Kommentar
Mazzetti di Pietralata zufolge vereinte Sandrart in dieser Zeichnung mehrere Elemente, die ihn in seiner Ausbildung geprägt haben: Während in stilistischer Hinsicht der Einfluss seines Lehrers Honthorst spürbar sei, lasse sich die Wahl des Themas mit dem Kreis um Vincenzo Giustiniani erklären. Für diesen fertigte Angelo Caroselli ein Gemälde mit Pygmalion und Galatea, das als Allegorie auf das Projekt der Galleria Giustiniana zu lesen ist, an dem Sandrart maßgeblich beteiligt war. Auch wenn die Gesamtkompositionen kaum unterschiedlicher sein könnten, seien motivische Parallelen wie beispielsweise die Haltung der Schultern des Pygmalion sowie die Berücksichtigung antiker Bildhauerarbeiten nicht zu übersehen; vgl. Mazzetti di Pietralata 2011, S. 149, Kat.-Nr. 119 f.
Auffällig an Sandrarts Umsetzung des Sujets ist die gespenstisch anmutende Stimmung und eine gewisse Dramatik, die aus dem Kontrast zwischen der verschatteten Rückenansicht Pygmalions und seinem in vollem Licht stehenden Werk resultiert; s. Blühm 1988, S. 70. Eschenbach gibt zu Bedenken, dass die künstliche Beleuchtung von Figuren seit Benvenuto Cellinis Vorstellung einer silbernen Jupiterstatuette am Hof François I. von Frankreich ein bekanntes Verfahren war, es Sandrart hier jedoch nicht um die beste Wirkung der Skulptur im Sinne der Erzeugung von Lebensechtheit anzukommen scheint.
Dass bei Sandrart ausgerechnet die Liebesgöttin als zum Leben erweckte Statue fungiert, sieht Eschenbach als Indiz dafür, die Zeichnung eher im Kontext einer Diskussion über die Liebe denn über den Vorzug von Malerei oder Skulptur zu sehen. Sie weist auch darauf hin, dass es sich bei dem Vorbild für die Statue um keine geringere als die Venus Medici handelt; s. Kat. München 2001, Kat.-Nr. 72.
Ein Gemälde Sandrarts, das aus dieser Zeichnung hervorgegangen wäre, ist nicht bekannt, obwohl sich das Blatt nicht von anderen Studien unterscheidet, die Sandrart in Vorbereitung auf eine Ausführung in Öl anfertigte; s. Mazzetti di Pietralata 2011, S. 150.
Kommentar von Carolin Ott — 11.07.2011
Dieser Kommentar bezieht sich auf:
- Kunstwerk: Pygmalion