TA 1679, II (Skulptur), S. 28
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Die Augustus-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Augustus, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.The beginning of this part of the text is on page 908
sowol ihme/ als allen/ die seiner Profession waren/ die sonderbare damals achtbare Freyheit/ güldne Ringe zu tragen. Dem Agrippa hat er/ neben seiner Tochter/ soviel Ehren und Güter zugeworfen/ daß Mecaenas deswegen einmal zu ihm sagte: Er hätte den Agrippa so hoch erhaben/ daß er entweder sein Tochtermann seyn/ oder das Leben verlieren müste. Als auch ein alter Soldat ihn offentlich ansprache/ im Gerichte auf seiner seite zu seyn/ gabe er ihm einen von seinen Freunden zum Anwalt. Als aber der Soldat rieffe/ seine Wunden-Narben zeigend: Er hätte/ im Actischen Krieg/ nicht durch einen andern/ sondern selber für ihn gefochten! vergabe er ihm nicht allein diese freye Rede/ sondern thäte auch/ was er begehret.
Seine Unverdrossenbeit. Er ware ein Feind/ gleichwie der Prachtlinge/ also auch der Müssiggänger/ die er durch sein Fürbild zur Unverdrossenheit anhielte/ und eine kleine Insel in Calabrien/ dahin ihrer viele unter seinen Hofleuten sich zuweilen/ aus seinem Geleite/ zum Feyren/ auf die seite begaben/ ἀπζαγέπολιν genennet/ welches auf Teutsch Faulenzingen heissen möchte. Er übereilte sich aber nicht in seinem Thun/ sondern gienge langsam und wol-entschlossen. Sein Symbolum, Festina lentè. Daher führte er zum Devis, einen Delfin/ der sich um einen Anker schlinget/ mit dem Spruch: Σπεῦδε βραδέως, Festina lentè, welches in Teutscher Sprache noch runder lautet/ Eile mit Weile! Er pflage auch hinzuzusezen: Sat citò, si sat benè, Gut genug komt bald genug.
Seine Güte/ Sanftmut und Langmütigkeit. Seine angebohrne Güte/ Sanftmut und Langmütigkeit/ hat er in seinem Leben wol unzehlig mal erwiesen/ und die Grausamkeit weder geübet/ noch an andern gelobet. Daher entsezte er sich/ als er vernahme/ daß Herodes in Judea soviel Kinder/ und darunter seinen eignen Sohn/ hinrichten lassen/ und sagte/ weil die Juden keine Schweine schlachten: Er wolte lieber des Herodis Sau/ als sein Sohn seyn. Als Vedius Pollio, bey dem er zu Gast ware/ seinen Knaben/ der ein Krystallines Geschirr zerbrochen/ den hierzu abgerichteten Fischen zur Speise in den Weyer werfen hieße/ und der Knab/ dem Kaiser zu Fuß fallend/ nur um einen gelindern Tod bate: befahle er/ den Knaben los zu lassen/ und den Weyer auszufüllen/ ließe alle andere Geschirre zerbrechen/ damit dieser Tyrann also zu wüten/ nicht ferner Gelegenheit haben möchte/ und schalte ihn aus/ daß er sich erkühnen dörfen/ einen Knecht/ in des Kaisers Gegenwart/ zum Tod führen zu lassen. Er hat auch/ nach dessen Tode das Haus ganz abbrechen lassen: damit kein Gedächtnis solcher Wüterey vor Augen bliebe. In Hispanien/ als er auf Carocoten/ einen vermährten Seeräuber/ 500 Cronen ausgeboten/ derselbe aber sich selbst stellte/ und diß Geld begehret/ weil er sich/ den Seeräuber/ geliefer hätte: hat er ihm nicht allein solches gegeben/ sondern ihm auch verziehen/ und dadurch ihn und andere von der Rauberey abgekehret. In einem Meirhof/ hinterte eine schreyende Nacht-Eule den Kaiser am Schlaff/ die fienge ein Soldat/ und brachte sie Augusto, einen großen Danck
