TA 1680, Iconologia Deorum, S. 168
Weibsbild/ so mit den Füssen auf einem runden Steine stehet. Artemidorus Daldianus in libro Onocriticon beschreibet die Fortun auf einem Cylinder sitzend/ unterweilen aufgebutzt und zierlich angelegt/ bisweilen unaufgebutzt und in einem fast schmutzigem Habit/ mit einem Steuer-Ruder in der Hand. In den alten Schau-Müntzen ist sie auch mehrmalen also ausgebildet. Claudianus Galenus in Suasoria saget: Wann die Alten der Fortun Schalckheit andeuten wollen/ so haben sie dieselbe gedichtet oder gebildet in Gestalt eines Weibsbildes/ und ihr ein Steuer-Ruder zugeeignet; und ob wol die weibliche Leichtsinnigkeit gnug war/ gaben sie ihr doch eine Kugel unter ihre Füsse; stelleten sie darneben auch blind vor/ um dardurch ihre Unbeständigkeit anzuzeigen. Diese ihre Art hat Pacuvius in denen Versen/ welche Gallio/ oder Cornificius/ oder wer es auch gewesen/ der die Rhetoricam an Herennium geschrieben/ anziehet/ gar schön ausgedrücket. Die Verse lauten also:
Saxoque illam instare globoso praedi-¶ cant volubili.
Ideò quò faxum impulerit sors, eò ca-¶ dere fortunam autumant.
Coecam ob eam rem esse iterant; quia¶ nihil cernat, quò sese applicet.
Insanam autem ajunt, quia atrox, in-¶ certa, instabilisque sit.
Brutam; quia dignum, atque indi-¶ gnum nequeat internoscere.
auf einen runden Stein vorstellten sie¶ sein Bild.
Daher wohin der Stein/ sich immer dre-¶ hend/ walle/
dahin auch das Gelück samt seinen Gaben¶ falle.
Blind ist es/ weil es nicht/ wohin es¶ kommet/ schaut;
bethört/ dieweil es nicht auf festen Plä-¶ tzen baut;
Und wild als wie ein Wild/ weil es zu kei-¶ nen Zeiten/
wers wehrt sey oder nicht/ hat können¶ unterscheiden.
Es ist auch noch in alten Steinen ein Friedens-Stab eingehauen zu sehen/ auf welchem oben ein beflügelter Hut stecket/ und zu beeden Seiten zwey Uberfluß-Hörner/ so den Friedens-Stab umschliessen; anzudeuten/ Das gute Glück. daß das gute Glück die Wolredenheit und Gelehrsamkeit jederzeit zu begleiten pflege.
So sind auch einige gewesen/ die behauptet/ es sey selbiges von sothanigem Vermögen/ daß die Tugend selbst ohne dasselbe wenig thun könne; dann ob solche uns wol zu vortrefflichen Thaten aufmuntere/ sie uns doch unsers Wunsches nicht gewähren könne/ wofern die Fortun oder das Glück nicht beyständig und behülfflich wäre; zumahlen sie selbiges unter diejenige Götter zehlten/ welche über die menschliche Dinge am meisten zu gebieten hatten. Jedoch behaupten die Weisen/ daß ein jedweder seines Glücks eigener Schmied und Werckmeister seye/ und zwar deß guten/ wann er derjenigen Dinge/ so sich ihme darbieten/ wol/ deß bösen aber/ wann er derselben übel gebrauchte. Dannenhero Seneca Seneca vom Glück. an einem Orte an Lucilium also schreibet Hiermit sind die Epistuale morales ad Lucilium gemeint.: Es vermag die Fortun weder Gutes noch Böses zu geben/ weil das Gemüt (welches alle seine Sachen nach eigenem Belieben auf beyde Seiten selbst wenden kan) weit kräfftiger/ als alle Fortun/ ja seines selbst eigenen Glückes oder Unglückes Meister ist. Darum wann wir den übeln Theil erwählt/ wir das Ubel/ so uns begegnet/ nicht der Fortun/ sondern alles unserer Boßheit und Unverstande zuzuschreiben haben.
Die Gelegenheit und Fortun sind eins. Eben diß haben auch die Alten unter der Bildnus der Gelegenheit andeuten wollen/ die von etlichen vor die Fortun gehalten worden/ weil sie einander/ wie aus deren Bildern zu ersehen/ allerdings ähnlich sind. Derohalben sie vielleicht die Gelegenheit darum unter die Götter gezehlt/ daß durch ihr Bildnus/ wann sie offt vor Augen gestellt/ und ihr göttliche Ehr erzeigt würde/ wir alle erinnert werden möchten/ in allen Dingen die Zeit und Gelegenheit wol zu beobachten/ weil alles in der Zeit sich verändert und zergehet/ und demjenigen/ so es begegnet und haben können/ wann ers verlieret/ viel Betrübnus und Traurigkeit verursachet.
Abbildung der Gelegenheit. Ihre Bildnus war also beschaffen: Es stunde eine Weibsperson mit blosen Füssen auf einer runden Kugel oder Ballen/ die ihre langen Haar über die Stirn herab hangen hatte/ am Hintertheil deß Haupts aber kahl/ und an Die Reu ist der Gelegenheit stetige Gefärtin. den Füssen beflügelt war/ auch die Reu zu einer immerwährenden Gefärtin bey sich hatte/ anzudeuten/ daß/ wann man sie aus Unverstand entwischen lasse/ sie uns lauter Reu zu hinterlassen pflege. Dergleichen Bild der Gelegenheit hat/ wie man lieset/ Phidias gemacht/ worvon man noch ein treffliches Epigramma vom Ausonio hat/ das aus dem Griechischen übersetzt worden. Die Lateiner haben sie als eine Göttin verehret. Die Griechen aber als einen Gott/ weil Καιρὸς, als mit welchem Wort sie bey ihnen benennet wird/ männliches Geschlechts ist. Diesem/ nemlich Caero/ schreibt Pausanias/ hatten die Eleer einen Altar erbauet/ und ihn nach dem