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TA 1679, Metamorphosis, S. 80

Linke Spalte

Liebe zu erlangen/ bey dieser Jungfrauen/ in Erwegung er von Reichthum und Geschlecht viel geringer war/ dann sie: nahm er allein/ zur Unterhaltung seiner Liebe/ was er in Ehrenziemender Gebühr von ihr geniessen mochte/ welches allein war/ sie zu sehen. Deswegen er allenthalben bey ihr war/ wo es ihm nur bey ihr zu seyn erlaubt. Worzu ihme dann seine Schönheit sehr wol zu statten kam. Dann wann er sich verkleidete/ und unter die Jungfern kam/ wurde er leichtlich gleichfalls für eine/ aus ihrer Gesellschafft/ angesehen und gehalten. Allein indem dieser unglückselige Jüngling andere/ oder vielmehr sich selbsten betrog: fügte sichs eins/ daß er/ in der Gesellschafft seiner Allerliebsten/ und vieler anderer schönen Jungfrauen/ von der Stadt Athen hinaus/ auf eine Kirchwey gieng/ der Eleusinischen Ceres zu opffern/ aber/ mit dieser gantzen Gesellschafft/ schnell und unversehens überfallen/ und/ von einem Hauffen wilder und grausamer Seerauber/ gefangen und weggeführet wurde. Als die Rauber nun ferne/ und viel Meilweges von Athen hinweg waren; erzeigten sie sich/ bey ihrem Raube/ sehr frölich: und weil sie an einem verborgenem Orte waren/ allda sie in guter Sicherheit zu seyn vermeinten; liessen sie sich nieder/ etwes aus zu ruhen/ dann sie/ von dem Ungemach der See/ durch die lange Fahrt/ und Beschwerlichkeit dieses Zugs/ fast sehr ermüdet waren/ dahero sie/ indeme sie um die verzagten Weibsbilder/ wie sie solche dafür hielten/ unbesorgt waren/ in einen süssen Schlaff sancken. Da ermunterte den Hymenaeus sein männlich Gemüht/ und die im Hertzen angeflammte Liebe/ dieser Gelegenheit und Zeit wol war zunehmen/ und sich und seine Liebste/ zusamt der gantzen entführten Gesellschafft/ zu erlösen: ergriff darauf eines dieser Rauber Gewehr/ und brachte sie/ ehe einer erwachte/ alle um. Nachdem er nun diese Jungfrauen erlöst/ und wieder an einen wolverwahrten Ort gebracht hatte/ gieng er wieder in die Stadt/ und versprach denen von Athen/ ihnen ihre verlohrne Töchter wieder zu lieffern/ dafern sie ihme eine von denenselben/ die er allein hertzlich liebte/ zum Weibe geben wolten; welches ihm gerne verwilliget wurde/ nachdem iedweder vernünfftiglich urtheilte/ daß er sie wol dardurch verdienete. Und also erlangte Hymenaeus diese schöne Jungfrau noch/ die er zuvor so oft/ aber ohne Hoffnung/ gewünscht und verlangt hatte. Mit welcher er/ nach frölich und feyerlich begangener Hochzeit/ die gantze Lebens-Zeit/ in glück- und gedeylichem Wolstande/ eine friedliche Ehe besaß. Und dieweiln er diese Jungfrauen erlöst/ und seine/ so hertzlich gewünschte/ Heyraht einen deromassen glücklichen Ausgang erlanget hatte: haben sie/ vor Alters/ auf Hochzeiten/ zum öfftern seinen Namen genennet/ und geruffen/ Hymenaeus! Hymenaeus! als gleichsam zu einem glücklichem Zeichen/ und den Hochzeitern das Glück des Hymenaeus anzuwünschen. Welches insonderheit/ bey den Griechen/ ein allgemeiner Gebrauch war; gleich wie man/ bey denen Römern/ dem Bräutigam und der Braut/ Thalassius! zu zuruffen pflegte. Diesem Thalassius/ welcher ein tapffer Kriegsmann war/ wurde aus denen Sabinisch geraubten Weibern/ eine sehr schöne Jungfrau/ von den Kriegsknechten

Rechte Spalte

Thalassius auf denen Römischen Hochzeiten angeruffen. zugeführt/ die im überbringen immer rieffen: dem Thalassius! dem Thalassius! Deme sie dann auch sehr willkommen/ und von ihm zum Weibe angenommen wurde: und weil diese Heyraht ebenmässig/ bis zum Ende/ sehr glücklich war/ wurde Thalassius/ auf den Römischen Hochzeiten/ allezeit angeruffen.

