Darstellungsoptionen
Im Text hervorheben bzw. anzeigen:

TA 1679, Metamorphosis, S. 21

Linke Spalte

indem sie darvor hielten/ daß überall in Bergen/ Bäumen/ Flüssen und Bronnen Gottheiten/ oder göttliche Kräffte/ verborgen wären.

Von den Oreadibus oder Berggöttinnen. Nunmehr wenden wir uns/ zu den Berggöttinnen/ Oreades oder Orestiades. Diese waren geboren/ auf den Bergen/ oder enthielten sich allzeit darauf: dannenhero sie auch von denselben genennt worden: angemerkt/ Oros in Griechischer Sprach ein Berg heisset. Strabo nennet sie/ im zehenden Buche/ Töchter des Hecatäus/ so von des Phoroneus Tochter gezeuget wären. Homerus aber/ im sechsten Buch seiner Iliaden/ macht sie zu Töchtern des Jupiters/ und nennet sie Orestiades. Strabo benamset solcher fünffe. Virgilius/ im ersten Buch Aeneidos/ nennet sie Gesellinnen der Diana/ und gibt vor/ daß ihrer tausend seyn. Durch welche Zahl er eine grosse oder unzehlige Menge zu verstehen geben wil. Sie sollen die ersten gewesen seyn/ so den Menschen abgewöhnt haben/ einander zu fressen: weil sie auf den Bergen wohnende anders nichts/ dann Eicheln und Kastanien gessen. Eine unter ihnen erfand die Honighäuslein der Bienen: und diese hieß Melissa/ von welcher die Bienen den Namen empfangen: wie dann auch Meli/ in Griechischer Sprache/ Honig bedeutet. In Summa diese Nymphen hatten die Herrschafft/ über alle Berge und Gebirge/ über alle wilde Thiere und Vögel; welche sie/ mit der Diana/ verfolgten/ und zufangen trachteten. Uber das waren auch Wiesen- Kraut- und Gärten-Nymphen. Als die Napaeae: dann Napos einen Forst bedeutet. Thomas Porcacchi aber/ der die Arcadia des Sannazaro auslegt/ saget. Daß die Napaeae Brun-Nymphen wären. Die Fluß-Nymphen wurden genennet Najades. Diese Von den Najade. Najades wurden für Auslegerinnen des Geheimnusses der Göttin Themis/ auf dem Berge Parnassus/ gehalten: dann ihr Geheimnus/ oder göttliche Antworten/ so verwirrt und zweydeutig waren/ daß man solche/ ohne der Najaden Ausleg- oder Erklärungen/ unmüglich verstehen konte. Den Namen Najades haben sie/ von dem Griechischem Worte Ναίειν, welches fliessen heisset. Es sind auch einige/ welche sie Töchter der Berge nennen: aus Ursach/ weil die Flüsse ihren Ursprung aus denenselben haben: und/ wie wir im Anfange gesagt/ so sind sie Töchter des Oceans und der Tethys. Thales Milesius setzt das Wasser für einen Anfang aller Dinge: Also daß/ nach der Poeten Gedichte/ der Ocean und die Tethys eine grosse Menge Meer- Fluß- und Brunn-Götter/ und Nymphen/ gezeuget haben. Wie diese Fluß-göttinnen/ in den Haupt-adern der Flüsse/ wohnen/ in glässernen Stühlen sitzen/ Wasserfarbige Wolle spinnen/ und dergleichen mehr/ erzehlet Virgilius/ Von den Nereiden. im vierdten Buch seiner Ackerwercke/ in der Fabel von dem Aristeus. So gab es auch Nereides oder Nereines/ welche ihr Gebiet und Herrschafft in dem Meer hatten. Damit wir uns aber/ in Erzehlung der Nymphen/ nicht zu lange aufhalten/ sondern auch einige/ wo nicht erbauliche; doch zum wenigsten natürliche Erklärung geben: so ist zu wissen/ daß die Nymphen Töchter des Oceans oder Meers/ und Mütter der Flüsse sind. Durch diese

