TA 1680, Iconologia Deorum, S. 178
so wird er rasend-wild. Belüget frey¶ heraus.
Spielt mit dem grausam-seyn/ sein¶ Haar ist kurtz und krauß/
und frech sein Angesicht; hat zart und klei-¶ ne Hände/
und kan doch in die fern die schnellen Pfei-¶ le schicken/
ja gar hin in die Höll. Er ist an Glie-¶ dern bloß/
doch am Gemüt verkappt. Macht sei-¶ ne Flügel loß
nach Vogel-Art; bald kan er Mann und¶ Weib berücken.
Der Bogen ist was klein/ ein Pfeil auf¶ selbem lieget/
der Pfeil ist auch nicht groß/ doch steigt¶ er Himmel auf.
Der Rück den Köcher führt/ in dem¶ der Pfeilen Hauff.
Es sind auch Rohr darinn/ womit er mich¶ bekrieget/
die ich doch Mutter bin. Es dampfft von¶ Grausamkeiten
sein gantzes Thun. Sich selbst zerkieft¶ der Wüterich.
Die Fackel die er hat/ sticht ab der Sonnen¶ Stich.
Wann du ihn kriegen wirst/ so kanst du¶ ihn bestreiten/
und wol nach Barbarn Art um sein Ver-¶ brechen prügeln/
mit Schlägen nur erbarm dich dieses¶ Leckers nicht.
Hüt dich vor dem Betrug/ wann thrä-¶ net sein Gesicht.
Will er dir deinen Mund mit einem Ku߶ verriegeln/
so flieh’ ihn/ dann sein Kuß kan dich in¶ Unglück bringen;
ihm schwebet Gifft am Mund. Spricht¶ er vielleicht zu dir:
Nimm hin/ mein Freund! von mir der¶ zarten Waffen Zier!
So rühr nichts an/ sonst wird diß Schen-¶ cken dich verschlingen.
Diese Beschreibung deß Amors bildet seine Kräffte und Wirckungen sehr wol aus; dannenhero er nicht unbillig röhtlich und fast feuerfärbig beschrieben wird. Worvon vielleicht auch Franciscus Petrarcha in deß Amors Triumph das Vorbild entlehnet/ da er ihn auf einen feurigen Wagen gesetzet/ mit diesen Worten:
Apparet, plenam telis fert ille pha-¶ retram
und nackend noch darzu; den Köcher führt¶ der Rucken
mit Pfeilen angefüllt. Die Pfeil und¶ Sennen sind
in seiner Hand/ die kan er/ wann er will/¶ abdrucken.
Welches eine Anzeigung der brennenden Begierde bey Liebhabern ist/ die unter der Hoffnung/ das Geliebte zu erlangen/ je länger je mehr entzündet wird/ wie Alexander Aphrodisaeus Gestalts-Veränderung der Verliebten. in einem Problemate bezeugt/ wann er fraget/ warum der Liebhaber äusserste Glieder-Theile bald kalt/ bald wiederum warm zu seyn pflegen? Und ihme selbst hierauf antwortet/ es sey die Hoffnung und Furcht eine Ursache dieser Abwechselung/ weil das Hertz ein Sitz und Urspruch deß Lebens ist/ aus welchem die Geister in den gantzen Leib gehen/ daß sie demselben Stärcke und Kräffte mittheilen; wann es von einigem Schmertzen befallen wird/ kan es nicht allein andern Theilen keine Hülffe thun/ sondern ziehet auch die bereits ausgetheilte Kräfften wieder ein/ damit es wider den Schmertzen zu kämpffen desto stärcker und geschickter seyn möge.
Dieweil dann nun die Liebhaber unter allen den grösten Schmertzen empfinden/ wann sie sich aller Hoffnung/ das Geliebte zu erlangen/ beraubt sehen: Dahero dann kein Wunder ist/ daß ihre äusserliche Glieder-Theile unterweilen erkalten. Eben diese entzünden sich bisweilen/ wann nemlich der Liebhaber Hoffnung bekommt/ das Geliebte dereins zu geniessen: dann das Hertz für Freude einiger massen erweitert wird/ und folgbarlich die empfangene fröliche Bottschafft den übrigen Leibs-Theilen zuschicket: und dieses sind einige Lebens-Geister/ die den gantzen Leib erwärmen/ und ihm eine Röte geben.
Woher die Röte bey den Liebhabern entstehe. Andere aber halten darfür/ es entstehe diese Röte vielmehr von der Schaamhafftigkeit/ weil ein Gemüt/ so den Wollüsten deß Leibes ergeben/ weiß/ daß es von der Erbarkeit abgetretten/ und dannenhero gleichsam das Liecht scheuet/ deßwegen es denselben Theil mit dem Vorhang der Röte bedecket/ welcher insonderheit der Schaamhafftigkeit Sitz ist. Die übrigen Glieder deß Cupido samt dessen Waffen/ werden von dem Servius in Erklärung deß ersten Buchs Aeneidos beschrieben/ welcher also sagt: Dieweil die Begierde zur Schand närrisch ist/ wird er als ein Knab gebildet; ingleichen auch/ weil die Rede der Verliebten/ wie auch der Kinder/ unvollkommen ist/ welches auch Virgilius im