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TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 76

Mander (Continued from previous page)Informat. on source text markers:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 12): Mander, Schilderboek, Het leven van Andreas Mantegna, Schilder van Mantua, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 107v–109r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HDX8Kz].Christina Posselt, 07/21/2010The beginning of this part of the text is on page 282
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nach der Antichen Bilder Abgüssen in Gyps/ und nach anderer guten Meistere Gemälde sich üben/so/ daß er durch solche und andere Mittel in der Mahler-Kunst zimlich hoch gestiegen/ noch höher aber führte ihn ein Ruhm-würdiger Ehr-Geitz/ von welchem angereitzet er sich befliße/ den jenigen vorzulauffen/ welche ihm das Ehren-Kränzlein damals zweiffelhaftig machen wolten/ unter denen ware sonderlich einer/ Namens Nicolao Pizzolo von Padua, mit dem er viel Arbeit gefärtiget/ und wurde des Nicolao seine nicht geringer geschätzet/ als unsers Mantegna, darum er sich je länger je mehr befliße/ selbigem vor zu kommen/ und ein größers Lob zu erlangen.

Seine Werke zu Padua Nachdem unser Künstler der Sonnen Lauff zum siebenzehenden mal sich verneuern sehen/ gab er dem Welt-berühmten Padua, in seine schöne Sophia-Kirche/ eine auch schöne Altar-Tafel/ und mit derselben/ in ihm einen großen Verstand zu sehen/ als in der er den Antichen so wol nachgefolget/ daß man die Arbeit für eines derselben halten solte: Bald darauf machte er sich mit der vier Evangelisten Bildnisen einen großen Ruhm/ so/ daß dardurch Giacomo Bellini, Mahler zu Venedig (der Vatter des Gentil und Gioanni Bellini,) welcher/ schon in der Lehr-Zeit/ mit vorgemeldtem Komt durch Heurat in die Feindschaft seines Lehrmeisters/ Giacomo Squarzione in Mißverstand gelebet/ Gelegenheit gesucht/ ihme auch hierinn widerwillig zu werden/ bote also dem Mantegna seine Tochter an/ der sich gerne darzu verstunde/ zugleich aber sich der vorgedachten Kindschaft des Squarzions ent- und hingegen in desselben beharrliche Feindschaft sezte/ so/ daß der jenige/ welcher ehdem des Mantegna Werke auf den Gipfel höchsten Ruhms erhoben/ nunmehr anfienge/ dieselbe in den tiefsten Abgrund äuserster Verachtung herab Der des Mantegna Werke sehr verachtet/ zu stürzen/ vorgebend/ daß sie/ als nach der Antichen steinernen Bildern gemacht/ nichts nuzten/ sondern/ gleich wie die steinerne Sachen immer ihre Härtigkeit behielten/ also finde man auch/ in denen darnach gemachten Gemälden/ ganz keine Lieblichkeit/ welche die jenige/ so nach dem Leben gebildet würden/ hätten/ als die ganz unfähig wären vorzustellen/ eine oder andere natürliche Bewegung: Ferner sagte er auch/ wann Mantegna nur von weiß und schwarz/ wie die Steine wären/ seine Bilder gemacht hätte/ möchten sie irgend einer Vergleichung mit den steinernen würdig gewesen seyn/ nun er aber solche mit vielerley Farben colorirt/ wären sie gar keines Lobes wehrt.

Diese scharfe Verachtungs-Pfeile drangen nun zwar unserm Künstler tief ins Herz/ an statt aber/ daß sie haben sollen desselben Lob tödten/ dienten sie ihme im Gegenstand/ für eine kräftige Arzney/ selbiges welches aber zu des Verachteten Wolstand ausschlägt. in noch bäßern Wolstand zu bringen An dieser Stelle formuliert van Mander weniger bildreich: »Dusdanige berispingen quelden Andreas, maer waren hem vorderlijck: want bekennende dat hy ten deele de waerheyt seyde« (vgl. Mander, Schilderboek, Het leven van Andreas Mantegna, Schilder van Mantua, hier zitiert nach der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 108r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HDX8Kz]).Christina Posselt, 07/07/2011: Sintemal derselbe die Warheit seines Feindes Aussage erkennend/ befliße sich möglichst/ nach dem Leben zu mahlen/ und fande auch hierinn das Glück so willfährig/ daß er bald hernach/ in einer von ihme vorher gemahlten Capelle/ mit beygefügten neuen Stücken zeigte/ wie ihn die Kunst in beyden Wissenschaften zum Meister geschlagen: Dann gleichwie aus den alten zu sehen ware/ daß er mit vernünftigem Urtheil die Kunst der Natur wisse einzuverleiben:

