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TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 239

Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 18): Mander, Schilderboek, Het leven van Lucas van Leyden, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glas-schrijver, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 211r–215r [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632Yl9HD5]. Sandrart fügt einige eigenständige Passagen hinzu (vgl. die ausgewiesenen Einschübe).Christina Posselt, 02.08.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 456
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vertrauet worden. Andere haben in der Wiegen mit Schlangen-Kampf zu ihrer erfolgenden Kraft und Stärcke Hofnung gemacht; worauf dann auch das uralte Lateinische Sprichwort gezielet: Urit maturè, quod vult urtica manere. Die Neßel/ so einmal soll brennen/ gibt ihre Hitz bey Zeit zu kennen. Van Mander gibt nicht das lateinische Sprichwort, sondern die niederländische Variante wieder: »Dat wat Netel te worden heeft, vroech te bernen oft te steken begint« (vgl. Mander, Schilderboek, Het leven van Lucas van Leyden, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glas-schrijver, hier zitiert nach der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 211v [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632Yl9HD5]).Christina Posselt, 22.08.2011 Also weiß ich unter allen herrlichen Niderländischen Geistern/ die in unserer Mahl-Kunst in erster Blühe ihrer Jugend sich herfürgethan/ keinen fürtrefflichern/ als den berühmten Lucas von Leyden/ der mit dem Pensel und Grabeißen in der Hand/ zu der Zeichen-und Mahl-Kunst schiene gebohren zu seyn/ dann es ist fast mehr verwunderlich als glaublich zu hören/ daß er schon im neunten Jahr seiner Kindheit hat Kupferstiche von selbst eigner Hand und invention ausgehen laßen/ die sehr artig und wol gemacht gewesen/ worvon noch etliche zu haben/ worauf kein datum steht/ Aus andern aber/ denen ein datum beygefügt/ ist zu sehen/ um welche Zeit er gelebet/ und wann ers gestochen habe/ weil er zu Leyden im 1494. Jahr/ ungefehr den letzten Maji, oder im Anfang des Junii gebohren worden.

Seine Lehr-Jahre. Sein Vatter hieße Huygh Jacob, und war auch ein köstlicher Mahler zu seiner Zeit; bey deme Lucas, von der Natur schon schier ein Meister/ zu lernen angefangen/ nachmals aber bey Cornelius Engelbrecht ausgelernet hat. Alsobald in den ersten Jahren/ strekte er/ neben Anleitung der Natur/ möglichsten Fleiß daran/ und brachte manche Nacht bey dem Liecht durch; sein Spielwerk und Spielgezeug waren lauter zu der Kunst taugliche Sachen/ als Kohlen/ Kreide/ Feder/ Pensel/Grabeißen/ und dergleichen/ zu Gesellen nahme er nur solche Jünglinge an/ die eines gleichförmigen Sinnes waren/ nämlich junge Goldschmidte/ Glaßschreiber/ und Mahlere; daß/ wegen strenger ämsigkeit/ seine Mutter ihn oft zu Nacht von dem Zeichnen getrieben/ aus Furcht/ er möchte/ mit so späten Wachen/ seinem jungen Kopf oder der Gesundheit einen Abbruch thun; Doch ließe er nicht nach/ sondern contrafätete ihm alle Dinge nach dem Leben/ als Angesichter/ Hände/ Füße/ Häußer/ Landschaften/ und allerley Kleider/ an denen er sonderbaren Gefallen hatte/ wurde also ganz universal in allen der Mahl-Kunst zuständigen Dingen/ und übte sich im Mahlen von Oel-und Wasser-Farbe/ in Historien/ Contrafäten/ Landschaften/ Bildern und Glasschreiben/ auch Kupferstechen von Jugend auf.

Seiner ersten Jugend Arbeit. Da er zwölf Jahr alt ware/ mahlte er auf ein Tuch von Wasser-Farbe die Geschicht von dem heiligen Huberto wunder-herrlich und schön/ und machte sich darmit sehr berühmt/ bekame auch von dem Herrn von Lochorst so viel Goldgulden darfür/ als er alt war. Im vierzehenden Jahr brachte er in Kupfer eine Historie/ wie Mahomet in der Trunkenheit einen Mönch erwürgt. Ein Jahr darnach verfärtigte er unterschiedliche Sachen/ unter andern die runde Passion-Stuck zum Glasschreiben/ als nämlich die Fahung Christi im Oel-Garten/ Stellung vor Annas, die Verspottung/ Geißlung/ Crönung/ Ecce homo, Kreutztragen/ und Crucifix, alle sehr fürtrefflich und wol ordinirt;

