltner Mahlzeit der Tanz angehet/ und der Pastor mit der Braut bey der Hand ganz frölich den Anfang machet/ denen der Bräutigam mit der Wirthin und andere Bauren mehr nachfolgen/ und sich/ nach Dorfs Gebrauch/ lustig herum schwingen/ bey dem Spiel der Sackpfeiffen und Schalmeyen/ die aus dem Schatten eines lieblichen Lindenbaums her für kommet; neben die Dorfleute und im Wirthshaus alles lebendig und im Handel ist/ das ander darzu gehörige Stuck stellet der bezechten Bauren Uneinigkeit vor/ die erbärmlich untereinander mit Mistgabeln/ und Hacken zu schlagen/ darzwischen ihre Weiber rennen/ und hinterrucks die zornige ganz erbleichte Männer aufhalten; der Zech-Tisch stürzet einen alten trunknen Bauren zur Erden/ samt andern vielen seltsamen unhöflichen Bauren-Bräuchen.
Nach diesem hat er verfärtiget eine Tentation S. Antonii sehr seltsam/ jedoch freundlich/ da der alte glatzkopfigte Eremit/ von wunder-seltsamen und andere Sachen. erdichten Gespenstern/ Lichtern und Weibsbildern angefochten wird; Mehr hat er schöne Conversationen geharnischter Soldaten/ mit Venetianischen Courtisanen/ da unter lieblichen Seiten- und Kartenspiel/ bey einem ergötzlichen Trunk jeder nach seinem Gefallen conversirt/ und im Luder lebt/ worinnen die Vielfältigkeit der Affecten/ Gebärden und Begierden eines jeden so vernünftig ausgebildet sind/ daß diese Werke nicht allein hoch gepriesen/ sondern auch von dem Kunstliebenden um großen Wehrt erkauffet worden. Er zeichnete viel auf unserer Academie zu Venedig Hier ist »Akademie« im Sinne einer losen Vereinigung von Künstlern zu verstehen, die sich zum Zeichnen nach dem lebenden Modell zusammenfanden, vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 879, Anm. 559,1. nach den nackenden modellen/ denen er im Mahlen ein besondere Gratia und gleichsam mehr als natürliches Leben wuste zu geben; der Antichen aber/ und ihrer seriosen Schulen achtete er nicht viel/ mit Vermelden/ er aestimire zwar selbige sehr hoch/ wann er aber dieser seiner Manier ganz widrigen Art wolte nachfolgen/ müste er wiederum von vornen anfangen lernen. Dannenhero beliebte ihm mehr Titians/ Tintorets/ Paul Verones, del Fetti und anderer Venetianer Manier/ sonderlich des letzten.
Er hatte im Gebrauch/ sich lang zu besinnen/ eh Sein Lebenswandel. er seine Arbeit angefangen/ hernach/ wann er sich resolvirt/ ließe er sich nichts mehr irren; da wir zu Venedig beysammen wohneten/ blieb er oft zwey oder 3. Tag von Haus/ und kame dann bey Nacht ins Zimmer/ setzte sein Palet mit Farben geschwind auf/ temperirte sie nach Verlangen/ und verbrachte also die ganze Nacht in Arbeit: Gegen Tag ruhete er ein wenig/ und fuhre wieder 2. oder 3. Tag und Nacht mit der Arbeit fort/ so daß er fast nicht geruhet/ noch Speise zu sich genommen/ dawider nichts geholffen/ was ich ihme auch zusprache/ und remonstrirte/ daß er sich selbsten Schaden thäte/ Gesundheit und Leben verkürzte/ sondern er verharrte bey seiner angenommenen Weiß/ blibe etliche Tag und Nacht/ weiß nicht wo/ aus/ biß der
Beutel leer worden; alsdann machte er wiederum seinem alten Brauch nach/ aus der Nacht Tag/ und aus Tag Nacht. Also habe ich mich von ihm nach Rom begeben/ dahin er zwar versprochen/ so bald die angefangene Arbeit würde vollendet seyn/ mir nachzufolgen aber das widrige Glück verhinderte seinen Vorsatz/ indem die An. 1629. entstandene große Pestilenz diesen unordentlichen Johann von Lys/ neben andern/ hingerißen.
Liss’ Tod fällt auf den 5. November 1631 und ist im Sterberegister von Verona verzeichnet; vgl. Klessmann 1999, S. 9, Anm. 1. Seiner Stuck sind zwar viel zu Venedig/ mehr aber zu Amsterdam/ und werden daselbst in sehr hohen Ehren gehalten.SandrartInformat. on source text markers
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 24) und bildet die wichtigste Quelle für Liss’ Schaffen sowie sein kaum dokumentiertes Leben (vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 878, Anm. 557,6).The beginning of this part of the text is on page 540
De BieInformat. on source text markers:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 24):
De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 245.
Sandrart übernimmt nur die Informationen der Bildunterschrift des Vitenbildnisses von Crayer, De Bies Vita des Künstlers ist demgegenüber deutlich ausführlicher (vgl. De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 244).CXCV. Caspar de Crayer.CAspar de Crayer war ein gebohrner Antorffer und Lehrling von Raphaël Caxiy, in Brüßel wohnhaft/ Anno 1585. hat daselbst seine fürnehmste Werk in Kirchen/ auch für andere/ sonderlich den Cardinal Ferdinand gemacht/ und ihm viel Jahr lang gedienet/ möchte vielleicht auch noch bey Leben seyn.De BieInformat. on source text markers
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 24):
De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 245.
Sandrart übernimmt nur die Informationen der Bildunterschrift des Vitenbildnisses von Crayer, De Bies Vita des Künstlers ist demgegenüber deutlich ausführlicher (vgl. De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 244).
De BieInformat. on source text markers:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 24):
De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 249.
Sandrart übernimmt nur die Informationen der Bildunterschrift des Vitenbildnisses von Gerbier, nicht De Bies eigentliche Vita (vgl. De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 248).CXCVI. Balthasar Gerbier.BAlthasar Gerbier war ebenmässig ein geborner Antorfer/ der sich fürtreflich in der miniatur erhoben/ und aus Begierde mehrer Vollkommenheit lange Jahr in Italien aufgehalten/ allda er seine Wißenschaft also vermehret/ daß er von dem König in Engeland beruffen worden/ woselbst er dem Herzog von Bukingam ruhmwürdig/ sowol in seinen Studien/ als in offentlicher Gesandschaft gedient/ und durch seine Tugend sich also verdient gemacht/ daß er zum Ritter geschlagen worden/ und Königlicher Agent zu Brüßel viele Jahre gewesen/ wie er dann etwan noch allda am Spanischen Hof leben mag: Er ware gebohren Anno 1592.De BieInformat. on source text markers
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 24):
De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 249.
Sandrart übernimmt nur die Informationen der Bildunterschrift des Vitenbildnisses von Gerbier, nicht De Bies eigentliche Vita (vgl. De Bie, Gulden Cabinet, überprüft anhand der Ausgabe 1661, S. 248).
SandrartInformat. on source text markers:
In diesem theoretischen Exkurs legt Sandrart das Prinzip seiner synthetischen Kunstauffassung dar: weder das florentinische Disegno noch das venezianische bzw. nordische Kolorit vermögen alleine zur Meisterschaft zu führen. Erst die Verbindung von Antiken- bzw. Modellstudium – das Zeichnen nach Vorbildern für einen reichen Schatz an Kompositionen – mit dem gekonnten Einsatz der Farbe ermögliche Perfektion; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 908, Anm. 617,23–618,24; Sponsel 1896, S. 24.The end of this part of the text is on page 542Es ist denen Kunstmahlern eben so hoch nöhtig/ daß sie den Pensel und die Farben wohl verstehen/ als daß sie gute Zeichner seyen/ in deme ich oft und viel/ sonderlich bey den Italienern gesehen/ daß ihre junge Leuthe/ welche früh zu zeichnen angefangen/ Das viel Zeichnen macht keinen guten Mahler/ die Reglen oder Theoria wol verstanden/ mündlich darvon zu reden gewust/ und alle antiche Gemälde von Raphael meisterhaft nachgezeichnet/ nicht weniger auch auf der Academie das model so wol verstanden/ daß sie dasselbe vernünftig aufs Papier gebracht/ und also so wol in der Zeichnung als Discursen davon treflich beschlagen gewesen/ welches alles sonder Zweiffel wol dienlich/ um desto balder ein perfecter Mahler zu werden. Es sind aber gleichwol dieselbe/ ob sie schon biß in die 30. 45. 50. und mehr Jahre darinnen verharret/ dannoch sehr hart an das wohl Mahlen kommen/ ja meistentheils nimmermehr gute Mahlere worden/ so daß sie dasjenige/ was sie mit der Feder/ oder mit schwarz und rohter Kreide gar leicht und gerecht auf das Papier gezeichnet/ durch den Pensel und Farbe/ (der doch viel vortheilhafter ist/ und mehrere Perfection mit minderer Mühe an die Hand gibt) natürlich zu mahlen nicht vermocht: Andere noch das viel Mahlen einen guten Zeichner. hingegen/ sonderlich die Niderländer/ werden von Jugend auf durch der Farben und Pensel Gebrauch ohne besondere Zeichnung/ nur durch eine gute Ideam und wol-angenommene Manier geleitet/ daß sie in den Colorit verwunderlich werden/ und das Leben einfältig/ natürlich/ und fast wie es an sich selbsten ist/ vorstellen: Wann sie aber selbst/ etwas
In diesem theoretischen Exkurs legt Sandrart das Prinzip seiner synthetischen Kunstauffassung dar: weder das florentinische Disegno noch das venezianische bzw. nordische Kolorit vermögen alleine zur Meisterschaft zu führen. Erst die Verbindung von Antiken- bzw. Modellstudium – das Zeichnen nach Vorbildern für einen reichen Schatz an Kompositionen – mit dem gekonnten Einsatz der Farbe ermögliche Perfektion; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 908, Anm. 617,23–618,24; Sponsel 1896, S. 24.The end of this part of the text is on page 542