Rechte Spalte

ist zu verstehen die Krafft und Tugend der Feuchtigkeit/ so mit dem Erdreich vermischt und vergesellschafftet/ zur Fortpflantzung der Thiere/ Bäume/ und Früchte dienen/ und nehren also (wie gesagt ist) den Bachus und der Ceres. Für Töchter des Oceans gibt man sie aus/ weil Regen und Wolcken/ so der Flüsse Ursprung sind/ aus dem Meere aufsteigen: dahero sie auch/ von denen Poeten/ fruchtbare Blumen-Bringerinnen/ und dergleichen/ genennet worden.

Von der Pales. Allhier möchte ich wol die Pales beyfügen; welche eine Göttin der Hirten; jedoch bey den Griechen unbekannt war. Diese ist/ nach Anweisung einiger Lateinischer Poeten/ von Palea/ das ist/ der Spreuer oder dem Stroh/ genennet worden: weil die Hirten solches auf einen Hauffen zusammen trugen/ an ihrem Feste/ und in Brand stackten; auch darauf/ einer nach dem andern/ übers Feuer sprungen. Und dis geschahe allezeit den ersten May/ im freyen und offenen Felde. Etliche hiessen diese Pales die Großmutter und Vesta. Unterweilen satzten sie dieselbe auch in die Gesellschafft des Apollo: vielleicht weil Apollo auch ein Hirte gewest. Allein ich kan/ in allen diesen Fabeln/ keine Lehre finden. Man könte zwar wol etwas muhtmassen von den Dryaden und Hamadryaden/ so in den Bäumen ihr Leben hatten: wie nemlich die Seel mit dem Leibe gemein ist/ oder die Menschen den Bäumen gleichen: daß gleichwie die fruchtbare Bäume hoch gepriessen/ und wehrt geachtet/ auch/ in den Gärten/ verwahret/ die andere aber vielfältiglich ins Feuer geworffen und verbrannt werden; ebener massen es auch mit denen Menschen daher gehe/ daß die tugendsame einen ehrlichen guten Namen behalten/ der andern aber mit Schanden vergessen/ und ihr Name unter den tugendsamen ausgerottet werde.

Der Streit wegen des Adels zwischen Phaeton/ das ist/ der Entzündung/ und Epapho/ dem Sohne der Io/ oder Isis/ so die Erde bedeutet/ Des Phaetons und Epaphos Streit und dessen Bedeutung. ist anders nichts/ als die Uneinigkeit zwischen den zweyen Elementen/ dem Feuer und der Erde/ welche/ durch die Gütigkeit der Natur des Wassers und der Lufft/ in meister und möglichster Gleichheit/ erhalten werden. Dann so offt das Wasser/ so zureden/ siedet/ daß die Kräffte der Sonnen-Strahlen (als welche der Vatter des Feuers ist) durch derer Wiederstralung hier unten zu starck werden/ und die Lufft entzünden und erhitzen wollen/ bemühet sich besagtes Element das Wasser/ vermittelst des Frühling- und herbstischen Regens/ so viel zu wege zu bringen/ daß die Erde von der Sonnen-Hitze so wenig Schaden/ als nur immer müglich/ empfinden möge. Als: wann die Sonne sich zu uns erhebet/ nachdem die Erde den schwersten Gewalt des Hunds Zeichens empfunden hat/ beginnet sie wiederum erlöset zu werden/ sobald die Sonne das Zeichen der Waage vorbey gelauffen nach dem Scorpion. Ingleichen/ wann die Erde/ von allzuvielem Wasser/ oder überflüssiger Feuchtigkeit/ unfruchbar werden wolte; kommt alsdann die Lufft/ mit den Winden/ vertreibet die Wolcken und Nebel/ und machet/ daß die Sonnen-strahlen bis in die Erde eindringen/ die allzu grosse Feuchtigkeit austruknen/ und folgbarlich die Erde wiederum gut und Frucht zubringen tüchtig machen können. Daß aber Phaeton seinen