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Eben dieses Jahr verfärtigte er in Kupfer die wunder-künstliche Bekehrung S. Pauli, da er blind nach Damasco begleitet wird/ mit gar natürlicher Ausbildung der Blindheit. In diesen und andern seinen Kupfern sieht man wunder-schöne und unterschiedliche Gesichter/ auch Kleidungen auf die alte Weiß mit Mützen und Wämsern/ daß eines fast dem andern nicht gleich/ und große Meistere unserer Zeit in Italien sich mit seinen Kupfern zu behelffen wissen/ auch selbige zum öftern in ihren Werken/ mit kleiner Veränderung/ gebrauchen; Von dieser Bekehrung Pauli meldet auch Vassari, und rühmet ihn/ in unterschiedlichen Theilen/ über den fürtrefflichen Vergleichung seiner und Albert Dürers. Albert Dürer selbst/sagende/ die Werke dieses Künstlers verdienen genug/ daß er unter die Fürtrefflichste/ die jemalen in Kupfer mit Grabeißen gehandelt/ könne gezehlet werden; Die Zusammenfügung und Anordnung seiner Historien seyen so gut/ daß sie gleichsam die Geschicht selbst zu seyn scheinen/ so natürlich habe er selbige gemacht/ seine Ding seyen auch mit sonderbarer Aufmerksamkeit und Warnehmung der Reglen oder Ordnung der Kunst gemacht/ über diß sehe man in seinem Strich eine große Emsigkeit/ daß sie unmöglich mit der Farbe bäßer zu wegen zu bringen/ dannenhero/ durch desselben Vorgang/ vielen Mahlern die Augen geöffnet worden wären. Dis ist das Zeugnus des Vassari von unserm Lucas, und ist theils auch wahr/ daß so gute Ordinanzien und etliche natürliche Warnehmung der Perspectiv, in Albert Dürers Werken/ besonderlich in den Landschaften/ nicht zu sehen seyn.

Andere seine Kupferstiche. Das nachfolgende 1510te Jahr schnidt er das wundersame Ecce homo, über das sich ja billich zu verwundern/ daß in einem so jungen Menschen/ ein so reiffer Geist und Verstand gewesen/ so wol im ordiniren/ Unterschiedlichkeit der Kleider/ Bilder und Völker/ als auch moderner herrlicher Gebäude/ alles so fürtrefflich wol nach der Perspectiv-Kunst/ daß es nicht bässer seyn könte. Mehr machte er einen Bauren und Bäurin mit dreyen Kühen/ wie die Bäurin vom Melcken aufstehet/ und die Müdigkeit über dem gebukten Sitzen entdecket/ so ein fürtrefflich und hochgeachtes Stuck ist; darnach machte er/ wie Adam und Eva aus dem Paradeis getrieben werden; wiederum/ wie Eva ihren erstgebornen Sohn Cain auf dem Arm hält/ so auch ein sehr herrliches Stuck. Ferner eine kleine nakkende Frau/ die ein klein Hündlein abflohet; diese Stuck habe ich wollen erzehlen/ um zu beweißen/ was für große Früchte ein so junger Zweig getragen habe; übriges alles/ was er gemahlt/ geschnitten/ gestochen/ und auf Glas geschrieben/ wäre mir unmöglich beyzubringen.

Aus diesen allen ist zu sehen/ daß er sehr sorgfältig/ ämsig/ nett und sauber seine Farben anzulegen gewust/ und kein einiges Kupffer ausgehen lassen/ in deme das geringste Mackel gewesen/ wie dann seine Tochter Zeugnus gegeben/ daß er einen grossen Hauffen Kupfer verbrant/ als sie nicht recht Seine Kupferstiche worden sehr theur verkauft. wol im Druck heraus gekommen/ weßwegen dieselbe auch noch bey seiner Lebens-Zeit sehr viel gegolten/ nämlich jedes Stuck von seinen großen Blättern/ als die Magdalena, das Crucifix Vermutlich ist hiermit der Kalvarienberg gemeint, Lucas van Leyden hat jedoch auch eine Kreuzigung mit Maria und Johannes geschaffen.Christina Posselt, 29.07.2009, Ecce

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Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 18): Mander, Schilderboek, Het leven van Lucas van Leyden, uytnemende Schilder, Plaet-snijder, en Glas-schrijver, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 211r–215r [Accessed: 2011-11-08. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/632Yl9HD5]. Sandrart fügt einige eigenständige Passagen hinzu (vgl. die ausgewiesenen Einschübe).Christina Posselt, 02.08.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 458