TA 1680, Iconologia Deorum, S. 78
frey stunde/ entweder zu freyen/ oder aber daselbst zu bleiben; es waren deren aber sehr wenig/ die das Freyen erwehlten; weil es mit denen/ so von ihrem Vornehmen zurück gewiechen ins gemein einen unglückseligen Ausgang nahm. Jedoch aber musten sie die Zeit über/ so lang ihnen drinnen zu bleiben verordnet war/ nohtwendig einen keuschen Wandel führen: dann die jenige/ welche man Ihre Strafe wann sie Unzucht triebe. in Unzucht ergriffen hatte/ wurde lebendig auf eine Todten-Bahr gelegt/ und als todt hinausgetragen/ unter grossen Leidwesen ihrer Befreunde/ und Nachfolgung der Ober- und anderer Priesterinnen in gar bestürtzter Stille. Unweit vom Thor war ein Ort unter der Erden/ dahinein die versündigte Vestalin auf Leitern zu steigen genöhtigt wurde/ welche man so dann/ nach zurück gezogenen Leitern/ daselbst allein liesse/ und den Ort verschlosse. Damit es aber nicht schiene/ als ob man sie Hunger sterben liesse/ wurde/ neben einem brennenden Liechte/ ein wenig Brod/ Milch und Oehl zu ihr hineingesetzt; nach welchen Verrichtungen die Priesterinnen und das übrige Volck davon giengen. An selbigem Tag war ein Gerichts-Freyer-Tag in der Stadt/ auch neben grosser Betrübnis/ nicht eine geringe Furcht/ dann man sich einbildete/ daß die Abstraffung der Vestalien der Stadt ein grosses Unglück vorbedeute. Es wird aber diese Vesta/ von dero wir allhier reden/ bey den Scribenten sehr offt für die andere gesetzt/ wann sie nemlich von der Götter Natur/ Tempeln/ Opffern und andern heiligen Kirchen-Ceremonien/ die zu dero Dienst gehören/ Erwähnung thun. Dannenhero sich niemand zu verwundern/ wann ich das/ was der einen gehörig/ bisweilen auf die andere gezogen habe; dann nicht wol von den Kräfften der Erden zu schreiben/ daß man nicht auch von der Erde selbst reden solte.
Tempel der Vesta. Ovidius erzehlet/ es seye der Vesta Tempel/ welcher vorher deß Numae Behausung war/ rund gewesen/ aufdaß nemlich dardurch die Erd-Kugel vorgebildet würde/ in dero Ingeweide allezeit das Feuer brennet/ eben als in demselben Tempel ein stetswährend Feuer unterhalten wurde. Festus schreibet/ es habe Numa der Vesta einen runden Tempel erbauet/ dieweil er sie für die Erde/ als eine Erhalterin deß menschlichen Lebens/ gehalten; Warum er rund gewesen. und weil sie die Gestalt einer Kugel vorbildet/ habe er den Tempel gleichfalls in eben derjenigen Figur aufrichten lassen wollen/ dessen structur und Bau der Göttin Bildnus ausdruckete. Aus dieser Ursach ist Alexander in der Meinung/ es werde durch sie das Göttliche Gemüht abgebildet/ welches wir mit leiblichen Augen nicht sehen können/ weil nur das in unsere Augen fället/ was umb dasselbe herumb ist. Ihr Tempel wird von dem Landinus/ indem Wie er sonst ausgesehen. er diese deß Virgilius Worte erzehlet/ mit welchen Hector lib. II. Aeneid. dem Aeneas der Vesta Gottes-Dienst lobet und anbefiehlet/
also beschrieben: Es war ein sehr grosser Tempel/ in dessen Mitte stunde ein grosser Altar/ auf welchem das Feuer zu beyden Seiten brandte/ zu dessen Bewahrung zwey Vestalinnen verordnet waren. Auf der Zinne deß Tempels stunde eine Jungfrau gebildet/ die ein Kindlein in den Armen hatte: dieweil Sie davor hielten/ es seye Jupiter von der Vesta gesäuget worden. Dieser Göttin wurden von den Alten die Vorhöfe gewidmet; daher sie auch/ wie Ovidius vermeint/ den Namen von der Vesta haben sollen. Allhier pflegten sie offtmahls mit einander zu essen/ und ihre Götter darzu einzuladen/ da sie die Tische an statt der Altäre gebrauchten/ als die sie denen Haus-Göttern zu heiligen gewohnt waren. Dieweil aber kein Opfer ohne Feuer geschahe/ wurde der Heerd dem jenigen gewidmet/ den Lares oder Hausgötter. sie sonsten Lar zu nennen pflegten; denn es wurden allda auch die Lares, Hausgötzen/ oder die Geister/ so denen Häusern vorzustehen geglaubt wurden/ verehrt.
Es ist aber zu wissen/ daß die Vesta nicht für iedwedes Feuer genommen werde; Dann gleichwie dasselbe auf verschiedene Weise kan betrachtet werden/ also nimmet es auch unterschiedene ihme vorgesetzte Götter an. Wird derowegen die Vesta für das jenige Feuer genommen/ welches in dem Innersten der Erden verborgen lieget/ und allen aus der Erde wachsenden Dingen das Leben gibt. Bey den Der Vesta Namen wurde bey denen Opfern andern Göttern vorgesetzet. jenigen Opffern aber/ die die Alten andern Göttern opfferten/ wurde iederzeit der Vesta Nam vorgesetzet/ gleichwie wir auch oben vom Janus gemeldet haben; weil/ wie Ovidius sagt/ die Vorhöfe/ worinnen man vorzeiten opfferte/ der Vesta geheiligt waren. Es wird auch eine Fabel erzehlet/ daß die Vesta/ nach erhaltenem Sieg wider die Titanen/ vom Jupiter erlanget habe/ eine stets währende Jungfrau zu bleiben/ und aller Opffer Erstlinge zu erlangen. Allein mich will bedüncken/ die Alten haben darmit vornemlich dahin gesehen/ und zu verstehen geben wollen/ daß die jenige Dinge/ welche man in den Opffern brauchte/ von dem durch die Vesta bedeuteten Feuer ihr Wesen/ Leben und Erhaltung haben: worzu annoch kommt/ daß nichts der Götter Reinigkeit und Unsterblichkeit mehr ausdrukket/ Warumb kein Opffer ohne Feuer vollbracht worden. als die Flamme deß Feuers/ umb welcher Ursach willen auch kein Opffer ohne Feuer vollbracht werden mochte; daher dann kommen/ daß der Vesta Namen allen andern vorgesetzet worden.
Neben der Vesta sind auch noch andere Götter gewesen/ so die Alten verehret haben/ als die nemlich einige Kräffte und Tugenden der Erden bedeuteten/ und von ihr nach dero unterschiedenen Theilen hervorgegeben zu werden pflegten; zumahlen/ wie Virgilius sagt: