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TA 1679, Metamorphosis, S. 135

Linke Spalte

Feuchtigkeit der Wolcken sich zusammen setzt/ die von den Winden dahin getrieben werden. Sie/ die Iris/ oder der Regenbogen/ bringet Bottschafft von der Lufft/ worzu dieselbe geneigt sey/ dann der Regenbogen verkündigt uns öffters schön wetter/ unterweilen auch Wind und Regen. Schön Wetter deutet er an/ wann die Sonne früh morgens klar aufgehet/ und er sich dann offenbaret. Gleichwie nun insgemein das Leben aller Thiere bestehet/ in rechter Mässigung der vier Elementen; also sind sehr kalte feuchte Jahrs-Theile denjenigen schädlich/ die noch nicht zur Hälffte ihrer natürlichen Wärme kommen sind: wie auch denen/ welchen die Wärme zu entbrechen beginnet/ also daß sie/ wegen Alteration und Unmässigkeit der Zeit/ weder verkochen/ däuen/ noch ihre überflüssige Feuchtigkeiten verzehren/ oder auswerffen können. Hierdurch ist zu verstehen das Seelen-holen der Iris und des Mercurius: Dann allzufeucht und regenhafftig Wetter fällt denen Weibsbildern sehr schädlich; zu viel und grosse Truckne aber den Männern. Die Heyden glaubten auch/ die Seelen von den Leibern zu scheiden/ wäre Gottes Werck. Deswegen sagten sie/ dem Menschen gebührte/ seiner Zeit zu erwarten/ da Gott ihm aus dem Kercker dieses Fleisches/ nach seinem Gefallen/erlösen/ und seine Seele in dessen Allmächtigkeit erhalten und bewahren würde.

Vom Schlaff-Gott und
den Träumen.

DEr Schlaff ist ein Sohn des Erebus/ und der Nacht. Orpheus nennet den Tod seine Schwester. Einige/ unter den Alten/ geben ihm auch die Hoffnungen zu Schwestern: Virgilius aber sagt nicht/ daß der Schlaff vom Erebus/ oder aus der Hölle gekommen/ den Palinurus zu betriegen/ sondern daß er Flügel habe und vom Himmel herab fliege. Orpheus nennet ihn/ in seinen göttlichen Lobgesängen/ den glücklichen/ den weit- und breit-fliegenden/ den gütigen/ und einen grossen Weissager zukünfftiger Dinge/ unter Schlaff ein grosser Weissager zukünfftiger Dinge. den sterblichen Menschen. Dann der süsse Schlaff/ sagt er/ gesellet sich allmählich zu den Seelen der Menschen/ redet sie an/ erweckt ihren Verstand/ entdeckt/ in währendem Schlaffe/ die Anschläge und das Vorhaben der glückseeligen Götter/ und verkündigt/ sonder den Geistern ein Wörtlein zu sagen/ die Dinge/ so geschehen sollen/ insonderheit denjenigen/ die unter der Götter Gnade/ einen guten Vorsatz/ zu einem vorgehen deme/ Geleitsmann haben. Die Poeten eignen ihme Flügel zu/ dieweil er/ in gar kurtzer Zeit/ die gantze Welt überflieget/ auch/ ohne Gerücht und gantz stillschweigend/ die Augen derjenigen einzunehmen kommt/ die kaum einigen Gedancken auf ihn haben. Es erzehlen unterschiedene alte Dichter/ und insonderheit auch unser Poet/ zur Gnüge/ was grossen Nutzen/ Beqvemligkeit/ und Erqvickung/ er den Menschen am Leibe und Geiste zu geben pflege: Zumalen wir/ ohne selbigen/ unser Leben nicht erhalten möchten.

Rechte Spalte

Allein sonsten ist er (wie Ariston zu sagen pflegen) ein allzu-harter Zöllner/ dieweil er fast die halbe Zeit unsers Lebens dafür hinweg zunehmen gewohnt Der Schlaff ein harter Zollner/ raubet uns die halbe Zelt unsers Lebens. ist. Orpheus heisst ihn den Bruder der Vergessenheit/ der Ruhe/ und aller Dinge. Lucianus/ im zweyten Buch seiner warhafften Geschichte/ beschreibet die Stadt des Schlaffs/ worinnen die Träume wohnen solten/ sehr artlich: Sie ist/ spricht er/ in einem schönen Thale/ erbaut/ und umzirckt/ mit einem Walde von hohen und harten Bäumen/ welches sind Mohen/ grosser Allraun/ und andere Kräuter voll Schlaff-machenden Safftes/ die auf diesem Felde allenthalben sehr schön blühend gesehen werden. Um diese Bäume/ flattert eine grosse Menge Fledermäuse/ Haubeulen/ Nachteulen/ Käutzlin/ und andere Nachtvögel: Denn andere pflegen sich allda nicht auf zu halten. Vor dieser Stadt/ fliesset ein stiller Fluß/ von einigen Lethe/ von andern auch Nyctipore genannt/vorbey/ dessen Lauff/ so lind wie Oehl ist. Er entspringet Schlaffs Stadt. aus zweyen Brunnen/ deren einer Negretus/ der ander Pannychius benamset wird. Der Stadt Mauren sind hoch/ und unterschiedlicher Farben/ wie der Regenbogen: Der Thore sind nicht nur/ wie Homerus schreibet/ zwey; sondern viere. Zwey stehen/ auf der Seite des Thals/ eines ist von Eisen/ das ander von Erde. Durch diese zwey/ sagte man/ hätten die grausame/ blutige und tyrannische Zwey Thore der Träume/ das eine von Horn/ das andere von Helphant-Bein. Träume ihren Auszug. Die andere zwey Thore sahen gegen dem Seehafen zu/ das eine von Horn/ das andere von Helphant-Bein. In das von Horn waren sehr artlich geschnitten und künstlich/ als in einer Tafel/ ausgebildet alle wahre Träume/ die den Schlaffenden vorkommen. Auf dem andern/ so von weissen Elphant-Beine/ waren allein gröblich entworffen die ungewisse/ zweiffelhaffte und ungeschickte Träume. In dieser Stadt/ zur rechten Hand/ steht der Tempel der Nacht / welche Göttin allda mehr/ weder andere/ geehrt wird. Auch sind daselbsten Klöster zweyer Göttinnen/ der Apate und Alethie/ des Betrugs/ und der Warheit. Alhier sind zween Keller und heimliche Oerter/ darein niemanden zu kommen erlaubet wird: weil die Geheimnusse/ oder Weissagungen da hervorkommen. Belangend die Träume/ welche diese Stadt/ Die Träume oder Burger der Schlaffs-Stadt. in grossem Uberfluß/ bewohnen/ so sind selbige einander nicht gleich; dann einige sind dürr und mager/ andere haben krumme Beine/ etliche sind lang/ andere gar ungestalte Misgeburten/ wiederum andere schön/ roht und gläntzend/ als das Gold/ von Angesicht. Einige haben Flügel/ und sind von abscheulicher Gestalt/ also daß sie stetigs ein Unglück anzudrohen scheinen: Andere sind königlich und sehr köstlich gekleidet. So bald iemand in diese Stadt kommet/ eilen ihm stracks die freundlichste und leutseligste Träume entgegen/ ihn zu bewillkommen/ und bieten sich ihm iederzeit einige Gestalten vorbedeuter Träume an/ die ihm bald gute/ bald böse Zeitung (welche man iedoch gar selten warhafftig befindet) bringen. Dann der meiste Theil dieser Stadt Inwohner sind/ Lügner und Betrüger/ die ins gemein dieses sagen/ und jenes meinen. Dieses Schlaff-Gottes Art und Wohnungen sind auch von unserm Poeten sehr artlich beschrieben: