TA 1680, Iconologia Deorum, S. 170
Wann wir nun den Mond und die Fortun für eine einige göttliche Macht nehmen/ von der aller Dinge Ursprung und Untergang oder Verderben herkommt/ so hat Pausanias aus dem Pindaro sehr wol gesagt/ daß sie eine von den Parcen seye/ und im Vermögen und Kräfften die anderen übertreffe/ ob es wol das Ansehen hat/ als habe das Fatum eine mehrere Verwandnus mit den Parcen als der Fortun/ zumalen es beständig und unbeweglich bleibet/ wie auch diese standhafft sind/ wann sie/ der Menschen Leben aus ihrem Rockenspinnende/ einem jedweden seinen bestimmten Lebens-Termin zueignen.
Bonus Eventus, der gute Ausschlag oder Ausgang. Dieß scheinet aber ausser unserm Vornehmen zu seyn/ wollen daher von dem guten Ende oder Ausschlage auch etwas reden/ als dessen Bildnus zu Rom im Capitolio zusamt der guten Fortun aufgestellet ware. Seine Bildnus ware/ wie Plinius im XXXV Buche gedencket/ ein annehmlicher Jüngling/ der in Favor, oder Gunst. der Rechten eine Schale/ in der Lincken aber eine Aehre und Mohn-Haupt hielte. Auch kan allhier der Fortun Favor (oder Gunst-Gewogenheit) beygebracht werden/ als der von den Alten ebenmässig für einen Gott gehalten worden/ dann dieser von Feuer ins gemein scheint geboren zu werden/ ob er wol öffters von der Schönheit/ auch unterweilen von der Tugend/ seinen Ursprung hat. Ja auch alles/ wordurch wir uns den Menschen angenehm und gefällig machen/ erwirbt uns auch den Favor/ oder eine Gunst-Gewogenheit.
Dieser Favor machet uns zum öfftern stoltz und aufgeblasen: dann jemehr Glück der Mensch geneust/ jemehr er darinnen zu stoltziren/ und andere neben sich gering und verächtlich zu halten pfleget. Wann aber unsere Sachen den Krebsgang gewinnen/ wird unser Hochmut geniedriget und gestraffet; dann gleichwie wir andere/ da wir im Glück gesessen/ verachtet/ also widerfähret hernach auch uns von andern/ wann wir ins Elend gerahten. Solle dahero Niemand diesem unbeständigem und allzuflüchtigem Favor trauen/ zumalen er/ ehe man sich umsihet/ verschwindet/ wie aus dessen Bildnus zu ersehen/ da er einen beflügelten Jüngling vorstellet/ entweder weil er bey guten Tagen sich nur deßwegen in die Höhe schwinget/ damit er das Nidrige nicht anzusehen würdigen dürffe/ und aus eben dieser Ursach ist er auch blind gebildet worden/ weil die Menschen ins gemein so verkehrtes Hertzens sind/ daß/ wann sie zu Ehren erhaben worden/ andere Geringere nicht einmal gerne ansehen mögen: oder/ weil er nicht lang bey uns verharret/ sondern sich alsobald wiederum aus dem Staube machet;zu welchem Ende er auch auf einem Rade stehend zu sehen war/ sintemal er der Fortun nachahmet/ und wohin dieselbe sich wendet/ er ihr von Stundan ebenmässig zu folgen pfleget. Eben dieser
lässt aus dem Angesicht eine Furchtsamkeit hervorblicken/ weil er jederzeit von der Schmeicheley/ als seiner stetigen Gefärtin/ angetrieben/ nach höhern Dingen strebet. Hinten nach folget ihm der Neid/ aber mit gar langsamen Tritten/ als welcher anderer Leute Glückseligkeit allezeit mit scheelen Augen ansiehet/ die aber/ wann sie warhafftig glückseelig ist/ den Neid gar nicht scheuet.
Die Macaria oder Glückseeligkeit. Die Glückseeligkeit haben die Alten ebenmässig für eine Göttin geehret/ und ist diese von den Griechen Macaria genennet worden/ welche/ wie Euripides in seinem Trauerspiel/ Heraclides intituliret/ meldet/ daß Hercules Tochter gewesen: diese hat ihr/ als sie gehört/ daß das Oraculum zur Antwort gegeben/ die Athenienser würden den Sieg erhalten/ wann eines von deß Hercules Kindern sich würde freywillig in den Tod geben/ die Gurgel mit eigenen Händen abgeschnitten; durch welche That sie den Atheniensern den Sieg erworben/ worfür sie hernachmals von ihnen in die Zahl der Göttinnen aufgenommen worden. Die Bildnus dieser Macarien oder Glückseeligkeit ist auf der Schaumünze der Juliae Mammaeae Aug. also ausgedruckt zu sehen: Es sitzet ein Weibsbild auf einem Königl. Thron/ und hält in der Rechten den Friedens-Scepter/ in der Lincken aber ein grosses Uberfluß-Horn: Jener/ nemlich der Friedens-Scepter/ kan auf die Tugend/ dieses aber/ als das Uberfluß-Horn/ auf den Reichthum gedeutet werden; gleich als ob weder die Tugend/ noch der Reichthum für sich allein/ und wann sie voneinander gesondert/ den Menschen glückseelig machen könnten/ welches auch deß Aristotelis Meynung Wer nach deß Aristoteles Meinung glückseelig seye. gewesen: Dann was mag doch ein Kunst-Beflissener für Glückseeligkeit haben/ der von Armut dermassen gedruckt wird/ daß er an allen Dingen den grösten Mangel leidet? So wird auch der von aller Tugend Entblöste/ ob er gleich aller Güter Uberfluß hat/ dannoch/ meines Erachtens/ den Namen eines Glückseeligen nimmermehr erlangen können/ so gar/ daß ich ihn vielmehr den Allerunglückseeligsten zu nennen kein Bedencken tragen wollte/ dieweil er aller derer Stücke ermangelt/ die einen vernünfftigen Menschen machen/ und ihm eigenthümlich zustehen.
Können dannenhero/ nach deß Aristoteles Meynung/ dero auch die Bildnus der Glückseeligkeit beystimmet/ diejenigen allein glückseelig genennet werden/ die beedes Kunstbeflissene/ und dabey mit Reichthum begabet sind. Wie Cebes die Glückseeligkeit beschreibe. Cebes/ der Thebanische Philosophus/ hat die Glückseeligkeit in seiner Tafel also beschrieben/ wie sie nemlich in dem Vorhofe eines köstlichen Palasts auf einem Königl. Throne sitzet/ ansehnlich und erbar/ jedoch ohne Pracht bekleidet/ und mit einem schönen Blumen-Krantz geziert/ zu dero alle zwar zu kommen und zu gelangen trachten/ die jenigen aber nur allein die