TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 112
Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Francisco Monsignori, Schilder van Veronen, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 135v–136v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631OvaOkw].Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 321
und schickte ihn derohalben nach Mantua, Lernet zu Mantua, bey Andrea Mantegna um daselbst dieselbe bey Andrea Mantegna zu erlernen/ bey welchem er dann also zunahme/ daß er in kurtzer Zeit von Francisco II. Marggrafen von Mantua, als einem großen Liebhaber der Kunst/aufgenommen; und Anno 1487. mit einem eignen Hauß zur Wohnung beschenket/ wie nicht weniger mit einer herrlichen Bestallung jährlich versehen wurde. Für welches alles Monsignori nicht undanckbar gewesen/ sondern sehr treulich und mit grosser Lust gedienet/ auch dadurch täglich Erlangt große Gnad bey dem Marggrafen. des Marggrafen affection und Gnade/ gegen sich vermehret/ so daß der Marchese nicht einmal aus der Stadt verreiset/ daß nicht Franciscus Monsignori um und bey ihme seyn müssen/ auch hörte man ihne oftmahlen sagen/ daß Franciscus ihme so lieb/ als sein ganzes Fürstentum seye.
Es mahlete Franciscus viel Werke für seinen Herrn in den Palast S. Sebastian in Mantua; und außerhalb in dem Castell von Gonzaga, ingleichen in den sehr schönen Palast von Marmitolo. Als er Anno 1499. gemahlt einen Triumph oder Sieg/ und viele Contrafäte derer bey Hof darein gebracht/ gab ihme der Marches ein Landgut in dem Mantuanischen Bezirk von 100. Joch Lands/ genannt Marzotta, samt einem Herren-Hauß/ Hof und Wiesen/ und andern schönen Zugehörungen. Es liese auch der Marchese viele Contrafäte dern Stammesgenossen des Hauses Gonzaga machen/ dern theils in Franckreich und Teutschland gesandt worden/ theils noch in Mantua sind/ weiln er ein guter Contrafäter war. Er machte zu Mantua in S. Francesco Kirche zwey Bilder/ eines S. Ludwig/ das andere S. Bernard, welche miteinander den Namen JESUS hielten/ und auf ein Tuch von Oelfarbe in groß/ Er mahlet Christum/ und die 12. Apostel. Christum, mit den zwölf Apostlen/ sehr wol verkürzt/ und mit großer Andacht gemacht. Unter welchen der Verrähter Judas/ mit einem ganz fremden und vor allen andern erkantlichen Angesicht/ gemahlt/ als welcher mit einer boßhaftigen mine den HErrn Christum anschielet/ da alle die andere ihren HErrn und Meister mit vielfältigen Liebesblicken ansehen. Zur rechten Seite ist ein heiliger Franciscus in Lebens-Größe/ welcher die Heiligkeit gleichsam selbst zu seyn scheinet/ der praesentiret Christo den Marchesen nach dem Leben/ in einem langen Rock/ nach der alten Manier/ gebildet. Darbey ist auch gecontrafätet sein ältister Prinz/ und nachmals Herzog Friderich/ als ein schönes junges Kind. Auf der linken Seite ist der heilige Bernard, welcher vorstellet Sigismundum den Cardinal von Gonzaga, als Brudern des Marchesen, vor den Cardinal hat er gestellet die junge Marggräfin Leonora, nachmals Hertzogin von Urbino; diß wurde von allen fürtrefflichen Mahlern hochgepriesen.
