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TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 123

Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Ioan da Vdine, Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 143v–145v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631PKEenQ].Christina Posselt, 21.07.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 333
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sie ganz natürlich erhoben zu seyn schiene/ so liegen auch unterschiedliche musicalische Instrumenta zu ihren Füßen/ welche von Raphäel gemacht/ und doch/ als ob alles von einer Hand wäre/ das Ansehen hat.

Es geschahe kurz hernach/ daß man bey S.Peter in Vinculis, in den ruinen des Palasts Titi, grube/ um daselbst Bilder zu finden/ da wurden unter der Erden einige gewölbte Grotten und Cammern voll kleiner Historien und Figuren mit Zierrahten von stucco gefunden/ alles noch so schön und frisch/ daß Raphaël und Johann, die solche zu besichtigen hinunter gegangen/ sich sehr darüber verwundern müssen/ nicht zwar so viel über den Unterschied als die Schönheit und Kunst an diesen Werken. Diese Groteschken nun von so guter Zeichnung und künstlicher Arbeit von stucco, lagen Johann so tief im Gehirn und Sinn/ daß er sich nicht nur ein- oder zweymal/ sondern sehr oft/ solche zu Suchet nach denen in Rom gefundenen Grotesken die Antiche-Manier von stucco wieder herfür zu bringen/ copiren/ dahin begabe. Vor all anderm aber gefiel ihm die schöne Manier von stucco, woraus die schöne Groteschken gemacht waren. Er wandte hierbey großen Fleiß an/ dieselbe wieder herfür zu bringen/ nahme derohalben Kalch/ Griechisch Pech/ Wachs und gebrochene Backsteine/ mengte die untereinander/ und verguldete darauf/ welches sonst von niemand/ als denen Alten/ zuwegen gebracht worden/ aber es wolte ihme dieses noch nicht gefallen/ weswegen er immerzu weiters nachsinnete/ und Kalch und Pozzolana, welches ein Sand ist/ so bey Rom gegraben wird/ zusammen nahme. Aus diesem nun probierte er halb-runde Bilder zu machen/ konte aber dardurch die Glätte/ die bey den Alten zu finden/ nicht haben: Nach solchem gedachte er/ in den Trevertinischen weißen Stein/ Kalch zu mengen/ welches sehr wol gelungen/ aber es wäre wie auch geschehen. noch nicht ganz der Alten Manier ähnlich/ darauf ließ er erstlich nehmen den allerschönsten weissen Marmor/ denselben klein zerstampfen und pulverisiren/ vermengte diesen mit schönem Trevertinischem Kalch/ und fande/ daß dieses der warhafte Trevertinische Stucco, wie er verlangt/ wäre.

Solches geschahe eben um die Zeit/ da Raphael an den logien zu arbeiten hatte/ derowegen ließ er Johann seine neu-erfundene Kunst zu den logien anbringen/ und dieselbe überall mit stucco auf die alte Weiße zieren/ welche dann sehr prächtig/ schön Ubertrift in gewißen Stucken die Antiche. und frölich da stunden. Hierbey nun seynd auch Landschaften/Historien/ Gebäude und andere Stuck gemahlt/ daran Johann seine äusserste Kraft und Macht/ so nur dieser Kunst beygebracht werden mag/ angewendet. Ja/ er übertraf mit etlichen seinen Werken von stucco der Alten ihre Werk/ an dem Colosseo selbst/ weiln er gemacht Vögel mit Federn/ ganz nach dem Leben/ auch Fisch/ Wasser-Thier und allerley Ungeheur des Meers/ auf unterschiedliche Manier/ wie auch Früchten/ Trauben Betriegt mit einem gemahlten Teppich des Papsts Cammerdiener./ Blumen/ Getreid/ Haber und dergleichen/ welches alles unmöglich zu erzehlen. Zu End dieser logie hat Johann gegen der Maur einen Teppich oder Umhang gemahlet/ auf welchen/ als der Papst zugienge/ lief einer von den Cammer-Dienern voran/ um den Teppich oder Umhang aufzuheben/ damit

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der Papst durchpassiren möchte/ fande sich aber betrogen.