hoffend. Als ihm aber nicht soviel geworden/ als er gehoffet/ ware er so vermessen/ daß er das Geld zurück gabe/ und den Vogel wieder fliegen ließe. Und diesen Trutz/ hat ihn der Kaiser nachgesehen. Als ihn auch einer/ im Vorbeygehen/ einen Tyrannen schalte/ sagte er nur dieses darwider: wann ich ein solcher wäre/ würde diese Rede dir theuer ankommen. Wiederum als sein Wahl-Sohn Tiberius ihm vorbrachte/ wie übel von ihm geredt würde/ und ihm riehte/ die Wäscher abzustraffen/ hat er sich darüber gantz nicht alterirt/ und sanftmütig geantwortet: Lasst sie schelten! In einer freyen Stadt/ mus man freye Zungen und Gemüter passiren lassen. Es ist ihnen Straffe genug/ daß sie nicht anders als übel reden können. Als sein und M. Antonii Glück noch auf der Wage gelegen/ und alle Welt den Ausschlag erwartet/ richtete inzwischen ein armer Mann zu Rom zween Raben ab/ daß sie/ einer den Octavium, der andere den Antonium grüssen lernten. Wie nun Octavius Caesar sieghaft in Rom wiederkehrte/ truge er den einen Raben ihm entgegen/ der ihn mit diesen Worten empfienge/ Ave, Caesar, Victor, Imperator! Als ihm nun der Kaiser 2000 Numos dafür zahlen lassen/ sagte einer/ der es diesem misgönnte/ er hätte noch einen solchen Vogel zu Haus/ den solte der Kaiser auch herbey holen lassen. Wiewol nun Octavius hierauf vernahme/ daß selbiger seinen Feind Antonium auf gleiche Weis zu grüssen abgerichtet war/ ließe er sich doch dadurch mehrers nicht entrüsten/ als daß er befahle/ man solte das Geld unter diese beyde vertheilen.
Seine Freundlichkeit. Dieser leutselige Herr wolte auch von niemand gefürchtet seyn/ sondern er zeigte sich gegen iederman freundlich. Daher/ als ihme einer eine Supplication einhändigen wolte/ aber mit der Hand zitterte und zückte/ sagte er zu ihme: du reichest mir deinen Brief/ wie die Knaben einem Elefanten den Heller! Weil der Elefant in Schauspielen mit dem grossen Rüssel alles zu sich ziehet/ als bieten ihm die Knaben furchtsam dar/ was sie ihm geben/ daß er nicht ihre Hand mit erwische. Diese seine Freundlichkeit erwiese er auch damit/ indem er nicht allein den Mecaenas und Agrippa zu Freunden annahme/ sondern auch sich gar von ihnen straffen und vermahnen ließe. Daher/ als er einsmals im Gericht saße/ und ihrer vielen/ durch die große Anzahl der Verbrecher erzürnet/ das Leben absprache/ und Mecaenas vor der Volkmänge nicht zu ihm kommen konte/ schriebe er auf ein Zettelein/ Surge tandem carnifex! Stehe einmal auf Scharfrichter! und warfe es zu ihme: da er solches nicht allein wol aufgenommen/ sondern auch so fort aufgestanden/ seinen Zorn verkühlen zu lassen/ und die Beklagten frey und ledig weggehen lassen. Da seine Majestet sich niemanden fast versagte/ der ihn zu Gast bate/ und er einsmals zu einem gekommen/ der ihn gar schlecht und nur mit täglicher Kost tractirte/ antete er solches nicht/ als daß er beym Weggehen ihm in ein Ohr sagte: Ich habe nicht gemeint/ daß ich mit dir so gemein worden wäre.
Die Augustus-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Augustus, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.The end of this part of the text is on page 913