TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 151
Mander (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Michel Agnolo Buonarruotti, Florentijn, Schilder, Beeldtsnijder, en Bouwmeester, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 163v–173v [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632RNycBn]. Sandrart kürzt einige Passagen, fügt selbst eine Anekdote hinzu und gibt die meisten der von van Mander zitierten Verse in deutscher Übersetzung wieder, wobei die sprachliche Abfassung bei Sigmund von Birken zu vermuten ist, dem die redaktionelle Überarbeitung von Sandrarts Schrift oblag (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25-29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011, S. 22) .The beginning of this part of the text is on page 360
Mahlere auch zeichnen und mahlen könten. Mit diesem hohen Fürnehmen endigte er seinen Carton/ und als er noch nie auf naß gearbeitet/ kamen die/ welche er beschrieben hatte/ seine gute Bekandte/ als Granaccio, Julian, Bugiardini, Giacomo di Sandro, der alte Indiaco, Angelo di Domino, und Aristoteles, die ließ er einige Dinge zu einer Prob machen/ aber sehende/ daß sie seiner großen Begierde kein Genügen gethan/ schmiesse er alles von oben herab/ und schlosse sich in die Capelle/ wolte sie auch nicht mehr einlassen/ derohalben sie verspottet wieder nach Florenz kehreten.
Michäel Angelo nun machte sein Werk mit emsigen Fleiß/ ohne daß er sich von jemand sehen ließe/ um keine Ursach zu geben/ daß man es an ihn Kan mit dem Mahlen in fresco nit wol fortkommen. begehren konte/ weßhalben das Volk nur desto begieriger war; auch den Papst selbst gelustet es zu sehen/ damit es aber nicht geschehe/ schluge er ein Stuck nach dem andern/ zumal/ weil wegen Nässe des Kalchs die Arbeit angelauffen/ und geschimmelt ist/ welches doch mit der Zeit der Luft wieder weggenommen/ zuvor aber den Künstler sehr betrübet hat/ wie er solches auch den Papst geklaget/. willens das Werk zu verlassen/ der ihm aber den Julian da S. Gallo geschickt/ durch dessen Raht er die Helft vollendet/ bald wolte der Papst/ der sehr darauf begierig ware/ daß man es entdecken solte. Da lieffe ganz Rom/ um solches zu sehen/ zu/ und unter andern Raphäel selbst/ der hernach auf eine andere Manier/ als vorhin/ die Sybillen und Propheten zu La Pace gemacht.
Hierauf ersuchte Bramant den Papst/ daß Raphaël die andere Helfte möchte vollenden. Michäel Angelo dieses verstehende/ beklagte sich Michaël Angelo und Bramant verstehen sich nicht wol miteinander. über Bramant, und sagte dem Papst die Gebrechen des Lebens und der Architectur von Bramant, an dem Gebäu von S. Peter/ welches Michäel Angelo nachmals hat müssen verbäßern/ weiln aber der Papst alle Tage mehr und mehr des Michaël Angelo Kunst vermerkte/ ließ er ihn auch das Gewölb machen/ wol getrauende/ daß dieser letzte es bäßer als der erste machen solte; und gebotte/ daß sich Michäel Angelo nicht saumen solte/ fragte auch täglich/ wann er färtig werde? worauf Michäel Angelo einst geantwortet/ wann ich mich selbsten in der Kunst geendiget/ worüber der Papst gesagt: Wir wollen/ daß ihr es vollziehet/ alsbald es möglich/ also endigte er dieses Gewölb in 20. Monaten ganz allein/ ohne einiges andern Beyhülf/ als daß man ihm die Farben riebe/ und wurden ihm darfür 3000. Cronen bezahlet/ worzu er nur um 25. Cronen Farben gebraucht. Dieses Werk war also gemacht/ daß es billig eine Fackel/ Lampe oder Liecht unserer Kunst Lob seines Werks. zu nennen/ als welches genugsam die ganze Welt zu erleuchten/ die vorhin in der Zeichen-Kunst von hundert Jahren her zimlich verdunkelt gewesen; kein Mahler konte mehr Inventionen/ Verkürzungen/ Gebärden/ Schönheiten der Nackenden und Bekleidten/ auch größere Vollkommenheit wünschen/ weil hierinn der höchste Staffel aller Wissenschaft zu finden. Es waren darinnen verschiedene schöne nackende/ rundirt/ erhebt/ und fast
lebende Bilder/ von unterschiedlichem Alter/ welche Eichlen hatten/ um die guldene Zeiten zu bedeuten; gleich die Poëten dichten/ daß man zu selbiger Zeit von Eichlen gelebet/ darmit anzudeuten/ daß zu dieses Papsts Lebens-Zeit und Regierung/ die guldene Jahre gewesen/ weil Italien in Ruhe und Friede geblühet/ so vorhin in großem Elend und Jammer gestanden. Hier sind auch viel Historien aus dem alten Testament/ von Adam und Eva/ auch Propheten und Sybillen/ da man unendlich viel Kunst Actionen und bewegliche affecten sehen mag. Durch dieses Stuck kam Michäel Angelo bey dem Papst in hohe Gnad/ die immer mehr und mehr gestiegen/ welches unter andern auch daher abzunehmen/ daß/ als er auf Florenz reisen wolte/ der Papst ihme zur Reis 500. Cronen verehret.
Fängt zwey Päpstliche Begräbnisen an. Der Papst gedachte nochmals vor seinem Tod zu seiner Grabbestattung Anstalt zu machen/ und begunte sich zu dem Tod zu bereiten/ welches/ als es der Cardinal S. IIII. und Cardinal Aginense seine Vettern gemerckt/ ließen sie Michaël Angelo das Werk straks unter Hande nehmen/ aber das widrige Glük verhinderte auch dißmal/ daß es nicht zur Vollkommenheit gelangt/ weil der Papst eher mit Tod abgegangen/ und Leo X. erkohren worden/ der nicht minder muhtig und mild ware/ als Julius, dannenhero begehrte er in seinen Vatterland von sich ein Gedächtnus zu lassen/ weil er der erste Papst selbigen Orts war/ und gedachte die Facciata von S. Lorenz zu Florenz machen zu lassen/ schikte auch derhalben den Michaël Angelo nach Carrara um Marmor/ und gabe ihme darzu 1000. Crohen. Indem aber derselbe den Marmor holte/ und von Wachs allerhand Modellen machte/ starb auch dieser Papst/ ehe etwas merckliches an dem Werk zuwegen gebracht worden/ ausgenommen die grosse marmorsteinere Colonne auf dem Plaz S. Laurentii, zu Florenz.
Indem nun zu Zeiten Papsts Adriani des VI. die Künste sehr veracht lagen/ förderte er die Begräbnus Papsts Julii. Nach dem Tod Adriani aber wurde er von Papst Clemens VII. nach Macht unterschiedliche Bau- und Bildwerke zu Florenz. Rom beruffen/ bald aber wieder nach Florenz gesandt/ um die Sacristey und Bibliothec bey S. Lorenzo zu endigen/ und weil er auch ein Florentiner/ wolte er daselbst die Begräbnus seines Geschlechts von Medicis geendiget haben; zur selbigen Zeit machte er auch für einen/ Namens Pietro Urbano, den Wunder-künstlichen nackenden Christum von Marmor/ neben seinem Creutz stehend/ so zu Rom alla Minerva noch zu sehen ist. Gemeint ist hier der Auferstandene Christus von Michelangelo, den Sandrart ein weiteres Mal in seinem Buch über die Skulptur der 1675er Ausgabe erwähnt. Dort integriert er ihn in eine Auflistung von antiken Statuen und räumt dieser Skulptur damit den gleichen Rang an Vortrefflichkeit ein wie den antiken Vorbildern. In jezterwehntem Bau zu Florenz bediente er sich in der Architectur, neben der alten gemeinen Art der Antichen und des Vitruvii, einer andern neuen Ordnung von Bögen/ Corniern/ Capitälen/ Gesämsen/ Tabernaklen/ Begräbnussen/ und andern Verzierungen/ weßwegen alle nachfolgende Bau-Künstler ihme noch zu dancken haben/ daß er sie von den alten Banden erlöset/ und ihnen Platz und Raum gegeben/ der Antichen Weis wieder zu ersinnen/ doch die Warheit zu sagen/ haben diese neue Manier und Weis folgende Künstlere/ bevorab
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Michel Agnolo Buonarruotti, Florentijn, Schilder, Beeldtsnijder, en Bouwmeester, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 163v–173v [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632RNycBn]. Sandrart kürzt einige Passagen, fügt selbst eine Anekdote hinzu und gibt die meisten der von van Mander zitierten Verse in deutscher Übersetzung wieder, wobei die sprachliche Abfassung bei Sigmund von Birken zu vermuten ist, dem die redaktionelle Überarbeitung von Sandrarts Schrift oblag (vgl. Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25-29; Möseneder 2000, S. 163; Laufhütte 2011, S. 22) .The end of this part of the text is on page 364