Er wandte auch großen Fleiß an einem S. Sebastian, der nachmals gestellt wurde ausserhalb Mantua zu S. Maria della Gratia, hierinn machte er viele nach dem Leben; und kame der Marches sehr oft in seine Werk-Kammer/ daß er ihme zusahe. Einsmals sagte der Marches zu Francisco: diesen Heiligen zu bilden/ soltet ihr einen
schönen Leichnam zu einer Idea oder Formular haben; deme antwortete Franciscus: Ich brauche hierzu einen Tagwerker/ der schön leibig ist/ und binde denselben/ wie ich ihn zu mahlen verlange/ damit das Werk natürlich heraus komme. Dem aber der Marches replicirte: Dieser Mann wird sich nicht so viel rühren und geberden/ Eine schöne Manir/ den H. Sebastian zu mahlen. als bey dem heiligen Sebastian vonnöthen/ dann solcher in keiner Todes-Gefahr begriffen/ aber damit es wol gelinge/ so ruft mir/ wann ihr ihn wieder gebunden vor euch habt. Diesen Befehl vollzoge den andern Tag Franciscus, und als der Mann gebunden war/ kame der beruffene Marches mit einem gespannten Bogen und Pfeile/ rufte/ einen großen Grimm in seinem erzürneten Angesicht zeigend/ ha Verrähter/ nun bist du des Tods/ da hab ich dich/ wie ich längst verlangt. Der arme Mann/ meinend nicht anders/ als es wäre Ernst/ streckte und bemühete sich so viel als möglich/ die Fessel und Bande entzwey zu reissen/ und zeigte also dem Mahler die verlangte Geberden/ indeme die Gefahr so wol in alle Gliedmassen/ als absonderlich in das gantz erbleichte Angesicht einen großen Schrecken gejaget hatte; und auf diese Weïe machte Monsignori, in Warnehmung des lebhaften Exemplars, seinen Sebastian auf das bäste/ als man nur erdenken mochte.
Einen schönen Hund/ womit er einen lebendigen Hund/ Nach diesen und noch andern Stucken mahlte er für den Marchesen einen Türkischen Hund/ der von dem Groß-Türken/ samt andern Regalien/ seinem Marchesen zugesandt worden. Dieser stunde auf einem gemahlten Stein/ und war so wol und naturäl gemacht/ daß ein anderer Hund/ welcher dem Türkischen lebendigen sehr feind gewesen/ sich/ in Ansehung dieses gemahlten/ von dem/ der ihn gehalten/ loß und ledig gerissen/ und auf die Mauer mit vollem Sprung zugelauffen/ daß er seinen Kopf an der gemahlten Maur oder Hund verwundet. Ferner hat er gemahlt ein halb Marienbild von Oelfarben/ bey deme ihr Kind auf der Erden stund/ so einen Arm um der Mutter Hals hatte; Diese Tafel kame nachmals nach Verona an den Grafen Ludwig da Sesso. Woselbst auf einen Abend Alonso di Castiglia, und der Capitain Alarcon bey dem Liecht lange Zeit speculirten/ und sich über das köstliche Werk verwunderten/ zu welchen auch kame des Grafs Ludwigs Gemahlin Catharina, mit einem kleinen Söhnlein/ welches und mit einem gemalten Kind einen Vogel betriegt. auf der Hand hatte einen Vogel/ von der Art/ welche man zu Verona Terranzi nennet; weiln sie auf der Erd nisten/ und abgerichtet werden/ gleich wie die Falken auf die Hände zu sitzen. Die Gräfin stunde nun auch dabey still/ und besahe das Gemähl; als aber der Vogel den ausgestreckten Arm des Kinds ersehen/ flohe er eilig darauf zu/ um darauf zu sitzen; indem er aber keinen Platz fande/ fiel er zur Erden/ dannoch vermochte die Natürlichkeit dieser Hand so viel/ daß er auch zum öftern von der Erden sich aufschwange/ und darauf zu kommen vermeinte: über welches sich beyde Herren und die Frau sehr verwundert/ und wolten dieses Stuck hoch und theuer erkauffen/ aber es war um keinen Wehrt zu bekommen.
Nach diesen und noch viel andern verfärtigten
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Francisco Monsignori, Schilder van Veronen, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 135v–136v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631OvaOkw].Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 323