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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 171

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Erfüllung ihres Wunsches geniessen/ die der Tugend/ als einer Leiterin/ treulich nachgefolgt/ und alles Ubrige hinter sich verlassen und vergessen haben: Dann Cebes ist in der Meinung gewesen/ daß er mit vielen andern behauptet/ die Tugend sey allein mit sich selbst/ ob sie auch gleich aller andern Hülffe ermangle/ zum wol und glückseelig Leben aufs beste vergnügt; dem auch wir/ wo wir anders Christlich hiervon reden wollen/ in seiner Meinung billig müssen Beyfall geben; Jedoch ist solches nicht von derjenigen Glückseeligkeit zu verstehen/ die das gemeine Volck siehet/ (dann

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selbige keine Glückseeligkeit ist/ sondern nur also zu seyn scheinet) sondern dero unsere Seelen/ wann sie diesen sterblichen Leib abgelegt/ dorten in den Himmlischen Wohnungen geniessen werden/ zu welcher nur die jenigen gelangen/ die/ vom Göttlichen Liechte erleuchtet/ die Wallfahrt dieses Lebens in wahren Glauben/ der durch die Liebe thätig ist/ wol werden zuruck gelegt haben.

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Vom Cupido.
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Cupido. UNter allen Gemüts-Neigungen ist gewißlich keine hefftiger und schädlicher als die Liebe/ welche von PLATTE V.den Griechen ἒρως genennet wird. Dannenhero sich nicht zu verwundern/ daß die Alten/ bey denen alle Gemüts-Kranckheiten oder Gebrechen für Götter gehalten wurden/ die Liebe gleichfalls als einen/ und zwar sehr grossen Gott verehret/ und also die Schändlichkeit ihrer Begierde mit dem Namen der Gottheit bemäntelt; dannenhero sie solche auf mancherley Weise ausgebildet/ nachdem sie nemlich auf mancherley Art ihre Kräfften in unsern Gemütern auswircket. Es sind aber die Bilder dieses Gottes der Liebe allen dermassen bekannt/ daß ein jeder bey sich selbst ohne Anweiser und Lehrmeister/ (so gar sind wir allesamt zu diesem Laster geneigt) wann er einen Knaben mit verbundenen Augen siehet/ der einen Bogen in der Hand/ und auf dem Rucken einen Pfeilköcher hangend hat/ alsobald schließet/ daß er dieser Liebes-Gott/ oder vielmehr Götze sey/ obwol nicht alle gleich auch die Ursach/ warum er so gemahlt werde/ anzeigen können. Wir aber befleissigen uns in diesem Wercke vornemlich dahin/ daß wir nicht allein von allen Orten her/ wo wir nur etwas Dienliches bekommen können/ der Götter Bildnussen ans Liecht stellen/ sondern auch aus den bewährtesten Autoren die Ursachen anführen.

Ob nun wol Cupido eigentlich der Gemüts-Begierde/ dardurch wir zu Venerischen Dingen gezogen werden/ von den Alten vorgesetzt worden; so sind doch auch Einige gefunden worden/ die zween Cupidines/ die Laster unter dem Schein der Erbarkeit dardurch zu beschönen/ erdichtet haben/ als da sind die Platonici/ welche/ vermittels dieser Schminke/ die garstige Knaben-Liebe/ die sie

Rechte Spalte

(welches schändlich zu gedencken/ geschweige zu sagen) zu Staffeln machen/ wordurch man zur Göttlichen Contemplation oder Betrachtung gelangen möge/ für die allererbarste ausgegeben. Zwey Veneres/ und so viel Cupidines. Diese Platonici haben auch zwo Veneres/ als der beyden Cupidinum Müttere/ unter einem speciosen Vorgeben erdichtet/ nemlich eine Himmlische/ aus welcher die Göttliche Liebe/ oder der Göttliche Cupido entspringe/ vermittelst dessen/ sagen sie/ unsere Gemüter zur Betracht- und Beschauung Göttlicher Dinge angezündet werden. Von dem geben sie vor/ daß er im Himmel wohne/ welches auch Philostratus bekräfftiget/ indem er schreibet/ es sey nur ein einiger Cupido/ der im Himmel wohne/ allwo er das Himmlische zu verwalten habe/ sey dabey gantz rein und ohne Mackel. Dahero haben ihn diese Platonici mit einem zarten helleuchtenden und sehr schönen Leibe gebildet: Sie machten ihm auch Flügeln an/ dardurch sie den Hinaufflug unserer von dieser Brunst entzündeter Gemüter nach den Himmel bedeuteten/ als welche den Göttlichen Geistern/ so von aller materialischen Unreinigkeit abgesondert/ hierdurch nachahmen wollten/ die an und für sich selbst/ die Göttliche Schönheit zu betrachten/ sich in die Höhe schwingen; denn indem dieselbe/ nämlich die Göttliche Schönheit/ in dem höchsten Theil deß Himmels wohnet/ so wirfft sie ihre Strahlen allenthalben hin/ wordurch sie in allen eine brünstige Liebe Pfeile deß Cupido. gegen sie/ ihrer mit höchsten Verlangen zu begehren/ erwecket: Diß sind die scharffen Pfeile/ die dieser Cupido/ ihrer Meinung nach/ von sich schiesset.

Ferner setzen sie hinzu/ daß die Reinigkeit der Göttlichen Liebe/ durch dero durchsichtigen Leibe/ wann jemand denselben annehmen wolle/ vorgestellet werde; durch die Flügel/ derer Amt ist/ die an sich selbst schwere und an der Erden klebende Leiber/ in die Höhe