TA 1680, Iconologia Deorum, S. 192
Das ist:
die dann in geschwinder Eile/ was be-¶ fohlen war/ gethan.
Vier Horae oder Jahrs-Zeiten. Und sind die Horae nichts anders/ als die Zeiten deß Jahrs: und das ist eben die Ursach/ warumb man vier Horas macht/ gleichwie auch vier Theile deß Jahrs sind/ die von der Sonne also unterschieden und genennet worden: Dann es hat die Sonne bey den Egyptern neben andern auch diesen Namen gehabt/ daß man sie Horus nennete: Dannenhero schreibet Eusebius in Lib. de Praeparat. Evangel. Die Horae, von welchen man saget/ daß sie die vier Jahrs-Zeiten und den Himmel auf und zuschliessen/ werden bisweilen der Sonne/ bisweilen auch der Ceres zugeeignet/ daher tragen sie auch zween Hand-Körbe/ einer ist voll Blumen/ dardurch der Lentz angedeutet wird; der ander voll Feigen/ das den Sommer bedeutet. Ovidius schreibet Lib. I. Fastorum, sie hüten/ benebenst dem Janus/ der Sind Gefertinnen der Flora. Himmels-Pforten. Lib. V. Fastorum machet er sie zu Gefertinnen der Flora/ und führet die Flora also redend ein:
Inque leves calathos munera no-¶ stra legunt.
Das ist:
und sammlen unsre Gab in leichten¶ Körben ein.
Pausanias schreibet/ es haben sie die Alten auf Jupiters Haupt samt den Parcen gebildet. Vielleicht wollten sie damit andeuten/ es seye das Fatum nichts anders/ als der Wille Gottes/ von dem auch die Veränderung der Zeiten herkomme.
Ihre Gestalt. Philostratus beschreibet sie also: Die Horae, welche in leiblicher Gestalt auf die Erde hernieder kommen sind/ fassen sich einander bey der Hand an/ und drehen das Jahr herumb/ so bringet dann das Erdreich alle Jahr ihre Früchte. Diese aber gehen in gelber Tracht zu oberst auf den Spitzen der Aehren/ nicht zwar dieselbige zu zerbrechen oder zu beugen/ sondern sie sind so leicht/ daß sie auch mit der Saat umbfallen. Sie sind aber gar lieblich anzuschauen/ und von wunderbarer Kunst; sie singen aufs allerlieblichste/ und wann sie die Welt umbdrehen/ so bringet
solches den Zusehern sonderbare Ergetzlichkeit/ denn sie alle gleichsam hüpffen und springen. Der aufgehabene Arm aber/ und das Haar/ so sie frey herab hangen lassen/ wie auch die von dem Lauffen sehr heisse Wangen/ und umherschiessende Augen machen sie überaus schön und lieblich. Weil nun diese verschaffen/ daß die Erde den ihr anvertrauten Saamen dem Säeman mit grossem Wucher wieder giebt/ nicht anders/ als wann sie sich der empfangenen Wolthaten danckbarlich erinnere/ und dieselben vergelte/ daher ist es kommen/ daß man Vier Gratien. gesagt/ es seyen vier Gratiae, gleichwie auch vier Zeiten deß Jahrs sind/ welche Horae genennet werden: daraus man dann abnehmen kan/ daß jene und diese eines sind.
Man dichtete aber/ die Gratiae wären gekrönet/ eine mit Blumen und Früchten der Erden/ die andere mit Aehren und Getraid/ die dritte mit Weintrauben/ Reb-Blättern und Obst/ die letzte mit Oliven und andern dergleichen Sachen/ und trage sie Apollo auf der Warum die Gratien der Venus Geferten. rechten Hand. Sie sind auch der Venus als Gefertinnen zugesellet worden/ dieweil man vor Zeiten dafür hielte/ man müste ihnen alles das jenige zuschreiben/ was zu einem schönen Gesicht und wolgestalten Leib gehöre/ wie Diodorus erzehlet. Ferner müssen sie darauf sehen/ daß die Leute der Wolthaten nicht vergessen/ sondern dieselbige danckbarlich vergelten. Zwo Gratien. Daher haben etliche dafür gehalten/ es seyen nur zwo Gratiae, als die Lacedämonier/ welche/ wie Pausanias in Laconicis erzehlet/ nur zwo verehret/ dieweil sie nur zween Dienste den Menschen leisten; der erste ist/ dem Neben-Menschen Wolthat erweisen/ der ander aber/ die empfangene Wolthaten vergelten. Jedoch schreibet gedachter Pausanias/ daß alle/ so in der Insul Delus den Gratien samt dem Mercurius oder Apollo Ehrenbildnussen Drey Gratien. aufgerichtet/ drey derselben erdichtet haben/ welche alle drey in dem Vorhof deß Schlosses zu Athen gestanden: Dann wir müssen die uns erwiesene Wolthaten nicht nur vergleichen/ sondern auch reichlicher und doppelt Ihre Bedeutung. vergelten. Daher kommt es/ daß uns eine unter ihnen den Rücken wendet/ zwey aber ihr Gesicht herkehren und uns ansehen/ damit anzudeuten/ daß wir in Vergeltung der Wolthat milder seyn/ und noch grössere Freygebigkeit gegen unsere Gutthäter erweisen sollen/ als wann wir einen mit unsern Diensten/ die wir ihm eben nicht leisten müssen/ zu Gegendiensten anreitzen/ und dabey der Vergeltung erwarten wollten; dann dieses wäre vielmehr ein Wucher/ als eine Wolthat zu nennen.
Ja es werden uns auch die Gratiae als fröliche und lachende Jungfrauen fürgestellet/ daraus wir sehen sollen/ daß der/ so einem Gutes thut/ keinen Betrug gebrauchen soll/ sondern alles thun mit aufrichtigen einfältigen und frölichen Hertzen. Dahin gehöret auch/