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TA 1675, II, Buch 1 (antike Künstler), S. 33

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ManderInformat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 10): Mander, Schilderboek, Van Appelles, Prince der Schilders, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 76v–82r [Accessed: 2011-12-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63klvXmDK]. Sandrart ändert die Abfolge der bei van Mander gegeben Informationen.Christina Posselt, 08.11.2011Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 236
wuste er diesem König seinen Unfug vorzuwerfen/ und sich doch dabey vor seinem gar leicht aufsteigenden Zorn zu hüten. Auf fast eine solche Art/ soll er/ nach Plutarchi Aussage/ auch abgewiesen haben/ des Persischen Königs vornehmsten Bedienten/ Namens Megabyzus: Dieser besuchte ihn in seiner Werkstatt/ und fienge an/ indem er seiner Arbeit zusahe/ von unterschiedlichen Umrißen/ und deren Schatten/ unverständig zu reden und zu urtheilen: Deme solle Apelles geantwortet haben: Meine hiebey stehende Knaben/ so die Farben reiben/ haben/ so lang ihr still geschwiegen/ mit Verwunderung eure Kleinodien/ Purpur und Seidine Kleider angesehen/ sobald ihr aber angefangen zu reden/ haben sie eurer Reden/ die ihr/ von Sachen/ so ihr nicht gelernet/ noch verstehet/ geführet/ gespottet. Der Topos vom Besuch des Herrschers im Künstleratelier wird zur Auszeichnung der besonderen Fähigkeiten des Malers in der Vitenliteratur häufig adaptiert. Während die Episode in der Vita Leonardo da Vincis, in der dieser in den Armen Franz I. stirbt (als »eben der König/ ihn zu besuchen/ ankommen«, vgl. TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 85), nach van Mander erzählt wird, inszeniert sich Sandrart in seinem Lebenslauf auch selbst als neuen Apelles, wenn er vom Besuch Erzherzog Leopold Wilhelms berichtet (vgl. TA 1675, Lebenslauf, S. 17).Christina Posselt, 08.11.2011

Ihn liebt Alexander, der Große/ gar sehr. Wie lieb der Welt-berühmte Alexander den Apelles gehabt/ erscheinet aus nochfolgender That. Es hatte dieser Monarch sich ein fürtreflich-schönes Weibsbild/ Namens Campaspe, zu seiner Liebsten erkohren/ Selbige muste Apelles nackend abmahlen/ weil der König ihre Schönheit für unvergleichlich hielte. Indem nun dieser Künstler eine so vollkommene Gestalt begierig anschaute/ und aller ihrer Glieder vollständige Zierde betrachtete/ entbrandte er gegen sie in inbrünstiger Liebe/ und erhielte von ihr eine höchst-verlangte Gegen-Liebe: Die Historie von der schönen Campaspe Alexander, wie sehr auch diese beyde ihre Flammen zu verbergen suchten/ merkte doch die heimliche Verständnise ihrer Herzen/ und/ wiewol er sie gleichfals inbrünstig liebte/ schenkte er doch dieselbe dem Apelles, mit Vermelden/ daß er ein solcher König wäre/ dem auch alle seine Begierden müsten zu Gebotte stehn/ wie er dann mit diesem heroischen Gemüht größere Ehre erlangt/ als mit der Eroberung so vieler Städte/ Völker und Länder/ jederzeit zeigend/ daß er nicht allein andere/ sondern auch sich selbsten überwinden/ und seinen Begierden das jenige nehmen könne/ was sie höher als aller Städten/ große Schätze/ und unzählbare Reichtume/ achteten.

Wir lesen von vielen Liebhabern dieser Kunst/ in den Historien/ und habe auch schon etliche derselben angeführet/ welche berühmter Mahler Werke sehr hoch geachtet/ selbige mit vielen Talenten bezahlet/ und gegen Gold aufgewogen haben/ es hat aber dieselbe alle der/ in Namen und That Große Alexander, Seine Werke/ weit übertroffen/ dessen Apelles sehr wol genossen/ als der diesen Großmächtigsten König/ und seinen Vatter Philippum, so oft gemahlet/ daß es zu erzehlen fast unmöglich fallen will. Etlicher nun zu gedenken/ so hat er ihn einsmals gemacht/ wie den donnernden Gott Jupiter, in seiner Hand den Blitz und Donnerkeile/ als zusammen gebundene Pfeile haltend/ und dieses alles so fürtreflich/ daß die Finger an Alexanders Hand ganz erhoben/ und der Blitz/ gleich als aus der Tafel heraus gehend/ schiene: Für welches Stuck ihm waren in hohem Wehrt. auch/ seiner Fürtreflichkeit halben/ 20 Talenta sind bezahlt/ und dasselbe in den Tempel der Göttin Dianae zu Epheso gestellet/ ja hernach/ obwol es nur mit vier Farben gemahlt gewesen/ ist es gar mit einem Kornmaß voll ungezehlter Gold-Münze erkauft worden: Eben diesen triumfirenden Helden

