TA 1679, Metamorphosis, S. 15
Warum Cupido eine Blum und Delphin führe. seine Gewalt bekommen hat. Zu dem Ende/ sagt der Griechische Poet Palladas/ führet Cupido eine Blume und einen Delphin; dardurch andeutend. Daß er die Erde/ und das Meer/ in seiner Gewalt habe. Und ein ander Griech/ Namens Philippus/ schreibet/ in einem Epigrammate/ (oder Inschrifft-Gedichte) daß die Cupidines/ durch Uberrumplung/ den Himmel oder der Götter Behausung eingenommen/ und sich/ mit einem sehr herrlichem Raube/ bewaffnet haben/ indeme sie dem Phoebus genommen seinen guldenen Köcher und Bogen; dem Jupiter seinen Donnerkeil; dem Die Liebe gewinnet den Himmel. Hercules seine Keule; dem Neptunus seine dreyzänkige Gabel; dem Mars seinen Harnisch; und dem Bachus seinen/ mit Weinreben umflochtenen/ Stab: daher sich gar nicht zuverwunderen sey/ daß schwache Menschen/ mit den Pfeilen der Liebe/ sich treffen lassen/ weil die Götter ihn mit ihrer gantzen Armatur ausgerüstet.Plato nennet diesen Cupido/ den glückligsten/ besten/ und schönsten unter den Göttern. Auch beschreibet er 2 Cupidines/ deren einen er den Himmlischen/ den andern aber den Gemeinen nennet. Einige beschreiben ihn nicht allein blind; Des Cupido Geschafft. sondern eignen ihm auch zur Gesellschafft annoch die Trunkenheit/ Traurigkeit/ Feindschaft/ Zwietracht/ und andere dergleichen Laster mehr/ zu. Der Poet Marullus schreibet dieser Meinung ein sehr schön Epigramma/ in Form einer Unterredung: welches ungefähr dieses Inhalts:
Was will sein Köcher wol/ mit so viel Pfei-¶ len/ zeigen?
Daß er den trifft gewiß/ auf den sein Bo-¶ gen zielt/
und ob er blind schon ist/ mit scharffen¶ Strahlen spielt?
Warum ist er entblößt/ gantz nackt/ gantzt¶ unbedecket?
Er zeigt sich jedem frey/ und hasst was sich¶ verstecket.
Warum ist er ein Kind? zu weisen/ da߶ nicht frey
ein achtzigjährig Kind von seiner Herr-¶ schafft sey.
Wer hat beflügelt ihn? des wanckelmu-¶ tes Grillen/
wie daß er ohne Stirn? dis deutet leichten¶ Willen.
Wer raubt die Augen ihm? der schnöde¶ Wollust-Wust/
wer macht ihn mager dann? Sorg’/ Un-¶ ruh/ faule Lust.
Wer geht vor diesem Gott? das toll und¶ volle Wesen.
Unkeuschheit/ langer Schlaff/ der Bösen¶ böser Besen.
Wer gehet neben ihm? Krieg/ Vor-¶ wurff/ Haß und Schand;
Und Zwiespalt folget nach/ benebst dem¶ eitlen Tand.
Wer darff doch diese nun hoch zu den Göt-¶ tern setzen/
Die Menschen? warum das? damits/¶ weil selbst beliebt
den Göttern dieses Thun; von ihnen¶ auch geübt/
möcht desto süsser seyn.
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Damit wir aber alle der alten Poeten Gedichte beyseits setzen/ und allein erwegen/ was sie doch/ durch den Cupido/ eigentlich verstanden haben; so ist zu wissen/ daß einige der alten Schreiber/ oder Philosophen/ als Thales/ und dessen gleichen/ das Wasser für die erste Materie aller Dinge gehalten haben. Wie dann auch dieses Element ungezweiffelt eine sonderbare Materie/ so zur Fortpflantzung Was durch den Cupido bedeutet worden. sehr bequem und nöhtig ist; jedoch nicht ohne den Cupido/ den man die Liebe/ das männliche Zuthun/ eine feurige Hitze/ oder auch eine Göttliche Krafft/ welche/ wie Empedocles sagt/ allen Creaturen und Geschöpffen Wachchsthum gibt/ nennen mag. Und diese Liebe/ als eine Göttliche Krafft/ ist eine gewisse Begierde in allen Dingen/ dieselbe zu vereinigen und zu verbinden/ und also ihres gleichen Wesen/ oder Gestalt/ zu zeugen und hervor zu bringen: oder sie ist ein Göttlicher Verstand/ so der Natur eine solche Neigung/ Trieb oder Lust einzudrucken pfleget. Dahero dann auch kommet/ daß Einige dem Cupido so viel unterschiedliche Eltern zuschreiben: Indem ihn der eine von der Materie des ungeschickten Chaos wil entsprossen haben; der andere/ und meiste Theil aber/ von der Venus: welche Venus auch eigentlich für die in allen Geschöpffen verborgene Begierde/ ein Bild/ oder Geschöpff/ ihres Gleichen hervor zu bringen/ gehalten wird: welche Begierde aus einer gewissen Ubereinkommung der Leichname und Temperatur der Lufft urständet. Was durch des Cupido Flügel verstanden werde. Die Flügel/ so ihm an die Schuldern gedichtet werden/ gehen auf die Unbeständigkeit der Menschen/ in Erwehlung der irrdisch-vergänglichen Dinge. Oder/ wann mans höher verstehen wolte/ so lehren die Flügel der Liebe/ daß die Güte Gottes sehr wilfertig und sorgfältig zu Beförderung und Beyhülffe der natürlichen Dinge sey. Einige streichen ihme weisse Flügel an: dardurch eine reine oder die ehliche Liebe angedeutet wird. Der Italiänische Poet Petrarcha gibt ihm (in seinem Liebs-Triumph) Flügel von tausenderley Farben; dardurch anzuzeigen/ daß die unkeusche Liebe unmässig und unersättlich/ auch allezeit zur Veränder- oder Neuerung geneiget sey. Isidorus/ von Pelusien/ sagt/ Cupido sey darum beflügelt/ damit/ wann er seine Begierde/ in einem Dinge/ ersättigt habe/ er dasselbe verlassen/ und von Stund an zu einem andern sich erheben und fliegen könne. Daß er bewafnet mit Bogen und Pfeilen/ ist die Ursache/ daß er den närrischen Liebhaber im Geiste grossen Verdruß und Was des Cupido pfeile zu bedeuten pflegen. Unruhe machet. Xenophon sagt/ die Cupidines/ oder Lieben seyn/ darum Schützen geheissen worden/ weil die schöne Menschen von fernen verletzen können. Servius schreibt/ in Erklärung der Virgilianischen Gedichte/ die Geschoß oder Pfeile des Cupido wären die Stachel der Reue und Leydes/ welche der Liebe nachzufolgen pflegen. Sonsten/ und wann man diese Pfeile in einen höhern