TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 82
Sandrart (Continued from previous page)Informat. on source text markers:Während van Mander die Vita Leonardo da Vincis Vasari folgend mit dem Lob auf Leonardos schöne Gestalt, seine virtù und seinen Intellekt beginnen lässt, durch die sich die göttliche Gabe manifestiere, leitet Sandrart mit dem Thema der vorhergehenden Viten ein: dem Verhältnis von Armut, Reichtum und künstlerischem Erfolg. Während Sandrart selber eine Kongruenz von Standesadel und Kunstadel anstrebt, preist er bei Leonardo das Übertreffen seines angeborenen Ranges durch den Ruhm seiner Kunst.The beginning of this part of the text is on page 289
Gunst/ löblich verrichteten Werken/ so bleibet dieselbe billich in ihrem Wehrt/ so/ daß der Göttliche Will gleichsam selbst diesen Vorzug befiehlet/ und haben will/ daß wir dergleichen Geister mehr als die gemeine erheben sollen/ unter welche nicht unbillich gezehlet wird/ der fürtreffliche Florentinische Mahler und Bildschneider/ LEONARDO DA VINCE, als welcher auf der Leiter seines tugendsamen Lebens/ edler Kunst und großer Erfahrenheit/ das nidrige Gebäu seines Stammhauses weit überstiegen/ und sich eine große Hoheit/ ansehlichen Adel/ und glorwürdigen Preiß erworben/ auch wol verdienet hat/ daß er nicht allein mit den Furnehmsten verglichen/ sondern auch/ wie jene/ durch seine löbliche Werke unsterblich worden ist/ nachdem er vorher in den Armen eines Monarchen verschieden/ und diese große Gnad/ mit jedermänniglichs Beystimmen/ wol verdienet hat.SandrartInformat. on source text markers
Während van Mander die Vita Leonardo da Vincis Vasari folgend mit dem Lob auf Leonardos schöne Gestalt, seine virtù und seinen Intellekt beginnen lässt, durch die sich die göttliche Gabe manifestiere, leitet Sandrart mit dem Thema der vorhergehenden Viten ein: dem Verhältnis von Armut, Reichtum und künstlerischem Erfolg. Während Sandrart selber eine Kongruenz von Standesadel und Kunstadel anstrebt, preist er bei Leonardo das Übertreffen seines angeborenen Ranges durch den Ruhm seiner Kunst.The beginning of this part of the text is on page 289
Ubet sich in allerlei Künsten.ManderInformat. on source text markers:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 12):
Mander, Schilderboek, Het leven van Lionardo da Vinci, Schilder, en Beeldt-snijder, van Florencen, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 111v–115r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HsEqxo].The end of this part of the text is on page 291In der Arithmetica, Geometria und andern Künsten übertraff er alle seine Meistere/ so würde er auch in den Studiis sehr verwunderlich worden seyn/ wofern er darinn fortgefahren wäre/ und weil er eines frölichen Gemüts war/ lernete er die Music, absonderlich aber auf der Violin, sange auch iezuweilen lustige Lieder sehr artlich darunter: Neben diesem allem/ übte er sich immerfort in der Zeichen-Kunst/ und machte viele artliche erhebte runde Sachen/ worzu er sonderlich geneiget war/ weßwegen er nachgehends zu dem droben berühmten Andrea Verrochio in die Lehr verdinget worden/ bey dem er sich auf alles das jenige begab/ was die Zeichen-Kunst begreift; So machte er In Bildereyen. in den Lehr-Jahren etliche lachende Weiber und Kinds-Köpfe/ welche in Gips abgegossen/ iezt noch unter den Künstlern gemein sind/ und vieler fürnehmer Meistere Arbeit nichts nachgeben.
Architectur. Nach der Architectur-Regeln zeichnete er unterschiedliche Gründe und Gebände/ und zeigte zuerst Mittel/ wie man durch ein Canal den Arnus-Fluß von Pisa nach Florenz leiten möchte: Was er für schöne Wasserwerke gezeichnet/ und die Erfindungen/ das Wasser in die Höhe zu bringen/ fiele zu erzehlen viel zu lang: Er ersonne Mittel/ die Berge zu durchboren/ damit man aus einem Thal in das andere gehen möchte/ wie auch/ die Berge zu ebenen: Nicht weniger auch/ wie man sehr schwere Sachen/ ohne sonderbare Arbeit/ erheben könte/ und bewiese mit glaubhaften Gründen vielen verständigen Leuten/ und den damaligen Regenten der Stadt Florenz/ daß er die ganze Kirche zu S. Johannis aufheben/ und/ ohne derselben Beschädigung/ Staffeln darunter bringen wolte.