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hat er auch in zweyen andern sehr künstlichen Tafeln gebildet/ die nachmals nach Rom gekommen; von welchen Carl von Mandern aussaget/ daß er sie in Rom gemahlet habe.

Hat seine Feinde und Neider. Unter so vielem Glück/ ware dieses sein Unglück/ daß der Nachfolger Alexandri des Großen/ und nachmals König in Egypten/ Ptolomaeus, (der ganz widrigen Sinnes ware/ gegen dem/ so zur Zeit Arati gelebet/ und dessen ich droben in dieses Buchs 4. Cap. 32. §. gedacht) ihn zum häftigsten gehasset: Als nun Apelles auf eine Zeit Schiffbruch erlitten/ und an den Alexandrinischen Gränzen ausgeworfen/ dannenhero gezwungen worden/ in die Stadt zu kommen/ haben etliche/ ihne neidend- und anfeindende Mahlere/ des Königs Schalks-Narren angelernet/ daß er ihn zu gedachtem König Ptolomaeo zu gast geladen/ in der Meinung/ daß er daselbst wacker solte verspottet werden: Apelles, hoffend/ der König hätte irgend seinen wider ihn gefassten Haß schwinden lassen/ erschiene bey der Tafel/ wurde aber ganz ergrimmet gefraget: wer ihne beruffen hätte ? Er wuste aber den Namen des Einladers nicht zu nennen/ doch ergriefe er eine Kohle aus dem Camin/ und fienge an die Gestalt desselben an die Maur zu zeichnen/ alsbald erkannte der König den Thäter/ und erfuhre dardurch den ganzen Handel. So vollkommen ware Apelles in der Abbildung nach dem Leben/ aus welcher Vollkommenheit ihme dann großer Ruhm erwachsen/ wohin auch gehöret/ daß Alexander der Große schon lang für dieser Geschicht/ durch ein offentliches Edict verbotten hat/ daß ihn kein anderer Mahler/ als Apelles, bilden solte.

Ja/ jeztgedachter sein Erz-Feind der König/ Demetrius, als er sahe/ daß Apelles seinen Schalks-Narren/ durch einen künstlichen Umriß/ so artlich entdecken können/ nahme ihn zu Gnaden an/ und ersezte den ersten großen Haß mit größerer Liebe: Weßwegen er von andern mächtig angefeindet und beneidet worden/ absonderlich von dem Hof-Mahler Antiphilo, der ihn in der Kunst zu trutzen vermeinte/ nachdem er sahe/ daß seine Wissenschaft/ gegen des Apelles großen-Verstand/ nur Kinder-Spiel seye.

Der Neid zeugete in diesem Antiphilo die Verleumdung/ kraft deren er den Apelles für dem König fälschlich beschuldigte/ daß er durch einen/ Namens Entgeht großer Gefahr. Theodota, den gefährlichen Aufruhr in der Stadt Tyrus gestiftet/ wie er dann nicht allein mit gedachtem Rädels-führer heimliche Correspondenz gehabt; sondern in gedachte Stadt mit ihme Abendmalzeit gehalten/ und über der Tafel viel Dinges ins Ohr geraunet hätte/ biß endlich dieser Theodota in seine Anschläge gewilliget/ und die Stadt/ wider Ptolomaeum, zur Aufruhr bewogen. So hätte er auch über das den Rahtschlag zu Eroberung Pelusiens gegeben/ und also mehr als einmal das Leben verwürket. Der König glaubte/ nach gemeiner Art der großen Potentaten/ alsobald diesen falschen Anklagen/ und liese sich den Zorn so überwinden/ daß er weiter nichts nachfragte/ noch sich erkundigte: ob dem Apelles ein solches Verbrechen wol in Sinn möge kommen

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Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 10): Mander, Schilderboek, Van Appelles, Prince der Schilders, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 76v–82r [Accessed: 2011-12-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63klvXmDK]. Sandrart ändert die Abfolge der bei van Mander gegeben Informationen.Christina Posselt, 08.11.2011Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 236