Hier hab ich geredt von der obristen logie, welche so schön/ als jemalen von einem sterblichen Aug etwas schöns mag gesehen worden seyn/ wordurch dann nicht nur in Rom; sondern auch in der ganzen Welt sein Nam sich so ausgebreitet/ daß seine Manier zu mahlen überall gerühmet worden. Absonderlichen aber hat er in dem ein besonderes Lob verdienet/ daß er die rechte alte Manier von stucco, und darzu die schöne Art von Groteschken wieder aufgebracht. In der untersten logie sahe man (über das/ daß die Groteschken und Arbeit von stucco sehr vortreflich gewesen) von unten auf/ in dem Gewölb mit großem Lust/ einige Wägen/ und auf denselben allerhand Geschirr mit Weintrauben und andern Früchten/ auf welche die Vögel des Himmels flogen/ und davon ihre Nahrung holen wolten. Da schienen nun etliche Trauben/ als ob sie von dem Gewölb ganz abgesondert herunter hiengen/ wiederum war auch ein Saal/ darein von Johann allerley vielfärbige Papageyen/ die Papst Leo hatte/ auch Meerkatzen/ Fabianen/ Affen und viel dergleichen fremde Thier/ alle nach dem Leben und sehr natürlich/ gemahlet worden: Zu großem Schaden der Kunst aber/ hat Papst Paulus der IV diesen Saal/ um eine andere Cammern daraus zu machen/ nider gerissen/ und also den Palast dieser sonderbaren Zierde beraubt/ welches er wol nicht würde gethan haben/ so er die edle Kunststuck/ die darinnen sich enthalten/ verstanden hätte.

Nach noch etlich andern verfärtigten Werken/ Arbeitet von Stucco die Logien zu Vigna Madama. mahlte und arbeitete er von stucco die Logien zu Vigna di Madama, und machte daselbst Groteschken/ Festonen/ Thür/ Gewölb und Gesämse/ so schön/ daß es scheint/ Johann habe in diesem Werk sich selbst wollen übertreffen. Durch dieses verdiente er von dem Cardinal Julio de Medices einen Canonicat von Givitale in Friaul, und bekam auch für seine Freund noch viel andere Beneficien. Aber diesen Canonicat übergab er seinem Bruder. Nach diesen machte er eben daselbst eine Fontana, da das Wasser aus einem marmornen Elephanten-Kopf herfür springt/ und nachmaln in die Zimmer einen Tempel von Neptunus, und eine Cammer/ die mit einem artlichen See-Streit von stucco gezieret/ und in welchem viel Schuppen-Heer und andere Meer-Wunder sich befinden/ dergleichen wenig zuvor in Palazzo maggiore gefunden worden. Mahlet schöne fontanen. Wiederum machte er eine Fontaine/ aber wild/ in eine Höle oder Wüsten/ von einem Steinfelsen/ der mitten im Busch war/ da scheinet das Wasser künstlich durch eine Falle hinauf getrieben/ und hangt hernachmals wie Eiß herum/ nicht anderster/ gleich als im Winter die gefrorne Eißzapfen von den Tächern hangen/ welches alles natürlich einem wüsten Platz ähnlich und gleich schiene/ oben auf dem Felsen stelte er einen Löwen-Kopf/ mit viel wüsten Kräutern bewachsen/ welches unglaublich wol stunde/ Ihm wird für ein Stuk eine ganze Herrschaft verehrt. für dieses verehrte der Cardinal ihm eine Herrschaft von S. Pietro, und schikte ihn nach Florenz/ woselbst er von stucco und andern viel gearbeitet/ daß er sonderbaren Ruhm auch von den Florentinischen Mahlern erhalten.

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Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Ioan da Vdine, Schilder, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 143v–145v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631PKEenQ].Christina Posselt, 21.07.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 335