Hymenaeus Gott der Hochzeiten. Nachdem nun vorbesagter Hymenaeus/ von denen Griechen/ auf Hochzeiten/ in solcher Meinung/ vielmals zu einem Freuden-Wunsch und Glücks-Zuruff gebraucht worden; ward er endlich gar für den Gott derselben gehalten: gleichwie Juno die Göttin derselbigen war; dieweil/ durch Mässigung und Gütigkeit der Lufft/ die Heyrahten zu geschehen pflegen/ und nicht allein darum/ daß sie die Göttin des Reichthums ist/ als welcher sonst viel heyrahten macht. Mit dem Wörtlein Hymen oder Hymenaeus wird auch noch angedeutet/ die Ursach des Jungfräulichen Namens.

Diese Heyraht nun des Thereus und der Progne war/ von diesen zweyen Vorstehern der Hochzeiten/ nicht bewilligt. Die Eumenides haben wir/ im vierdten Buche/ beschrieben: dahero wir allhier von ihnen mehr nicht zu sagen/ dann daß sie/ auf dieser Hochzeit/ die Kertzen/ nicht zwar der Freude/ sondern des Elends/ gehalten. Mit diesen Kertzen hatten die Heyden viel Wesens: wann sie nicht helle und klar brannten/ bedeutete es ihnen kein gutes Anzeigen: auch sagten sie/ es pflegte übel zugehen/ wo der Dros die Kertzen hielte. So war auch die Eule/ mit ihrem unlieblichem Geschrey/ bey den Heyden/ für eine Vorbedeuterin des Unglücks; also daß sie/ des Abends/ wann sie die Eule hörten/ nicht leichtlich ausgiengen/ oder wann sie selbige auf dem Wege hörten/ von demselben Augenblick an wieder umkehrten/ und nach Lehrliche Erklärung der Fabel vom Thereus/ Progne und Philomela. Hause giengen. Die Fabel vom Theseus Thereus/ der Progne/ wie auch der Philomela/ und ihren Veränderungen/ sind genommen aus einer Geschicht. Dann weil Theseus Thereus einer grausamen Natur war/ suchte er alles mit Gewalt an sich zu ziehen: dannenhero auch von ihm gesagt wurde/ daß er des Kriegs-Gottes Martis Sohn wäre. Dieser/ nachdem er seiner Gemahlin Schwester genothzwängt/ hielte er sie im Verborgen/ also daß seine Gemahlin/ die anders nicht wuste/ dann daß sie todt wäre/ unablässig weinete und seufftzete/ darneben auch einen Traurhabit anlegte. Welches Ursach gab zum Gedichte/ als ob sie in eine Schwalbe wäre verwandelt. Die Verändrung der Schwester in eine Nachtigal/ gibt zu erkennen/ daß/ ie mehr die Untugend/ oder Boßheit die Tugend unterzudrucken suchet/ ie mehr sie sich erhebet/ und ihre Kraft und Süssigkeit offenbaret. Dann weil dieser Philomela vom Theseus Thereus die Zunge benommen ward/ auf daß seine Boßheit verschwiegen bleiben möchte: wurde sie/ mit einer vortrefflich-lieblichen Stimme/ vom Himmel versehen/ wormit sie/ in dem grünen Lentzen/ Tag und Nacht/ in den Wildnussen/ einen/ das menschliche Hertz erfreuenden/ frölichen Gesang und Klang von sich hören lässet/ und der lieblich-nachäffenden Echo die Zeit vertreibet. Aber/ daß der schändliche Theseus Thereus in einen Wiedhopffen/ wie sein unreines Leben würdig war/ verwandelt wird/ gibt keine andre