Mahler-Kunst. Die Mahler-Kunst liebte er vor andern allen/ und zeichnete also sehr fürtreflich unterschiedene Sachen nach dem Leben. In seinen Lehr-Jahren mahlte sein Lehr-Herr Andrea die Tauff Johannis, in welches Stuck er den Leonardum einen Engel/ der ein Kleid aufhielte/ machen ließe/ welches er mit solcher Geschicklichkeit verrichtet/ daß sein Meister Ubertrift seinen Meister. selbst bekennen muste; Er wäre bäßer/ als alle seine Bilder/ wolte auch weder Pinsel noch Farb mehr anrühren/ weil er von einem Lehrjungen wäre übertroffen worden. Der König in Portugall wolte in Flandern einen Vorhang von Gold und Seiden
wirken lassen/ Van Mander äußert sich auch zum Motiv: »het was van Adam en Eva, daer sy sondighen, van wit en swart, te weten, gehooght met loot-wit« (vgl. Mander, Schilderboek, Het leven van Lionardo da Vinci, Schilder, en Beeldt-snijder, van Florencen, hier zitiert nach der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 112r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HsEqxo]). dessen Modell zu mahlen unserm Mahlt einen Vorhang. Leonardo vorher aufgetragen worden; in selbigen nun bildete er ein mit Blumen/ Kräutern und allerley Thieren erfülltes Feld so natür- und zierlich/ daß/ wer die Ausbreitungen der Aeste/ Verkürzungen der Blätter und andere Zierrahten betrachtet/ sich zu verwundern nicht enthalten kan/ wie doch der Künstler so große Gedult habe können brauchen/ alles so curios vorzustellen.
Sein Vatter brauchte zu Fischen und Vögeln fleißig einen Bauren/ welcher von einem Feigenbaum einen Schild zugerichtet hatte/ und ihn bate/ daß er ihme doch denselben in der Stadt solte bemahlen lassen: Dieser gab ihn seinem Sohn, Leonardo Eine Art Schilde und schrekliche Sachen zu bilden. und begehrte/ er solte etwas darauf mahlen/ weil er nun nicht so gar eben ware/ bereitete er ihn mit Feur/ und ließ ihn einen Dreher ebnen/ bedachte sich darnach/ wie er doch etwas erschrekliches ersinnen und darauf mahlen möchte/ damit sich jedermann darfür/ wie für dem Haupt Medusae, entsetzen/ und also der Schild seinen Besitzer recht beschilden/ und beschützen möchte. Solches ins Werk zu richten/ bracht er in seine Kammer (in die/ auser ihm/ niemand kame) allerhand garstiges und abscheuliches Unzieffer/ als Eyderen/Frösche/Heuschrecken/ Pfeifhöler/ Schlangen/ Fledermäuse und anders: Von jedem dieser Thiere/ nahme er das abscheulichste/ und brachte/ in solcher Zusammenfügung/ ein so seltsam- und erschreckliches monstrum zuwegen/daß/ da er den Schild seinem Vatter zeigte/ er sich so sehr entsazte/ daß er darvon gelauffen wäre/ wo nicht Leonardus ihne gehalten und gesagt hätte: Der Schild diene darzu/ worzu er gemacht worden. Die Bestie schiene/ als ob sie aus der Höle eines Felsen herfürkröche/ aus dem Halß Gift/ aus den Augen Feuer/ und aus den Naßlöchern einen dicken Rauch ausblasend/ daß sie also sehr greulich anzusehen war/ in dieser Arbeit fuhre er so ämsig fort/ daß er nicht einmal des Gestanks ieztgedachten todten Unzieffers gewahr worden/ wie dann auch sein Vatter zu erst solchen angewandten Fleiß hoch geschätzet/ und den Bauren eines solchen Kunst-Stuckes unwürdig geacht/ demnach ihme einen andern Schild gekauft/ und für diesen gegeben/ den er einem die Kunst mehr achtenden Liebhaber um 100. Ducaten/ und dieser/ bald hernach hinwieder dem Herzog von Mayland um 300. Ducaten verkauft hat. Bald darnach mahlte er ein Marien-Bild/ bey deme/ neben andern Sachen/ ein Glaß mit Wasser/ und darinn etliche Blumen/ gebildet waren/ die mit Thau-Tröpflen so zierlich betröpfelt waren/ daß sie dem Leben nichts nachgaben.
Sein humor. Er erlustierte sich mit allerhand fremden und tiefsinnigen Gedanken/ von der Kräuter Eigenschaften/ von der Sonnen/ des Monds und gantzen Himmel-Gestirns Lauf/ welche er sehr scharfsinnig untersuchte/ neben vielen andern Sachen/ so mit menschlichen Händen zu bilden unmöglich waren/ dannenhero er auch sehr viel Arbeit unausgemacht hinterlassen. In conversationen war er sehr lustig/ so/ daß jedermann gern um ihn gewesen/ und wiewol er wenig zum bästen hatte/ auch nicht gern gar viel arbeitete/ hielte er allezeit Knecht und
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 12): Mander, Schilderboek, Het leven van Lionardo da Vinci, Schilder, en Beeldt-snijder, van Florencen, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 111v–115r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HsEqxo].The end of this part of the text is on page 291