TA 1679, II (Skulptur), S. 46
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Die Nero-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Nero, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.The beginning of this part of the text is on page 929
ließe/ daß kein Weibsbild iemand etwas versagen solte: da dann die Knechte ihre Frauen und deren Töchter/ in Gegenwart der Herren/ wie die Hunde anfielen/ auch ihrer viele/ die sich widersezten/ ersäuft/ und also viel Bosheit verübet wurde.
Sein Leyrspielen. Er ware/ der Kaiserlichen Höchst- Würde zu Schimpf/ ein Comoediant, der sich oft auf offenen Schaubühnen in Gestalt eines Leyrspielers sehen und hören lassen: welcherwegen Tiridates, der König in Armenien/ der ihn zuvor einen Herrn und Gott genennt/ ihn verachtet/ und den Feldherrn Corbulonem nachmals gestichelt/ wie die Römer einen solchen Kaiser dulten könten.
Seine Uppigkeit. Es ware nicht genug/ daß er den Tag mit Uppigkeit verschwendet: er rasete auch die Nacht durch/ schändete Jungfrauen und Knaben/ schluge/ beraubte und tödete/ wen er antraffe/ und lieffe auch in die Häuser/ also daß kein Mensch sicher ware. Und hierzu bediente er sich unterschiedlicher Kleider/ auch Haar-Mützen/ die man heutigs Tags Parrucquen nennet/ vermeinend/ also unerkenntlich zu seyn: aber man wuste/ wer es thäte/ und truge er einesmal/ von einem Ratsherrn Julio Montano, so derbe Schläge und Zeichen davon/ daß er in etlichen Tagen nicht von Haus gehen dörfen.
Verschwenderey. Im Verschwenden war er so ausgelassen/ daß er einsmals einem Soldaten von der Leibwacht 100000 Groschen zu zahlen befohle/ und als seine Mutter ihm solche Summa vor die Augen schütten ließe/ damit er/ die Mänge sehend/ von solcher Geuderey abstehen möchte/ befahle er/ man solte die Zahl verdopplen/ und sagte: Ich habe nicht gewust/ daß ich ihm so wenig geschencket. Er pflage kein Kleid zweymal anzuziehen. Er fischete mit einem güldnen Netze/ dessen Stricke von Purpur waren. Niemals fuhre er mit wenigern/ als tausend/ Carossen. Dieses Laster machte ihn einen Palast in Rom bauen/ der eine Stadt heissen mochte. Es stunde im Vorhof ein Colossus 120 Schuhe hoch/ mit seinem Bildnis. Mitten darinn war ein See/ wie ein Meer/ ringsum mit Gebäuden und Bädern besetzet. Man sahe auch darinn viel Saat-Felder/ Wiesen/ Wälder und Weinberge/ mit allerhand zahmen und wilden Thieren. Das Wonhaus ware meist verguldt/ auch mit Perlen/ Edelsteinen und Muscheln versezt. Das Getäfel in den Speis-Zimmern war von Helfenbein/ und ließe sich hinweg schieben/ daß man von oben Blumen und wolriechende Wasser herab schütten konte. Das voruehmste vornehmste unter denselben war rund/ und lieffe Tag und Nacht herum/ wie der Himmel und seine Gestirne/ den es vorbildete. Es wurde das güldene Haus genennet: das aber keiner von den folgenden Kaisern zu bewohnen hat würdigen wollen/ daher es nach und nach vergangen.
Seine Rauberey. Weil diese Verschwenderey ein unsägliches Geld frasse/ als muste er seinem Vorfahrer Caligulae nachahmen/ die Auflagen und Zölle steigern/ und die Güter der Reichen mit List und Gewalt an sich ziehen. Daher sagte er allemal/ wann er iemanden
ein Amt verliehe: du weist/ was ich vonnöten habe/ darum hilf verschaffen/ daß niemand was behalte. Ist eine Rede/ die einem Strassenrauber bässer/ als einem Lands-Fürsten/ anstehet.
Seine Grausamkeit. Dieses grausame Tygerthier/ unvergnügt mit dem Raube/ thäte auch nichts/ als würgen und morden/ ohne Ansehen aller Freund- und Befreundschaft. Also musten herhalten Thrasea, und Soranus, unter dem Schein der Aufruhr: wiewol jenen dieses gefället/ daß er/ als ein edler erbarer Römer/ dem Leyrspiel des Nero nicht zuhören wollen. Den jungen Aulum Plancum brachte die Huld Agrippinen zum Tode/ daher Nero von ihm sagte: Nun komme meine Mutter/ und küsse den Erben meines Thrones. Der Dänzer Paris muste sterben/ weil er von ihme das Danzen nicht erlernen können. Der dapfre Corbulo, der in seinem Namen Armenien zum Reich erobert/ und von dem Kriegsheer oft angelassen worden/ sich um die Kaiser-Würde anzunehmen/ wuste gar nicht/ warum er sterben muste. Seinem getreuen Belehrer dem Senecae, ließe er sagen/ Er solte ihm eine Art des Todes erwehlen: wiewol er ihm oft theuer zugeschworen/ daß er eher selbst sterben/ als ihme schaden wolte. Sein Geld mochte die Ursach seines Todes seyn: massen ihm einst einer vorgerücket/ er hätte in vier Jahren 13 Millionen gesamlet. Er ließe ihm selbst die Adern an Armen und Beinen sprengen/ trancke Gift/ und stiege in ein warmes Bad/ da er sanft gestorben. Sein Weib blutete nun auch schon/ zum Mit-sterben: aber der Tyrann verbote ihr solches/ und hat sie hernach Lebenslang bleich ausgesehen. Seinen andern Belehrer/ dem Burrho, schickte er einen Gift-trank: dem er eine Arzney für den krancken Hals versprochen hatte. Der Poet Lucanus, muste auch an diesen Reyen. Zwo Aufruhren wider ihn/ die Pisonische und Vinicische/ wurden entdecket: da des Rasens wider die Verschwornen kein Ende war. Einer von denselben sagte/ in der Frage: Er hätte dem Nero nicht anders von seinen Lastern abhelfen können. Der verurtheilte Flavius, Haubtman von der Leibwacht/ sagte ihm ins Gesichte: Ich habe dich/ mehr als alle Menschen/ geliebt und gehasset; jenes/ deine Fromkeit hoffend; dieses aber/ seit daß du deine Mutter und Gemahlin ermordet/ auch ein Fuhrmann/ Comoediant und Mordbrenner/ worden bist.
Seine Blut Mörderey: am Vatter/ Kais Claudio, Dieser Vorwurf bezoge sich auf seine Mordthaten/ die er vorher an Vatter/ Mutter/ Brüdern/ Gemahlin und andern nahen Bluts-Verwandten/ verübet. Den Wahl-Vatter/ Kaiser Claudium, hat er zwar nicht selbst hingerichtet/ an der Mutter Agrippinâ. aber zugelassen/ daß es seine Mutter verrichtet. Eben diese seine Mutter/ die Agrippina, machte sich erstlich damit feindseelig/ daß sie ihn von seinen Bosheiten abhielte. Demnach stieße er sie vom Hof/ und als er merckte/ daß sie damit umgienge/ ihn vom Thron zu heben/ und seinen Bruder Britannicum darauf zu setzen/ dachte er das Vorkommen zu spielen/ und ließe ihr dreymal Gift beybringen. Weil sie aber hierwider sich verwahrt
Die Nero-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Nero, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.The end of this part of the text is on page 934