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Also wiese er nun in den neuen/ daß er der Natur weiße Geschöpfe mit gleichhohem Verstand Ob es bässer seye nach Bildern/ oder nach dem Leben zu mahlen. in die Kunst bringen könne. Er bliebe aber doch allezeit der Meinung/ daß in der Antichen Bildern mehr Vollkommenheit stecke/ als das Leben mit sich brächte/ indem jene fürtrefliche Meistere/ aus vielen Menschlichen Leibern/ die ganze Schönheit der Natur zusammen gesammelt/ welche sie niemals/ oder gar selten einem Menschen beyeinander mitzutheilen pflege/ so/ daß man auch noch/ in Ausbildung einer vollkommenen Schönheit/ benötigt wäre/ dieselbe von unterschiedlichen Menschen her zu holen/ und alsdann zu vereinigen.

Neben diesem bedunkte ihn die Stellung der Antichen Bilder bässer/ gleich als auch dieselbe die Seenen/ Adern und Musculen netter zeigten/ als man an einem lebendigen Menschen/ für dem glatt darüber gezogenen Fleisch/ sehen könte. Dernthalben bediente er sich manchmal mit Fleiß einer Härtigkeit/ und mahlte seine Bilder/ als alte oder ausgezehrte Leichname/ welches sonst die Künstlere/ aus gewißen Ursachen/ vermeiden sollen; Er brachte jedoch in seine Gemälden viele Gesichter nach Seine Fehlere. dem Leben: Und obwol seine Kleider und Gewänder etwas hart schienen/ auch die Falten und Brüche derselben sehr klein waren/ neben dem/ daß er zimlich trucken mahlte/ so sieht man doch/ an allen seinen Sachen/ ein großen Fleiß und hohen Verstand.

Andere seine Werke zu Mantua, der Triumf C. Jul. Caesaris. Fur den Marggrafen Ludwig Gonzaga, machte er zu Mantua, in einem Saal/ den Triumf des Julii Caesaris: Selbiger sitzet auf einem wolgezierten Wagen/ neben demselben siehet man den jenigen/ welcher den Triumfirenden gelästert hat/ wie auch die Freunde/ und gefangene Feinde/ die Rotten der Soldaten/ den Rauch des aufs Feur geworfenen Weyrauchs/ die gekrönte Opfer-Ochsen/ den Raub der Soldaten/ absonderlich der feindlichen Waffen/ die Elephanten/ die Vorstellung der erhaltenen Siege/ und der überwundenen Städte/ auf unterschiedlichen Wägen geführet/ die mancherley Siegs-Zeichen/ alte Gefäße/ Haupt- und Leib-Waffen/ samt allerhand andern seltsamen alten Zierden: Unter den Hauffen der Zusehenden ziehet absonderlich die Augen auf sich eine Frau/ die ein Kind an der Hand führet/ welches seiner Mutter einen Dorn/ den es in den Fuß getretten/ weinend zeiget. Und weil der Künstler wargenommen/ daß in der Historie die Figuren mit den Füßen über dem Gesicht wären/ als hat er allein die vordersten Füße an den Bildern/ auf dem Strich des Horizonts, ganz zu sehen gemacht/ die andere aber verlieren sich je länger je mehr nider- und hinterwerts/ welches er auch an den Gefässen und andern Sachen beobachtet. Kurz darvon zu reden: Es könte dieses Stuck unmöglich bässer gemacht werden/ und ist es das schönste von allen seinen Werken: Dannenhero er sich auch damit des Marggrafen Lieb und Gnad/ bey andern aber auch großen Ruhm erworben hat/ welcher/ nachdem er sich in andere Oerter/ und besonders biß nach Rom ausgebreitet/ schickte Papst Innocentius VIII. nach ihm/ dem er zu folgen Willens ware: Vor seiner Abreise aber wolte ihm der Marggraf noch eine Ehre anthun/ dernthalbenManderInformat. on source text markers
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 12): Mander, Schilderboek, Het leven van Andreas Mantegna, Schilder van Mantua, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 107v–109r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631HDX8Kz].Christina Posselt, 07/21/2010The beginning of this part of the text is on page 282